Rambus muss im Rechtsstreit mit Infineon weitere interne Dokumente vorlegen
Nach wie vor geht es in dem Rechtsstreit um die Frage, ob eine Reihe von Rambus-Patenten ĂĽberhaupt gĂĽltig sind und ob die Firma Lizenzabgaben nicht nur auf Rambus-Speicherchips, sondern auch auf (DDR-)SDRAM-Bausteine eintreiben darf.
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Das kalifornische Entwicklerunternehmen Rambus muss im Rechtsstreit mit Infineon vor einem US-amerikanischen Berufungsgericht nun doch eine Reihe von Dokumenten vorlegen, deren Veröffentlichung die Rambus-Anwälte mit großem Aufwand zu verhindern versuchten.
Nach wie vor geht es in dem vor fast genau vier Jahren von Rambus begonnen Rechtsstreit mit Infineon eigentlich um die Frage, ob eine Reihe von Rambus-Patenten überhaupt gültig sind und ob sie das von zwei Universitätsprofessoren in den frühen 90er Jahren gegründete Unternehmen berechtigen, Lizenzabgaben nicht nur auf Rambus-Speicherchips, sondern auch auf (DDR-)SDRAM-Bausteine zu kassieren, die nach öffentlichen Standards des Industriegremiums JEDEC entwickelt wurden. Rambus hatte damals nicht nur vor dem US District Cout in Richmond/Virginia geklagt, sondern gegen Infineon auch in Deutschland und gegen Micron und Hynix (damals Hyundai Electronics) in Kalifornien, Deutschland und anderen Ländern. Das Verfahren in Richmond verlor der New-Economy-Star Rambus im Mai 2001 zunächst, ging aber anschließend vor dem US Court of Appeals for the Federal Circuit in Berufung. Dort bekam Rambus mehr Recht als Infineon, wogegen wiederum Infineon den Supreme Court anrief, aber wiederum scheiterte.
Das verwickelte Verfahren hat große Bedeutung gewonnen, weil es Schlaglichter auf die Praxis der Patentämter, die internationale Durchsetzung von Patentrecht, den strategischen Umgang von Firmen mit ihrem geschützten geistigen Eigentum und das Spannungsverhältnis von firmeneigenen Entwicklungen und offenen technischen Standards wirft. Kurz gefasst, wirft Rambus dem viel größeren Unternehmen Infineon (der ehemaligen Siemens-Halbleitersparte) vor, widerrechtlich und ganz bewusst fremdes geistiges Eigentum zu nutzen. Rambus geht sogar soweit, mehreren DRAM-Herstellern gemeinschaftliche Wettbewerbsverzerrung zu unterstellen.
Infineon kontert mit dem Vorwurf, Rambus hätte seine Mitgliedschaft im JEDEC dafür genutzt, die dort von vielen Firmen gemeinsam gestalteten Verfahren auszuspähen, um sie heimlich und gezielt mit Sperrpatenten schützen zu lassen. Dagegen argumentiert wiederum Rambus, dass Infineon im Verbund mit IBM ganz bewusst Rambus-Techniken in die öffentlichen Standards eingebaut habe.
Allgemeiner gefasst, bezieht Rambus die Position, dass ohne gültigen und durchsetzbaren Patentschutz die Arbeit innovativer und vor allem auch kleinerer Firmen in Zukunft unmöglich werde: Großfirmen könnten dann Entwicklungsleistungen nach Belieben übernehmen, ihren Profit also mit fremden Leistungen erwirtschaften. Infineon ist der Meinung, dass in diesem Falle die Patente auf fragwürdige Weise zustande gekommen und sowieso nichtig seien, weil die technischen Details Bestandteile offener Standards seien. Auch die Firma Infineon und vor allem ihr langjähriger DRAM-Entwicklungspartner IBM, ebenfalls JEDEC-Mitglied, halten zahlreiche Patente an Speichertechniken.
Nicht nur Anhänger der verschiedenen Firmen diskutieren die Rechtspositionen leidenschaftlich, auch die US-Wettbewerbshüter haben den Fall wegen seiner weit reichenden Bedeutung aufgegriffen, kamen aber mit ihren Vorwürfen zunächst nicht durch. Außerdem sind sich selbst die Richter des US Court of Appeal for the Federal Circuit in der Bewertung des Falles nicht einig: Die von George Bush eingesetzte Richterin Sharon Prost war vor eineinhalb Jahren deutlich Rambus-kritischer als ihre Kollegen.
Frau Prost, die auch Mitglied des Büros für rechtliche Richtlinien des US-Justizministeriums ist, verdonnerte nun Rambus zur Offenlegung bestimmter interner Dokumente, die ihrer Ansicht nach möglicherweise absichtlich zurückgehalten werden. Ihrer ausführlichen Begründung der Anweisung (PDF-Dokument hier) widerspricht unterdessen ihr Kollege, der noch von Bill Clinton nominierte Richter Arthur J. Gajarsa.
Beratungsfirmen wie Vestige haben bereits Tipps zur Archivierung von Dokumenten für Entwicklerfirmen unter Berücksichtigung des Rambus-Infineon-Verfahrens veröffentlicht, um die Chancen in späteren Rechtsstreitigkeiten zu verbessern. Sowohl Rambus als auch Infineon mussten im Zuge der juristischen Auseinandersetzung interne Belege beibringen, wobei auch alte Festplatten aus Computern von Firmenmitarbeitern ausgewertet wurden, um Hinweise auf mehrere Jahre alte Notizen und Absprachen zu gewinnen.
Die allgemeinen Aspekte der rechtlichen Auseinandersetzung -- etwa auch die lange Dauer, der gigantische Arbeitsaufwand und die enormen Kosten, unter anderem für renommierte Anwälte -- werden auch für Software-Entwickler interessant, wenn sich der Schutz des geistigen Eigentums in Europa den US-Verhältnissen angleicht. So zeigt sich beispielsweise, dass von Laien kaum zu bewertende Unschärfen in Schutzschriften die Durchsetzung vermeintlich sicherer Ansprüche für Kleinfirmen so gut wie unmöglich machen, wenn der Gegner nur genügend Geld und einen ausreichend langen Atem hat. Andersherum betrachtet zeigt sich, dass auch die Umsetzung offener Standards offenbar nicht vor Klagen schützt.