Bit-Rauschen: Chiphersteller TSMC enteilt der Konkurrenz

Der 93 Jahre alte TSMC-Gründer Chang weint dem Intel-Chef Gelsinger keine Träne nach. Die Diskussion um europäische Chipsubventionen flammt wieder auf.

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Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen – das spürte kürzlich auch Intels Ex-Chef Pat Gelsinger. Der greise Gründer des taiwanischen Chip-Auftragsfertigers TSMC, Morris Chang, nutzte die Aufmerksamkeit um Gelsingers Abgang zum Nachtreten. Er meint, TSMC habe bei der fortschrittlichsten Fertigungstechnik keine Konkurrenten mehr. Samsung Semiconductor falle immer weiter zurück und Intel habe nie einen glaubwürdigen Plan gehabt, um sich zum Auftragsfertiger zu wandeln. Chang ging auch Gelsinger persönlich an, er empfand ihn als unhöflich und etwas großspurig.

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Aussagen von Gelsinger nach seinem Amtsantritt 2021 hatten TSMC gekränkt. Damals warnte er vor zu hoher Abhängigkeit von Chipfabriken in Taiwan, wegen der Bedrohung durch China. Damit wollte Gelsinger wohl die politische Stimmung in den USA günstig beeinflussen, damit Subventionen für heimische Chip-Fabs sprudeln. In Taiwan kam der Spruch nicht gut an, zumal Intel ohne TSMC-Technik derzeit nackt dastünde. TSMC liefert Intel nicht bloß die wichtigsten Chiplets der aktuellen CPU-Familie Core Ultra 200, sondern etwa auch Arc-Grafikchips sowie KI-Beschleuniger der Baureihe Gaudi. Laut Gerüchten stieß Gelsinger die TSMC-Mannschaft dermaßen vor den Kopf, dass Intel höhere Preise pro Wafer zahlen muss als andere Großkunden.

Die Aussage, TSMC habe keine Konkurrenz mehr, ist allerdings zweischneidig. Denn das dürfte die USA, Korea, Europa und Japan anstacheln, noch mehr Subventionen in jeweils lokale Chipfertigung zu pumpen. Auch hierzulande flammte die Diskussion über Chip-Subventionen wieder auf. Eigentlich sollte der European Chips Act den EU-Anteil an der weltweiten Halbleiterfertigung bis 2030 auf 20 Prozent steigern. Das ist jedoch nicht zu schaffen, zeigt eine Studie des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI). Im Gegenteil sank der EU-Anteil am Welt-Chipmarkt in den vergangenen Jahren weiter, jetzt beträgt er nur noch rund 8 Prozent.

Der ehemalige EU-Kommissar Thierry Breton wollte unbedingt die modernste Chipfertigung nach Europa holen, weshalb die Wahl schließlich auf Intel fiel. Auch mangels Alternativen, weil TSMC vermutlich nicht will und Samsung es auch nicht besser kann als Intel. Doch Intels europäische Pläne stehen in den Sternen. Der ZVEI schlägt nun vor, die Förderung "auf bestehende Stärken [zu] fokussieren". ZVEI-Präsident Gunther Kegel meint, "Europa braucht ein eigenes technologisches Faustpfand, an dem international nicht vorbeizukommen ist." Er nennt etwa die Bereiche Leistungshalbleiter, Mikrocontroller und Sensorik, also die Stärken europäischer Chipfirmen wie Infineon, STMicroelectronics, NXP, Bosch und X-Fab.

Außerdem mahnt der ZVEI, die Förderung der Chips allein reiche zur Stärkung der technologischen Souveränität nicht aus. Als Negativbeispiel nennt der ZVEI Leiterplatten (PCBs): Da liege die EU schon unter 5 Prozent, über 85 Prozent kämen aus China und Taiwan.

AMD-Chefin Lisa Su ist nun zehn Jahre am Ruder und hat eine stolze Erfolgsbilanz vorzuweisen. Das Time Magazine kürte sie zur CEO des Jahres 2024. Eine vermutlich unbedachte Bemerkung eines Managers von Amazon Web Services (AWS), dem weltgrößten Cloud-Dienstleister, kratzte aber am AMD-Erfolg. Es ging dabei um die Frage, weshalb AWS bisher keine Cloud-Instanzen mit dem KI-Beschleuniger AMD Instinct MI300 anbiete, und die Antwort lautete sinngemäß: Weil es dafür zu wenig Nachfrage gebe. Die Kunden wollten entweder Nvidia-Beschleuniger oder, falls die zu teuer seien, dann eben die von AWS selbst entwickelten, also Inferentia oder Trainium. AMD ließ daraufhin über seine Pressestelle wissen, man arbeite seit Jahren erfolgreich mit AWS zusammen. Das stimmt sicherlich in Bezug auf die starken Epycs.

Der Supercomputer Blue Lion mit Nvidia-Chips legt 2027 am bayrischen Leibniz-Rechenzentrum los. Er kostet 250 Millionen Euro inklusive Betriebskosten bis 2032.

(Bild: HPE/LRZ)

Am Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) im bayrischen Garching ist der Supercomputer SuperMUC-NG Phase 2 kaum warmgelaufen, da verkündet man schon die Bestellung des Blue Lion für 2027. Der blaue Löwe steht für bayrische Stärke und in diesem Fall auch für die Abkehr von Intel-Chips und Lenovo-Hardware. Stattdessen kommen nun die HPE-Sparte Cray und Nvidia zum Zug. Das hört sich nach der nächsten Generation "Vera Rubin" der Nvidia-Kombiprozessoren an, die auch die vierte Generation von High Bandwidth Memory (HBM4) nutzen soll. Bei der Ankündigung stellte das LRZ weniger die Platzierung auf der Top500-Liste in den Vordergrund, also den Benchmark Linpack, sondern den High Performance Conjugate Gradients (HPCG), der andere wissenschaftliche Rechenaufgaben repräsentiert.

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(ciw)