Ehrenamtlicher Richter durch WhatsApp abgelenkt: Prozess wird neu aufgerollt
Nach fünf Verhandlungstagen war im Herbst ein Prozess in Stuttgart geplatzt, weil sich ein Schöffe von seinem Handy ablenken ließ. Nun geht es von vorn los.
(Bild: Yohanes Herman Nggebu/Shutterstock.com)
Vor dem Landgericht Stuttgart beginnt ab dem heutigen Dienstag ein Prozess neu, der im Herbst abgebrochen wurde, nachdem ein Schöffe während einer Zeugenaussage eine WhatsApp-Nachricht gelesen hat. Das berichtet die Nachrichtenagentur dpa und ergänzt, dass der ehrenamtliche Richter in der Folge für befangen erklärt wurde. Wer einer Verhandlung nicht aufmerksam folge, der habe offenbar schon eine vorgefasste Meinung, hat der SWR damals das Gericht zitiert. Ein von der Verteidigung eingereichter Befangenheitsantrag sei deshalb zu Recht erfolgt. An dem Landgericht sei solch ein Fall zum ersten Mal vorgekommen, ergänzt jetzt noch die Tagesschau.
FĂĽnf Verhandlungstage umsonst
In dem im Oktober begonnenen Prozess geht es um zwei junge Männer, die im März 2023 einen damals 34-Jährigen im Stuttgarter Stadtteil Zuffenhausen angeschossen und lebensgefährlich verletzt haben sollen. Das Opfer sitzt seitdem querschnittsgelähmt im Rollstuhl. Den beiden wird versuchter Mord vorgeworfen. Angeklagt ist außerdem ein weiterer junger Mann wegen Strafvereitelung. Er soll nach der Tat die Waffe entsorgt haben, die der Schütze wohl illegal besessen hat. Die Schüsse werden der Gewaltserie zwischen zwei rivalisierenden Banden in der Region Stuttgart zugerechnet, die die Ermittler seit Mitte 2022 beschäftigt, schreibt die dpa noch.
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Als der Prozess Ende November vorerst geplatzt ist, waren schon fünf Verhandlungstage absolviert, geht aus dem SWR-Bericht hervor. Alles, was bis dahin gesagt wurde, muss nun ignoriert werden. Der für die Neuauflage verantwortliche Schöffe darf den Berichten zufolge weiter als ehrenamtlicher Richter tätig sein, Konsequenzen hat die Neugier auf die WhatsApp-Nachricht für ihn nicht. So müsse er nicht für die bereits entstandenen Kosten aufkommen. Nur in dem Prozess zur Schießerei in Zuffenhausen kommt er nicht mehr zum Einsatz. Laut dem Landgericht gab es an anderen Gerichten bereits vergleichbare Fälle. Bei dem Rundfunksender ist Kritik eingegangen, dass die Schulung für Schöffen zu kurz sei.
(mho)