Bitkom rechnet mit raschem Ausbau des breitbandigen Mobilfunks

Der Hightech-Verband hat die jüngste Frequenzauktion positiv bewertet und geht davon aus, dass das von den großen Mobilfunkanbietern erworbene Spektrum "überwiegend" für den Aufbau von LTE-Netzen genutzt werde.

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Der IT-Branchenverband Bitkom hat die jüngste Frequenzauktion positiv bewertet. "Die Anbieter sind zufrieden", freute sich der Präsident des Hightechverbands, August-Wilhelm Scheer, am Freitag bei einem Pressegespräch in Berlin. Sie hätten ein größeres Spektrum für einen deutlich geringeren Preis als bei der Versteigerung der UMTS-Lizenzen vor zehn Jahren erhalten. Dies sei eine begrüßenswert, da es "keine Heldentat ist, den Unternehmen Geld wegzunehmen". Er hoffe, dass der Markt für breitbandigen Mobilfunk nun rasch in Schwung komme, sich daraus Innovationen entwickelten und diese nicht durch eine zu starke Regulierung eingeschränkt würden.

Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder geht davon aus, dass das erworbene Spektrum "überwiegend" für den Aufbau von Netzen auf Basis der neuen Funktechnik LTE (Long Term Evolution) genutzt wird. Entsprechende Endgeräte wie Router, Laptop-Adapter oder Mobiltelefone befänden sich zwar "noch im Entwicklungsstadium". Der Aufbau flächendeckender LTE-Netze könne aber deutlich schneller erfolgen als bei UMTS: "Die Standorte sind jetzt schon da" und müssten nur noch technisch aufgerüstet werden. Behinderungen durch neue "Wellen der Empörung" wie beim Aufbau der Funkmasten für die UMTS-Netze seien nicht mehr zu erwarten. Mit konkreten Ankündigungen und Zeitvorstellungen hielten sich die Betreiber derzeit aber offenbar aus Wettbewerbsgründen noch zurück. Bisher hat nur Telefónica-o2 erklärt, bis Jahresende ein erstes regionales LTE-Netzwerk in Betrieb nehmen zu wollen.

Die von verschiedenster Seite gegen das Vergabeverfahren eingelegten Klagen hält der Bitkom nicht mehr für ein Problem. "Die einhellige Einschätzung unter Experten ist, dass diese die Entwicklung nicht mehr bremsen werden", meinte Rohleder. Es sei auch "nicht kritisch", dass bei der Auktion nur die großen Netzbetreiber zum Zuge gekommen seien. "Drei oder vier Anbieter reichen für einen gesunden Wettbewerb aus". Man müsse bei dieser Frage auch immer die internationale Konkurrenz im Blick haben, betonte Scheer. Man dürfe nicht vernachlässigen, dass der Kuchen letztlich auf der ganzen Welt verteilt werde und etwa die Deutsche Telekom sich hier mit Branchengrößen wie der Telefónica auf dem spanischsprachigen Markt oder AT&T in den USA vergleichen lassen müsse.

Die Netzbetreiber seien zudem gut beraten, neben dem Aufbau von Infrastrukturen verstärkt das Geschäft mit darüber laufenden Anwendungen ins Blickfeld zu nehmen. Hier ergäben sich etwa im Bereich der Vermarktung mobiler Apps die eventuell größeren und gewinnbringender zu nutzenden Innovationen. Entscheiden werden könnten die Amazons, Apples und Googles, welche die Breitbandarchitekturen nutzen wollten und daher auf die Einhaltung der Netzneutralität pochten. Die USA hätten daher bereits einen Förderfonds in Höhe von 500 Millionen US-Dollar für die Arbeit an mobilen Applikationen aufgelegt.

Die deutsche Forschungs- und Innovationspolitik hält Scheer im Gegensatz dazu für desaströs. Nach wie vor werde zu stark mit der Gießkanne Geld an zu viele Institute ausgegossen. Dabei würden auch oft überkommene Strukturen am Leben erhalten oder gar verfestigt. Es sei daher kaum verwunderlich, dass Deutschland kaum Größen im IT-Bereich hervorbringe, welche die digitale Welt entscheidend beeinflussten. Der Bitkom-Chef verwies in diesem Zusammenhang auf eine aktuelle Studie von Forschern aus Dresden und Antwerpen, wonach unternehmerische Auslagerungen aus dem universitären Umfeld durchschnittlich nur auf einen Jahresumsatz von 2,1 Millionen Euro und 17 Mitarbeiter kämen.

Nebeneffekt dieser Tendenz sei es, dass auch die deutsche Regierung und der Bundestag im Bereich Netzpolitik kaum selbst über den direkten Einfluss auf entscheidende Internet-Akteure gestalterisch mitwirken könnten. Möglich sei höchstens eine "Kirchturmpolitik", durch die man Konzerne wie Google oder Facebook hierzulande einzugrenzen suche, damit aber nicht deren Verhalten im Rest der Welt beeinflusse. (vbr)