SCO vs. Linux: Mission impossible

In der Auseinandersetzung mit IBM um angeblich aus System V nach Linux übernommenen oder plagiierten Code will SCO Ansprüche mit dem JFS-Code für Linux beweisen -- der allerdings von der eigenständigen OS/2-Codebasis für JFS stammt.

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Von
  • Detlef Borchers

In der juristischen Auseinandersetzung mit IBM um angeblich aus System V nach Linux übernommenen oder plagiierten Code hat die SCO Group ein Memorandum eingereicht, in dem von IBM weitere Interims-Versionen von AIX und Dynix, die Change-Logs und alle Arbeitsnotizen der beteiligten Programmierer ab 1984 eingefordert werden. In dem von den unermüdlichen Grokkern transkribierten Text heißt es, dass IBM nur Schnappschüsse einzelner AIX-Versionen übermittelt habe, nicht aber die CVS-Informationen, ohne die die Veränderungen zwischen den einzelnen Versionen nicht nachvollzogen werden könnten: "Darum ist es schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, die Original-Quellen der unschicklichen Beiträge von SCOs vertraglich geschütztem Code zu finden. Ohne die aufgelisteten Dinge hat SCO ungezählte Stunden verbracht und manche fruchtlosen Anstrengungen unternommen, die unberechtigte Nutzung von Unix System V-Code in Linux durch AIX und Dynix nachzuweisen."

Was sich auf den ersten Blick wie eine vollkommene Bankrotterklärung der Code-Spezialisten von SCO liest, die doch seit nunmehr fast einem Jahr angeblich die Beweise hatten, die zwischenzeitlich bis auf 1,5 Millionen belastende Codezeilen anwuchsen, wird angesichts der ersten bei Gericht von SCO genauer spezifizierten Codezeilen noch fragwürdiger. Diese betreffen das Journaling File System (JFS), das tatsächlich von IBM für Linux-Nutzer bereitgestellt wurde. Die Portierung erfolgte jedoch nicht, wie von SCO behauptet, von AIX nach Linux, sondern von OS/2 nach Linux; dieser OS/2-Code wurde außerdem für das JFS2 unter AIX verwendet, während das AIX-JFS1 eine eigene Code-Basis hat. Als alleiniger Entwickler von OS/2 (Microsoft war lange Zeit vorher ausgestiegen) hatte IBM alle Rechte an diesem Betriebssystem und konnte JFS nach eigenem Gusto weiter verwerten.

Ob SCO mit diesem Memorandum vor Gericht Erfolg hat, bleibt abzuwarten. Schon einmal hatte Richterin Brooke Wells entschieden, dass IBM zwar alle vertriebenen AIX-Versionen und die entsprechenden Log-Dateien übergeben muss. Wells lehnte aber das Ansinnen von SCO ab, dass IBM alle produzierten Interims-Versionen übergeben müsse. Die nun von SCO erneut eingeforderten intern produzierten Versionen überschreiten die von IBM genannte Zahl der 232 AIX-Produkte bei weitem.

Neben der Übergabe dieser Versionen fordert SCO zudem die Auslieferung der Unterlagen auf Standard-Medien wie CD-ROM und DVD. Zumindest bis zum Jahre 1994 war es bei IBM wie auch bei der alten SCO und vielen anderen Unix-Lieferanten üblich, Interims-Releases zum Testen auf DC-6150-Bändern auszuliefern. Möglicherweise scheiterte die neue SCO schon daran, die seinerzeit weit verbreiteten Streamer einzubinden.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (jk)