ESMC-Chipfabrik Dresden: Alle öffentlichen und privaten Gelder sind beisammen
Das BMWK hat mit TSMC sowie den Partnern Bosch, Infineon und NXP offiziell den Start der gemeinsamen Investitionen in das ESMC-Halbleiterwerk bekannt gegeben.
So soll die Chipfabrik bei Dresden in einigen Jahren aussehen.
(Bild: ESMC)
Anders als bei der von Intel geplanten, aber jüngst auf Eis gelegten Chipfabrik in Magdeburg wird der Bund sein Fördergeld für das in Dresden vorgesehene Halbleiterwerk des Joint Ventures European Semiconductor Manufacturing Company (ESMC) wohl tatsächlich los. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am Freitag mitgeteilt, die entsprechende vertragliche Vereinbarung mit den vier federführenden Unternehmen jetzt unterzeichnet zu haben. Die Finanzierung der Chipfabrik durch alle Beteiligten steht damit.
Der Bund fördert das ESMC-Werk laut der Übereinkunft mit bis zu 5 Milliarden Euro. Das ist die Hälfte der von den Partnern Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC), Bosch, Infineon und NXP geplanten Investitionen von über 10 Milliarden Euro. TSMC bringt 3,5 Milliarden Euro ein und hält 70 Prozent der ESMC-Anteile. Die drei anderen beteiligten Konzerne erhalten für jeweils 500 Millionen Euro je 10 Prozent Anteile. Mit 50 Prozent ist das Quorum der Steuergelder vergleichsweise hoch. Intel etwa sollte für seine Magdeburger Halbleiterwerke mit 10 Milliarden Euro knapp ein Drittel der Gesamtinvestitionen als staatliche Förderung erhalten.
Die EU-Kommission genehmigte die geplante Finanzspritze vom Bund bereits im August beihilferechtlich. Auf dieser Basis konnte das BMWK nach eigenen Angaben die beabsichtigte Förderung wie geplant vor Jahresende finalisieren. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der unlängst eher schlechte Meldungen verdauen und verbreiten musste, zeigte sich erleichtert: "Die Investition ist ein bedeutender Meilenstein für den Industrie- und Technologiestandort Deutschland." Er freue sich "außerordentlich", den Startschuss für die Geldflüsse verkünden zu können. Damit verknüpft seien "Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Innovationen".
Spatenstich vor der Finanzierungsvereinbarung
Den symbolischen Spatenstich für das Werk hatten Kanzler Olaf Scholz (SPD), EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) zusammen mit Landes- und Kommunalpolitikern sowie Managern der beteiligten Unternehmen schon im August vollzogen. "Wir machen uns dadurch wettbewerbsfähiger, unabhängiger vom globalen Markt und investieren nachhaltig und langfristig in unsere digitale Zukunft", betonte Habeck nun. Dass TSMC als hochinnovativer Weltmarktführer für die Chip-Auftragsfertigung und führende Halbleiterunternehmen hier gemeinsame Sache machten und Geld auf den Tisch legten, zeige deutlich: Deutschland biete "attraktive und verlässliche Rahmenbedingungen für Investitionen in Schlüsseltechnologien wie Mikroelektronik".
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Das BMWK fördert das Vorhaben im Rahmen des EU-Chip-Gesetzes im Laufe der nächsten Jahre. Die Auszahlung erfolgt dabei abhängig vom Projektfortschritt. Das ESMC-Werk ist zugleich das erste deutsche Projekt, das die Kommission nach den neuen Vorgaben für die Stärkung der europäischen Halbleiterproduktion beihilferechtlich genehmigt hat und das auch national bewilligt wurde. Zugleich ist es die investitionsstärkste Initiative nach dem Chips Act.
Halbleiter fĂĽr Autos und das Internet der Dinge
ESMC soll primär für die Autoindustrie produzieren. Den Anfang machen dem Plan nach etwa Mikrocontroller für Motorsteuerungen, Infotainment- und Fahrerassistenzsysteme sowie Radarsensoren mit Strukturbreiten von 28/22 Nanometer (nm) und 16/12 nm. Die in Dresden gefertigten Halbleiter sollen auch bei der industriellen Steuerung von Maschinen oder für Kommunikations- und Netzwerktechnologien zum Einsatz kommen.
Die geplanten Produktionskapazitäten werden dem BMWK zufolge "eine Lücke innerhalb der deutschen und europäischen Chipindustrie schließen und mit Erreichen der vollständigen Kapazität jährlich knapp 500.000 Wafer betragen". Unter den künftigen europäischen Kunden erhielten kleine und mittelständische Unternehmen sowie Startups bevorzugten Zugang dazu. In Krisensituationen werde ESMC "Anstrengungen unternehmen, Aufträge aus der EU und Deutschland zu priorisieren". Entstehen sollen direkt in der Fabrik rund 2000 Arbeitsplätze. Zugleich könnten Schätzungen zufolge bis zu 11.000 weitere Jobs im Umfeld der Ansiedlung und im bundesweiten Halbleiterökosystem indirekt entstehen.
(nie)