Telefónica-Konzern tauscht Vorstandschef aus

Wohl auf Betreiben der spanischen Regierung muss José María Álvarez-Pallete nach knapp neun Jahren seinen Hut nehmen. Der neue Chef kommt vom IT-Anbieter Indra.

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Marc Murtra ist neuer CEO des Telefónica-Konzerns.

(Bild: Telefónica)

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Überraschender Wechsel an der Spitze des spanischen Telefónica-Konzerns. In einer kurzfristig anberaumten Sondersitzung am Samstag hat der Verwaltungsrat den bisherigen Exekutivdirektor und Verwaltungsratsvorsitzenden José María Álvarez-Pallete abberufen. Zu seinem Nachfolger bestimmte das Gremium den 52-jährigen Marc Thomas Murtra Millar.

Die Entscheidung sei "im Hinblick auf Telefónicas neue Aktionärsstruktur und den Wunsch einiger wichtiger Anteilseigner nach einem Neuanfang an der Vorstandsspitze" gefallen, teilte das Unternehmen am Samstagabend mit. Álvarez-Pallete habe dem Wunsch entsprochen und seinen Rücktritt eingereicht. Der Verwaltungsrat dankte dem scheidenden Chef für "die langen Jahre der Zusammenarbeit" und seine "außergewöhnliche Leistung und Hingabe".

"Es war ein Privileg, Teil der großen Telefonica-Familie zu sein. Sie war mein Zuhause und meine Schule", erklärte Álvarez-Pallete auf der Plattform X (ehemals Twitter). "Gemeinsam haben wir das Unmögliche möglich gemacht. Danke für jeden Schritt, den wir gemeinsam gemacht haben, und danke, dass Sie an mich geglaubt haben. Einmal ein Telefónico, immer ein Telefónico."

Der 62-jährige Álvarez-Pallete war seit April 2016 CEO des ehemaligen spanischen Monopolisten. Bei seiner Amtsübernahme lastete ein Schuldenberg von rund 52 Milliarden Euro auf Telefónica, den Álvarez-Pallete etwa halbieren konnte. Zudem konzentrierte er das Geschäft des internationalen Telco-Riesen auf einige Kernmärkte, darunter Deutschland. Ende 2023 kaufte der Konzern sämtliche Anteile an Telefónica Deutschland und nahm die deutsche Tochter von der Börse.

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Beim Kurs der Telefónica-Aktie konnte Álvarez-Pallete allerdings keine Trendwende erreichen. Seit 2016 hat sich der Kurs mehr als halbiert und pendelt seit ein paar Jahren zwischen drei und fünf Euro. Wie andere Netzbetreiber in Europa ist Telefónica mit intensivem Wettbewerb bei zugleich hohem Investitionsbedarf für die Infrastruktur konfrontiert.

Der neue Chef wurde offenbar auf Betreiben der spanischen Regierung installiert. Der Staatsfonds SEPI war im vergangenen Jahr mit zehn Prozent der Anteile bei Telefónica eingestiegen, um den spanischen Einfuss auf das Unternehmen sicherzustellen. Zuvor hatte Saudi Telecom knapp zehn Prozent der Telefónica-Aktien übernommen. Anders als in Deutschland, wo der Staat immer noch knapp 14 Prozent an der Deutschen Telekom hält, war Telefónica in den Jahren 1995 bis 1997 vollständig privatisiert worden.

Marc Murtra wurde in England geboren, hat aber die spanische Staatsbürgerschaft und an der Polytechnischen Universität Kataloniens in Barcelona studiert. Er war zuletzt CEO des spanischen IT-Unternehmens Indra Sistemas, das unter anderem Systeme für Luftfahrt, Verteidigung und E-Government entwickelt. Im Laufe seiner Karriere war er auch im öffentlichen Dienst und als politischer Beamter tätig.

(vbr)