Magazin Royale: Schönbohm in erster Instanz gegen ZDF weitgehend erfolgreich
Vier Aussagen des TV-Moderators Jan Böhmermann über den früheren BSI-Präsidenten seien unwahr, befand das Landgericht München I.
Gut zwei Jahre nachdem eine Ausgabe des ZDF Magazin Royale den damaligen Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Arne Schönbohm als Sicherheitsrisiko bezeichnet hatte, erringt dieser nun in einem Rechtsstreit einen Teilerfolg.
Die Richter des Landgerichts München I sahen in der Folge "Cyberclown" des ZDF-Magazins Royale, in der Moderator Jan Böhmermann eine unzulässige Nähe des damaligen BSI-Präsidenten Arne Schönbohm zu russischen Geheimdienstkreisen unterstellte, in vier Fällen unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt hatte, die von der Meinungsfreiheit nicht gedeckt sind.
Zwar müsse bei Satire ein "großzügiger Maßstab" angelegt werden, so das Gericht (Urt. v. 19.12.2024, Az. 26 O 12612/23). Bei vier der fünf von Schönbohm angegriffenen Behauptungen in der Sendung handele es sich jedoch um unwahre, das Persönlichkeitsrecht unzulässig verletzende Tatsachenbehauptungen.
Das ZDF hatte stets betont, alle redaktionellen Sorgfaltspflichten eingehalten zu haben. Moderator Jan Böhmermann selbst hatte auch nach Kritik von Experten wiederholt, die in der Sendung erhobenen Vorwürfe gegen Schönbohm seien zugespitzt vorgetragen, aber in der Sache zutreffend und somit von der Presse- und Kunstfreiheit gedeckt. Das Handeln der Innenministerin und des Ministeriums sei "deren Bier", hatte Böhmermann auf Mastodon betont.
"Das ZDF ist klar verurteilt worden, in vier von fünf Punkten", sagt Arne Schönbohm im Gespräch mit heise online nach der Urteilsverkündung. Und fordert vom Mainzer Sender: "Das ZDF muss sich jetzt Konsequenzen überlegen, dass so etwas in Zukunft nicht mehr passiert, dass es Falschnachrichten verbreitet. Denn durch unwahre Behauptungen wird die Sicherheit Deutschlands gefährdet."
ZDF mit Teil des Urteils zufrieden
Am Nachmittag äußerte sich auch das beklagte ZDF zum Urteil aus München: Zufrieden zeigt sich die öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt damit, dass Schönbohm keine Entschädigung zugesprochen wurde und die Äußerung, dass die Meinungsäußerung, "die Cybersicherheit in Deutschland ist in Gefahr, und zwar durch den Chef der Cybersicherheit in Deutschland" vom Gericht für eine vom Recht gedeckte Meinungsäußerung erachtet wurde, die im Kern keine Tatsachenbehauptung aufweise.
Der Mainzer Sender vertritt wie bisher weiter die Auffassung, dass in der Sendung Schönbohm keine bewussten Kontakte zu russischen Nachrichtendiensten unterstellt worden seien – einer der Streitpunkte vor Gericht. Der Sender verwies darauf, dass die Richter anerkannt hätten, dass "nicht in jeder Deutungsvariante" Schönbohms Rechte verletzt worden wären. Die Anstalt will nun die Entscheidungsgründe "sorgfältig auswerten" und anschließend über ihr weiteres Vorgehen entscheiden, also prüfen, ob sie den Gang zur nächsten Instanz für vorteilhaft erachtet.
In einer ersten Reaktion hatte Moderator Jan Böhmermann, der hier persönlich nicht der Beklagte war, auf Mastodon seine eigene Einschätzung des Urteils geteilt und wiederholte die Aussage, die nicht beanstandet wurde - äußerte sich allerdings nicht zu den vier nun gerichtlich untersagten Aussagen.
