Beschädigte Unterseekabel in Europa: Geheimdienste gehen wohl von Versehen aus

Zuletzt wurden mehrere Unterseekabel in europäischen Gewässern beschädigt. Geheimdienste haben laut einem Bericht aber keine Hinweise auf Absicht entdeckt.

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Schiff zur Inspektion von Unterwasserkabeln

(Bild: Korn Srirawan/Shutterstock.com)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Bei immer mehr Geheimdiensten in Europa und den USA setzt sich die Überzeugung durch, dass europäische Unterseekabel in den vergangenen Monaten versehentlich beschädigt wurden. Das berichtet die Washington Post unter Berufung auf anonyme Personen, die mit den Untersuchungen vertraut seien. Die hätten bislang keine Erkenntnisse zutage gefördert, die auf Absicht hindeuten. Gleichzeitig würden abgehörte Kommunikation und geheimdienstliche Befunden auf gleich mehrere Versehen schließen lassen, ohne dass die Zeitung die einsehen konnte. Verantwortlich wären demnach unerfahrene Seeleute in Verbindung mit schlecht gewarteten Schiffen.

Bei den untersuchten Fällen handelt es sich demnach unter anderem um im November und zu Weihnachten aufgetretene Schäden an Unterseekabeln in der Ostsee und vor der finnischen Küste. Behauptungen aus Russland, dass die Schäden nicht absichtlich herbeigeführt wurden, zweifelte unter anderem der deutsche Verteidigungsminister an. Boris Pistorius hatte erklärt, dass niemand nach dem Ausfall von zwei Datenkabeln von einem Versehen ausgehen würde. Genau das könnte nun aber doch der Fall sein. Auch im Fall der finnischen Datenkabel scheint sich demnach die Überzeugung durchzusetzen, dass es sich nicht um Sabotage gehandelt hat. Ein im Zusammenhang damit festgesetztes Schiff sei in extrem schlechtem Zustand.

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Während die Zweifel an einer Sabotage in dem Zeitungsbericht nur von anonymen Personen geäußert werden, äußern mehrere Experten namentlich ihre Kritik an diesem Befund. So verweist der finnische Europaabgeordnete Pekka Toveri darauf, dass die Beschädigungen wie "typische hybride Angriffe" aussehen würden. Solche müssten geleugnet werden können, weswegen alles getan werde, um keine Beweise zu hinterlassen. Er und andere verweisen auch auf Anomalien im Fahrtverhalten der verdächtigten Schiffe. Ein Seefahrtsexperte ergänzt, dass das Herablassen eines Ankers gar nicht unbemerkt erfolgen könnte. In mindestens zwei Fällen seien die aber über 150 Kilometer über den Meeresboden gezogen worden.

Der Bericht über die geheimdienstlichen Erkenntnisse erfolgt etwa einen Monat nach der bislang letzten Beschädigung von Unterseekabeln in europäischen Gewässern. Neben einem Unterseekabel zur Übertragung von Strom zwischen Finnland und Estland wurden in den Weihnachtstagen auch gleich vier Internetkabel vor der finnischen Küste beschädigt, darunter auch eins, das gerade erst repariert worden war. Ein im Zusammenhang damit festgesetztes Schiff wird in Finnland weiter untersucht. Geheimdienste aus den USA und etwa einem halben Dutzend europäischen Staaten versuchen laut Washington Post die Hintergründe zu klären. Mehrere davon gehen demnach nicht mehr von Sabotage aus.

(mho)