KI-Update kompakt: Kernkraft-Comeback, kritisches Denken, Copilot, ChatGPT
Das "KI-Update" liefert werktäglich eine Zusammenfassung der wichtigsten KI-Entwicklungen.
- Isabel GrĂĽnewald
- The Decoder
IEA sieht Kernkraft weltweit vor einem Comeback
Die Kernenergie erlebt laut einer Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) angesichts der steigenden Stromnachfrage ein weltweites Comeback. Das Interesse an dieser Energieform sei so groß wie zuletzt während der Ölkrise in den 1970er-Jahren. Über 40 Länder planen den Ausbau der Kernenergie, wie die IEA in Paris mitteilte.
Parallel dazu verzeichnet der Bau von Rechenzentren neue Rekorde. Dabei zeigt sich immer deutlicher: Für Unternehmen hat Leistung oft eine höhere Priorität als Umweltaspekte.
Die IEA nennt mehrere GrĂĽnde fĂĽr den wachsenden Energiebedarf. KĂĽnstliche Intelligenz (KI) steht dabei im Fokus, ebenso wie die Automobilindustrie und Datenzentren. Wenn man die genau betrachtet, wird klar, auch da geht es am Ende um KI.
Infolge dieser Entwicklung steigt die weltweite Stromerzeugung aus Kernkraftwerken. Neue Anlagen entstehen unter anderem in China, Indien, Korea sowie in Europa und den USA.
Die Energieagentur weist jedoch auch auf Abhängigkeiten hin: Kernenergie stützt sich maßgeblich auf Technologien und Ressourcen aus China und Russland, beispielsweise Uran. Diese Abhängigkeiten bergen Risiken – ganz abgesehen von den Umweltgefahren.
Zudem engagieren sich zunehmend private Investoren in der Kernenergie. Dieselben Akteure treiben auch den Bau und die Nutzung von Rechenzentren voran.
Eine aktuelle Studie der IT-Beratungsfirma CapGemini zeigt zudem, dass Unternehmen der Leistungsfähigkeit von KI-Modellen mehr Bedeutung beimessen als deren Energieverbrauch. Laut der Untersuchung gehen 48 Prozent der befragten Führungskräfte davon aus, dass der Einsatz von KI die Treibhausgasemissionen ihrer Unternehmen erhöhen wird.
Studie: KI-Tools schwächen kritisches Denken
Eine Studie der Swiss Business School mit 666 Teilnehmern zeigt: Je intensiver Menschen KI-Tools nutzen, desto schlechter wird wahrscheinlich ihr kritisches Denkvermögen.
Forscher Michael Gerlich untersuchte verschiedene Altersgruppen und BildungshintergrĂĽnde. Zur Messung des kritischen Denkens verwendete er den standardisierten Halpern Critical Thinking Assessment (HCTA). Dieser Test kombiniert Multiple-Choice- und offene Fragen, um verschiedene Aspekte des kritischen Denkens zu prĂĽfen - von Argumentationsanalyse bis zur Bewertung von Wahrscheinlichkeiten.
Die Ergebnisse zeigen eine starke negative Korrelation zwischen KI-Nutzung und den HCTA-Testwerten. Diese Korrelation wird durch "kognitive Entlastung" vermittelt - die Tendenz, Denkaufgaben an KI-Tools zu delegieren.
Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt laut der Studie bei jüngeren Teilnehmern zwischen 17 und 25 Jahren. Diese Gruppe zeigte die höchste KI-Nutzung und gleichzeitig die niedrigsten Werte beim kritischen Denken. Ältere Teilnehmer über 46 Jahre nutzten KI-Tools weniger und schnitten bei Tests zum kritischen Denken besser ab.
Ein höheres Bildungsniveau erwies sich als Schutzfaktor. Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen hinterfragen KI-generierte Informationen häufiger und engagierten sich stärker in tiefgehendem Denken.
Die Ergebnisse legen nahe, dass KI-Tools trotz ihrer Vorteile bezüglich Effizienz und Zugänglichkeit möglicherweise unbeabsichtigt das Engagement in tiefgehendes, reflektierendes Denken verringern könnten.
