EU-Parlament will gegen Flugpassagierdaten-Abkommen mit den USA klagen

Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments beschloss eine Klage, um das vom Europäischen Rat unterzeichnete Abkommen zur Übermittlung von Flugpassagierdaten an die US-Zollbehörden annullieren zu lassen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 171 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Gegen das Abkommen der EU mit den USA zur Übermittlung von Flugpassagierdaten empfiehlt der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments eine Klage beim Europäischen Gerichtshof. Er will die Ende Mai vom Europäischen Rat unterzeichnete Vereinbarung annullieren lassen. In einer Sondersitzung am gestrigen Mittwoch wahrten die Abgeordneten mit 21 zu 10 Stimmen ihr Einspruchsrecht gegen das Abkommen, das die Europäische Kommission mit den US-Zollbehörden ausgehandelt hat. Betroffen von dem Abruf ihrer Daten sind jährlich über eine Million Bundesbürger. Bereits seit März 2003 greifen die US-Zollbehörden auf die Flugpassagierdaten europäischer Luftfahrtgesellschaften zu. Verweigern diese den Zugriff, droht ihnen eine Strafgebühr von 6000 Dollar pro Passagier beziehungsweise der Entzug der Landeerlaubnis.

Graham Watson, Vorsitzender der liberalen Fraktion im EU-Parlament, erklärte, dies sei "eine Reaktion auf die Verachtung, die der Rat gegenüber der geltenden Rechtslage gezeigt" habe. Die sozialdemokratische Europaabgeordnete Maria Berger aus Österreich betonte, dass nach Ansicht des Ausschusses das Abkommen die europäischen Datenvorschriften verletze und in die Privatsphäre der Passagiere eingreife. Das Abkommen sei auf Grund eines "schweren Verfahrensfehlers" zu Stande gekommen, da der Rat es ohne Zustimmung des Europäischen Parlaments billigte. Berger vermutete dahinter eine politische Absicht: "Offenbar wollte der Rat bewusst die Sitzungspause des Parlaments rund um die EU-Wahlen zu seinen Gunsten nutzen."

Es liegt nun an dem scheidenden Parlamentspräsidenten Pat Cox, die Klage beim Europäischen Gerichtshof einzubringen. Er kann dies sofort tun oder die Angelegenheit im gerade gewählten neuen EU-Parlament erneut zur Abstimmung bringen. Cox ist bis zur konstituierenden Sitzung des neuen Europaparlaments am 20. Juli noch amtierender Präsident. Ausschlaggebend für die Empfehlung des Rechtsausschusses waren die Stimmen der Sozialisten, der Liberalen und der Grünen. Das neue Parlament würde sich allerdings angesichts seiner konservativen Mehrheit kaum für einen Gang an den Europäischen Gerichtshof aussprechen. Cox kündigte an, die Angelegenheit in den nächsten Tagen zu entscheiden.

Die Kommission sah nach monatelangen, zähen Verhandlungen mit den US-Behörden einen "angemessenen Datenschutz" gewährleistet. Das Abkommen legt fest, dass die US-Zollbehörden maximal 34 Flugpassagierdaten-Kategorien erfassen dürfen, dazu gehören beispielsweise die Flugroute, die Telefonnummer, die E-Mail-Adresse oder Kreditkartennummer aus den Buchungssystemen der Fluggesellschaften. Der Zugriff auf E-Mails oder Kontenbewegungen unterliegt den in den USA geltenden rechtlichen Voraussetzungen. Das Abkommen gilt vorerst dreieinhalb Jahre.

Die Europäische Union sicherte sich eine Gegenseitigkeitsklausel zu: Falls sie selbst ein Passagier-Identifikationssystem einführen würde, das die Fluggesellschaften verpflichtet, den Behörden zu den Passagierdaten Zutritt zu gestatten, würde die US-Zollbehörde die US-Fluggesellschaften "zur Zusammenarbeit anhalten". Spanien brachte schon 2003 im EU-Rat einen entsprechenden Vorschlag ein, über den noch in diesem Jahr entschieden werden soll. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (jk)