Auch Frankreich bekommt eine Gesundheitskarte

Im Gegensatz zur deutschen elektronischen Gesundheitskarte soll die carte vitale 2 nicht mit Speicherfächern für Rezepte ausgestattet werden, sondern alle Informationen über eine Patienten- und Rezeptdatei im Internet zugänglich machen.

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Von
  • Detlef Borchers

Während Deutschland sich mit der Veröffentlichung des Lösungskonzeptes daranmacht, die Prototypen für seine elektronische Gesundheitskarte zu entwickeln, hat die französische Nationalversammlung die Gesetze verabschiedet, die eine solche Karte möglich machen. In Frankreich "carte vitale 2" genannt, soll sie genau wie hierzulande die Mehrfachverschreibung von Medikamenten verhindern, auf tödliche Medikamentenkombinationen wie im Lipobay-Skandal aufmerksam machen und die Zahl der Arztbesuche eindämmen helfen.

Im Gegensatz zur deutschen elektronischen Gesundheitskarte (eGK) soll die carte vitale 2 nicht mit Speicherfächern für das elektronische Rezept ausgestattet werden, sondern hostbasiert alle Informationen über eine zentrale Patienten- und Rezeptdatei im Internet zugänglich machen. Der Speicher auf der französischen Karte dient allein der Aufnahme biometrischer ID-Merkmale, die wie im europäischen Reisepass aus Fingerabdruck und Gesichtserkennung gewonnen werden sollen. Damit soll die neue carte vitale fälschungssicher werden und die schnelle Authentifizierung des Patienten auch bei nicht vorhandener Internet-Verbindung gestatten. Die alte carte vitale 1 hatte ähnlich wie die funktionsgleiche deutsche Krankenkassenkarte dem Kartenmissbrauch Tor und Tür geöffnet. In Frankreich wird die biometrische Absicherung gegenüber der deutschen Lösung (mit Bild und PIN) als Vorteil angesehen, weil sich die Patienten keine Nummern zu merken brauchen und die "Notfallschaltung" entfällt.

Auch die deutsche Variante, mit einer zusätzlichen qualifizierten digitalen Signatur dem Patienten Verfügungsgewalt über die hostbasierte elektronische Patientenakte zu geben (dies soll ab 2012 eingeführt werden), wurde in Frankreich verworfen. Ähnlich wie in Deutschland kann der Patient gegenüber dem Arzt die Einsicht in seine auf dem Server liegenden Daten ohne Angabe von Gründen verweigern. Diese Regelung wird von den französischen Datenschützern jedoch kritisiert, weil Datenverweigerer mit Kürzungen der Zuschüsse ihrer Krankenkassen bestraft werden.

Mit der carte vitale 2 wird auch in Frankreich eine Praxisgebühr (1 Euro) eingeführt, die allerdings bei jedem Arztbesuch gezahlt werden muss. Neben dem Medikamenten- und Leistungsmissbrauch soll die neue Karte im Zusammenspiel mit der Patientenakte im Internet den Missbrauch beim Krankschreiben eindämmen: Nur der Arzt, der den Versicherten krankgeschrieben hat, darf die Bescheinigung verlängern.

Zur elektronischen Gesundheitskarte siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)