Die Studie empfiehlt, in Bildungseinrichtungen aktive Lernstrategien zu fördern, statt KI-Tools passive Aufgaben übernehmen zu lassen. Lehrer sollten speziell geschult werden, KI-Tools so einzusetzen, dass sie das kognitive Engagement der Schüler nicht untergraben.
Microsoft fĂĽhrt neuen Copilot Chat ein
Microsoft startet eine abgespeckte Version seines KI-Assistenten für Unternehmen. Der neue Copilot Chat bietet einen kostenlosen Chat auf GPT-4-Basis sowie kostenpflichtige KI-Agenten. Nutzer können Dokumente hochladen und beispielsweise Word-Dokumente zusammenfassen oder Excel-Tabellen analysieren lassen.
Die Agenten-Nutzung wird in "Nachrichten" abgerechnet und kostet 0,01 Dollar pro Nachricht oder 200 Dollar für 25.000 Nachrichten pro Monat. Ein Website-Agent für Kundenanfragen kostet bei 2.500 Antworten etwa 45 Dollar pro Tag. Ein HR-Agent mit 400 Abfragen kommt auf 64 Dollar täglich.
Die vollwertige Microsoft 365 Copilot-Version bleibt das Premiumprodukt mit zusätzlichen Funktionen wie Office-Integration und Zugriff auf Unternehmens-E-Mails. Die eigentliche Agenten-Funktionalität für konkrete Aktionen soll ab Februar 2025 als kostenpflichtige Vorschau verfügbar sein.
ChatGPT erhält neue Aufgaben-Funktion
OpenAI stattet ChatGPT mit einem neuen Feature für Aufgabenplanung und Erinnerungen aus. Die Funktion ist zunächst nur für Plus-, Team- und Pro-Abonnenten verfügbar. Nutzer können bis zu zehn aktive Aufgaben anlegen und verwalten.
Der Chatbot kann zu bestimmten Zeiten Erinnerungen senden oder das Web durchsuchen. Die Erinnerungen gehen aktuell nur per E-Mail an die hinterlegte Adresse. Eine direkte Interaktion mit Browser oder Kalender ist noch nicht möglich.
OpenAI plant laut Bloomberg-Insidern zudem einen KI-Agenten namens "Operator". Dieser soll Aktionen wie Codieren oder Ticketbuchungen selbstständig ausführen können. Das Tool soll im Januar als Forschungsvorschau für Entwickler starten.
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Cisco stellt KI-Sicherheitssoftware vor
Cisco fĂĽhrt mit AI Defense eine neue Sicherheitssoftware zum Schutz von KI-Systemen ein. Das Tool soll Unternehmen helfen, KI-Anwendungen sicher zu entwickeln und zu betreiben.
Die Software erkennt und wehrt Bedrohungen plattformübergreifend ab - unabhängig vom verwendeten KI-Modell und Verarbeitungsort. Sie prüft KI-Modelle automatisch auf Hunderte potenzielle Sicherheitsrisiken und soll unter anderem Prompt-Injektionen und Datenlecks verhindern. AI Defense soll ab März 2025 verfügbar sein.
OpenAI kauft Medieninhalte von Axios
OpenAI erwirbt Inhalte von Axios für ChatGPT und unterstützt im Gegenzug die Expansion des Medienunternehmens in vier US-Städte. Dort entstehen neue Newsrooms. Axios erhält außerdem Zugang zur OpenAI-Technologie.
OpenAI hat nach eigenen Angaben bereits fast 20 solcher Vereinbarungen mit Verlagen geschlossen. Damit hat das Unternehmen Zugriff auf Inhalte von mehr als 160 Nachrichtenportalen.
Kritiker wie der Journalismusprofessor Jeff Jarvis sehen die Zahlungen von OpenAI als eine Art Schweigegeld zur Vermeidung von Urheberrechtsklagen.
Das war das KI-Update von heise online vom 16. Januar 2025. Eine neue Folge gibt es jeden Werktag ab 15 Uhr.
(igr)