Primacom ist zahlungsunfähig

Gläubiger und Gesellschafter des Mainzer Kabelnetzbetreibers konnten sich nicht auf ein Sanierungskonzept einigen. Die Kreditgeber wollen nun Geld sehen. Gibt es keine schnelle Lösung, bleibt Primacom nur der Weg in die Insolvenz.

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Der Mainzer Kabelnetzbetreiber Primacom ist zahlungsunfähig. Das börsennotierte Unternehmen teilte am Dienstagmorgen in einer Pflichtmeldung mit, dass Kreditgeber der Primacom AG in der Nacht Forderungen in Höhe von 29,2 Millionen Euro fällig gestellt haben. Damit sei die Holdinggesellschaft des Netzbetreibers zahlungsunfähig. Sollte mit den Gläubigern nicht innerhalb der nächsten Tage eine Lösung gefunden werden, müsse die Primacom AG einen Insolvenzantrag stellen. Auf dem Unternehmen lasten Schulden in Höhe von 340 Millionen Euro.

Das operative Geschäft des Unternehmens, das regionale Kabelnetze hauptsächlich in Ostdeutschland betreibt, soll davon nicht betroffen sein und weiterlaufen. Allerdings haben die Gläubiger der Mitteilung zufolge "die Verwertung des Pfandrechts über die Primacom Management GmbH" eingeleitet, in der das operative Geschäft gebündelt ist. Der Netzbetreiber versorgt rund eine Million Haushalte in den Kerngebieten Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie einigen westdeutschen Standorten.

Primacom gehört zur angeschlagenen Orion-Cable-Gruppe, hinter der die Beteiligungsgesellschaft Escaline steckt. Verhandlungen zwischen Escaline und den Gläubigern über eine Restrukturierung des Unternehmens waren zuletzt ins Stocken geraten. Während die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten sollten, wollte Escaline frisches Geld nachschießen. Eine Einigung darüber kam offenbar nicht zustande. Am Montagabend hatte Escaline schließlich eine Frist für die Vorlage eines tragfähigen Sanierungskonzepts verstreichen lassen, wie Primacom in einer weiteren Pflichtmeldung vom Montagabend mitteilte.

Escaline hatte über die Orion-Gruppe seit 2006 Anteile an Primacom und Tele Columbus aufgekauft und die Mehrheit an den Netzbetreibern übernommen. Die Finanzierung der Übernahme wurde Orion und den Töchtern aufgebürdet. Schon vor einem Jahr war für die Kabel-Gruppe die Lage kritisch, in Medienberichten war von einem Schuldenberg von insgesamt 1,8 Milliarden Euro die Rede. Obwohl beide Netzbetreiber ein solides operatives Geschäft vorweisen können, drohen sie unter der Schuldenlast zusammenzubrechen.

Bei Primacoms Schwestergesellschaft Tele Columbus, bei der ebenfalls akute Insolvenzgefahr bestand, haben Anfang des Jahres die Gläubiger das Ruder übernommen. Die neuen Inhaber führen bereits Gespräche mit KabelBW über den Verkauf einiger Netze in Baden-Württemberg. Auch andere Kabelanbieter wie Kabel Deutschland und Unitymedia könnten so ihr Netz in bestimmten Regionen ergänzen. Auch die Situation bei Primacom dürfte auf einen Verkauf der Netze hinauslaufen und so die Konsolidierung der Branche voranbringen. (vbr)