Monopole verhindern Internet-Boom in Afrika
Ein Bericht zur Entwicklung des Internets in Afrika erzählt auch eine Erfolgsgeschichte -- jene der Internetcafés. Deren Anzahl ist explodiert und das hat teilweise zu starken Preiskämpfen geführt.
Das Fortbestehen vieler Monopole im Telekommunikationsbereich verhindert den Internet-Boom in Westafrika. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht von Balancing Act. Er beleuchtet den aktuellen Status der Internet-Nutzung in 22 westafrikanischen Staaten und soll Ende kommender Woche veröffentlicht werden. Nur sieben der Länder (Nigeria, Ghana, die Elfenbeinküste, Togo, Guinea, Kamerun und Senegal) haben mehr als 10.000 Internetuser, die sich per Telefonleitung einwählen. "In den meisten Ländern steigt die Zahl der Internetnutzer nur sehr langsam oder gar nicht mehr. Ohne wesentliche Änderungen in der Branche, verbunden mit Deregulierung, wird sich das nicht ändern", sagte Mitautor Russell Southwood zu heise online, "Nichtsdestotrotz gibt es in einigen Ländern erhebliches Wachstumspotenzial, insbesondere wo ein Bürgerkrieg zu Ende gegangen ist, in den neuerdings ölreichen Staaten sowie in Nigeria."
Nur sieben untersuchte Länder haben das Telekommunikations-Monopol abgeschafft oder werden es noch 2004 abschaffen. Gerade in drei Ländern (Ghana, Mali und Nigeria) gibt es überhaupt einen nationalen Konkurrenten für den Ex-Monopolisten. "Fast alle Monopolisten und Ex-Monopolisten haben einen Internet-Service-Provider (ISP) gegründet und verhalten sich sehr unfair gegenüber anderen ISP. Zum Beispiel darf in Burkina Faso nur der eigene ISP lokale Einwahlnummern verwenden. Und im Tschad, in Niger und auf Sao Tomé und Principe gibt es sogar noch ein komplettes Internetmonopol, und das für viele Jahre noch", so Southwood.
Allerdings erzählt der Bericht auch eine Erfolgsgeschichte -- jene der Internetcafés. Deren Anzahl ist explodiert und das hat teilweise zu starken Preiskämpfen geführt. Die meisten Westafrikaner, die Erfahrung mit dem Internet haben, konnten diese nur in einem Internetcafé sammeln. Die Zahl der Kunden könne nicht verlässlich geschätzt werden, in den größeren Märkten seien es aber jeweils einige Hunderttausend. Im größten Markt Westafrikas, in Nigeria, sollen es sogar schon zwischen 500.000 und einer Million User sein; und deren Zahl wächst Jahr für Jahr, da immer mehr Städte ans Internet angeschlossen werden. (Nigeria hat rund 130 Millionen Einwohner.) Das Angebot an lokalen Inhalten sei zwar noch ziemlich bescheiden, doch die Experten erwarten eine Verbreiterung innerhalb der nächsten fünf Jahre.
Ein besonders heißes Eisen in ganz Afrika sei Voice over IP (VoIP), die Übertragung von Telefongesprächen mittels Internet-Protokoll, heißt es in der Studie. In den meisten Ländern ist die Nutzung dieser Technologie illegal. Die extrem hohen Gebühren der (Ex-)Monopolisten für Auslandsgespräche haben zum Entstehen von Schwarzmärkten geführt. Die illegalen VoIP-Anbieter sind in der Regel ISP oder Internetcafés und werden von Behörden und Festnetz-Monopolisten verfolgt; immer wieder wird von Razzien, Festnahmen und der Beschlagnahmung von Computern berichtet. Nigerias Nitel sah sich zu einer Tarifsenkung gezwungen, nachdem bereits 90 Prozent aller internationalen Verbindungen über den Schwarzmarkt abgewickelt wurden.
Mauritius hat Anfang des Jahres als erstes Land Afrikas eine Reihe legaler, internationaler VoIP-Vermittler zugelassen. Southwood sieht darin einen Startschuss, viele Länder würden folgen: "Die Frage ist nicht mehr das ob, sondern das wann." In Westafrika seien die Chancen für einen alsbaldigen Sinneswandel der Marktregulierer am größten, da sich bereits einige der Festnetzbetreiber mit lokalen VoIP-Betreibern "unter dem Ladentisch" geeinigt hätten. So hat etwa Sotelma (Mali) bereits vier VoIP-Reseller unter Vertrag, die die Internetleitung des Monopolisten nutzen müssen. Der Regulator Nigerias, Ernest Ndukwe, hat sich bereits zu Technologie-Neutralität bekannt. Wer Gespräche vermitteln wolle, mittels VoIP oder anders, müsse sich eben eine Lizenz beschaffen, so Ndukwe. Und wer internationale VoIP-Verbindungen anbieten möchte, müsse einen der beiden genehmigten internationalen Backbones (von Nitel oder Globacom) nutzen. Die Autoren des Berichtes von Balancing Act erwarten durch die Legalisierung von Voice over IP erhebliche Veränderungen in der Internet- und Telekommunikationsbranche auf dem Kontinent.
Im ersten Teil des Berichts werden 22 Staaten Westafrikas untersucht: Äquatorialguinea, Benin, Burkina Faso, die Elfenbeinküste, Gabun, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Kamerun, die Kapverden, der Kongo, Liberia, Mali, Mauretanien, Niger, Nigeria, Sao Tomé und Principe, der Senegal, Sierra Leone, der Tschad, sowie Togo. Mit Ausnahme der genannten Inselstaaten gab es 2003 laut ITU in diesen Ländern nur zwischen 0,15 und 2,21 Festnetzanschlüsse pro 100 Einwohner (Tschad beziehungsweise Senegal). Daten der UNCTAD weisen für 2001 gerade 0,09 bis 2,99 PC pro 100 Einwohner (Niger beziehungsweise Senegal) aus.
Der zweite Teil des Berichts von Balancing Act wird Ostafrika behandeln und Anfang 2005 erscheinen. Mitte nächsten Jahres folgt Teil drei über das zentrale und südliche Afrika, Ende 2005 soll die Serie schließlich mit Nordafrika zu Ende gehen. (Daniel AJ Sokolov)/ (tol)