Erhebliche Zweifel an Sorgfalt der Produktionsfirma
Verantwortlich für die Inhalte der Sendung ist der auftraggebende Sender, das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF). Das stellte sich von Beginn an hinter Böhmermann und seine Produktion, dass die Redaktionen des öffentlich-rechtlichen Senders in Mainz und von Böhmermanns Kölner Produktionsfirma sorgfältig gearbeitet hätten.
Böhmermann musste sich bereits mehrfach vorwerfen lassen, nicht sauber gearbeitet zu haben. Teilweise stammt die Kritik an ihm aus eher politischer Motivation heraus, teilweise aber auch aus sachlichen Bedenken. In einem Fall beschloss der ZDF-Fernsehrat, in dem Vertreter gesellschaftlicher Gruppen sitzen, dass eine Sendung nachträglich aus der Mediathek entfernt werden müsse.
Keinen Erfolg hatte Schönbohm hingegen mit seiner Forderung nach mindestens 100.000 Euro Geldentschädigung aufgrund der Rufschädigung. Hier sahen die Richter zwei Gründe, warum diese Forderung nicht anzuerkennen sei: Zum einen hätte Schönbohm früher andere Rechtsmittel nutzen können – etwa eine Richtigstellung vom Sender verlangen oder einen Unterlassungsanspruch.
Die Geldentschädigung sei gegenüber der Presse nur als Ultima Ratio zulässig, befand die 26. Zivilkammer. Die Entscheidung des LG München I ist nicht rechtskräftig, Revision beim Oberlandesgericht möglich.
Schönbohm klagt auch gegen Innenministerium
Die gerichtliche Klärung der Frage, inwieweit ZDF- und die Böhmermanns Magazin Royale-Redaktionen ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben, ist dabei nur der erste Teil von Schönbohms Versuch, seine Reputation zumindest einigermaßen wiederherzustellen. In unmittelbarer Folge der Sendung vom Oktober 2022 hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den CDU-nahen Schönbohm öffentlich infrage gestellt, ihn anschließend fallen lassen und aus dem damaligen Amt entfernt.
Das Verfahren ist rechtlich unabhängig von einer weiteren Klage Schönbohms, die im Januar vor dem Verwaltungsgericht Köln verhandelt werden soll und sich gegen das Bundesinnenministerium richtet – dem BMI wirft Schönbohm vor, seine Fürsorgepflichten für ihn als Beamten verletzt zu haben: Statt ihn vor unwahren und überzogenen Behauptungen zu schützen, habe das Faeser-geführte Ministerium ihm und dem BSI verboten, öffentlich die von Böhmermann erhobenen Vorwürfe zu entkräften und sich zugleich selbst nicht hinter den Beamten gestellt. Schönbohm wirft dem Dienstherrn also vor, ihn mit voller Absicht öffentlich demontiert zu haben, obwohl klar gewesen sei, dass die Vorwürfe gegen ihn unberechtigt seien.
Da BSI-Präsidenten bis einschließlich Arne Schönbohm keine sogenannten politischen Beamten waren, konnte das BMI ihn nicht in den einstweiligen Ruhestand versetzen. Es musste ihm, nachdem Schönbohm trotz intensiver Nachforschungen im Ergebnis kein Fehlerverhalten vorzuwerfen war, eine besoldungsstufengerechte andere Funktion zuweisen. Daraufhin wurde Schönbohm zum Präsident der Bundesakademie für die öffentliche Verwaltung ernannt, an der auch Mitarbeiter der Nachrichtendienste geschult werden. Mit der Funktionsänderung, die beamtenrechtlich möglich ist, entzog sich das BMI vorläufig auch einer gerichtlichen Klärung schon wenige Wochen nach der Böhmermann-Sendung. Die Kölner Verwaltungsrichter werden allerdings sehr aufmerksam die Sachverhaltsprüfung ihrer Münchener Richterkollegen zur Kenntnis nehmen.
Zitat von Schönbohm ergänzt. Stellungnahme vom ZDF ergänzt.
(mack)