Lieferkette: DR Kongo zeigt Apple wegen Konflikt-Mineralien an

Die Regierung der Demokratischen Republik Kongo erstattet Anzeige gegen Apple in Belgien und Frankreich. Sie zeiht Apple der Nutzung von Konfliktmineralien.

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Kongo bezichtigt Apple in Strafanzeigen der Nutzung von Konfliktmineralien.

(Bild: Wirestock Images/Shutterstock.com)

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Die Demokratische Republik Kongo (DR Kongo) hat Strafanzeige gegen den Apple-Konzern sowie Apple-Tochtergesellschaften in Frankreich und Belgien erstattet. Die Regierung des zentralafrikanischen Landes beschuldigt das Tech-Unternehmen, sogenannte Konfliktmineralien aus der Region zu nutzen. Kongo verfügt über ein großes Vorkommen sogenannter 3T-Mineralien, darunter Tantal, Zinn und Wolfram, die in Computern und Smartphones verbaut werden. Laut UN-Experten und Menschenrechtsorganisationen werden einige der Minen zur Förderung der Mineralien von bewaffneten Gruppierungen kontrolliert, die an Plünderungen, Massenvergewaltigungen und Massakern an der Zivilbevökerung beteiligt sind. Seit 1993 wird der Osten der DR Kongo von bewaffneten Konflikten zwischen verschiedenen Gruppen heimgesucht. Millionen von Zivilisten wurden seither vertrieben und getötet. Der Kampf um Rohstoffvorkommen des Landes gilt als einer der hauptsächlichen Konflikttreiber.

Apple überprüft nach eigenen Angaben regelmäßig die Zulieferer. Die Firma veröffentlicht zudem die Ergebnisse dieser Audits und sponsert Organisationen, die sich für bessere Rückverfolgbarkeit der Rohstoffe einsetzen. Aus einer Meldung an die US- Börsenaufsicht des Jahres 2023 geht hervor, dass keiner von Apples Zulieferern von Gold oder 3T-Mineralien bewaffnete Gruppierungen in der DR Kongo oder dessen Nachbarländern unterstützt hat. Apple hat die Vorwürfe gegenüber heise online entschieden zurückgewiesen: "Als der Konflikt Anfang des Jahres eskalierte, haben wir unsere Zulieferer in Kenntnis gesetzt, dass ihre Schmelzwerke und Raffinerien die Beschaffung von Zinn, Tantal, Wolfram und Gold aus der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda aussetzen müssen." Die Entscheidung sei getroffen worden, weil Apple befürchtet habe, dass unabhängige Prüfer oder Zertifizierungsmechanismen der Branche nicht mehr in der Lage sein würden, die Prüfung durchzuführen. Apple wisse, "dass die Situation in der Region äußerst schwierig ist." Entsprechend habe das Unternehmen seine Unterstützung für Organisationen, die die Region unterstützten, verstärkt.

AuĂźerdem sei die Mehrheit der in Apple Produkten verwendeten Mineralien recycelt. Demnach sind 99 Prozent des in allen Produkten verbauten Wolframs recycelt. Das Kobalt der Batterien des iPhone 16 ist nach Angaben des Unternehmens sogar zu 100 Prozent recycelt.

Die Anwälte der kongolesischen Regierung werfen Apple dennoch vor, aus dem DR Kongo geplünderte Mineralien zu nutzen, deren Herkunft durch die internationalen Lieferketten verschleiert werde. Die Vorwürfe sind nicht die ersten dieser Art. Im April veröffentlichte die DR Kongo einen Bericht, aus dem hervorgeht, dass die Lieferketten Apples und anderer Hersteller derart belastet sind.

Neben dem Apple-Konzern als Ganzes haben die Anwälte im Auftrag des kongolesischen Justizministers Anzeigen gegen die lokalen Tochtergesellschaften Apple Frankreich, Apple Retail Frankreich und Apple Retail Belgien bei der Pariser Staatsanwaltschaft und einem belgischen Untersuchungsgericht eingereicht. Ihnen werden das Vertuschen von Kriegsverbrechen, Vertrieb gestohlener Güter und irreführende Geschäftspraktiken vorgeworfen. Es sei offensichtlich, dass Apple über die systemischen Missstände in den Lieferketten Bescheid wisse, heißt es in der Eingabe an die französischen Justizbehörden.

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Im Fokus der Anzeigen steht das von der Branche finanzierte Überwachungs- und Zertifizierungssystem ITSCI (International Tin Supply Chain Initiative). Es zertifiziert Rohstoffe aus Ländern wie der DR Kongo, Burundi oder Ruanda. Kongos Anwälte argumentieren, dass ITSCI diskreditiert wurde, Apple das Zertifizierungssystem aber weiterhin nutze, um die Konfliktfreiheit der Rohstoffe zu belegen. Diskreditiert wurde das System unter anderem von der Responsible Minerals Initiative (RMI). Die Initiative, der auch Apple angehört, hat laut Reuters 2022 verkündet, ITSCI von ihrer Liste zugelassener Rückverfolgungssysteme zu streichen.

Die Klagen richten sich explizit auch gegen die französischen und belgischen Tochtergesellschaften des Konzerns, weil in beiden Ländern viel Wert auf unternehmerische Verantwortung gelegt wird. Ob sie die Vorwürfe weiter untersuchen und gegebenenfalls Anklage erheben, obliegt den Justizbehörden beider Länder. Belgien habe besondere moralische Verantwortung gegenüber der DR Kongo, weil die Plünderungen der Rohstoffe des Landes unter der Kolonialherrschaft des belgischen Königs im 19. Jahrhundert begannen, sagte einer der beteiligten Anwälte gegenüber Reuters.

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Dementi von Apple eingefĂĽgt

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