Konflikt-Mineralien: Belgien untersucht Apple

Hat Apple wissentlich Konfliktmineralien aus der DR Kongo verbaut? Dieser Frage geht jetzt ein belgischer Untersuchungsrichter nach.

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Luftaufanahme einer grünen, hügelischen Landschaft mit wenigen Bäumen und einigen Feldern. Zu sehen sind eine unbefestigte Straße und mehrere niedrige, runde Hütten.

Luftaufnahme eines kongolesischen Dorfes in der umkämpften Region Nordkivu.

(Bild: MONUSCO CC BY-SA 2.0)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Profitiert Apple von "massiver Reinwaschung" von Mineralien, die schlimme Verbrechen finanzieren? Diesen Vorwurf erhebt die Demokratische Republik Kongo. Im Dezember hat sie wegen der behaupteten Konflikt-Mineralien strafrechtliche Anzeigen gegen Apple in Frankreich und Belgien erhoben. Die Staatsanwaltschaft des Königreichs hat nun einen Untersuchungsrichter beauftragt.

Er soll den Vorwürfen, die Apple in Abrede stellt, auf den Grund gehen. Der Untersuchungsrichter kann Durchsuchungs- und Abhörbefehle ausstellen, Beweise beschlagnahmen lassen und Zeugen befragen. Er kann auch Apple anhören, das aber ohne Wahrheitspflicht. Je nach seinen Erkenntnissen wird der Untersuchungsrichter empfehlen, Anklage zu erheben oder die Sache zu den Akten zu legen. In Frankreich steht die Entscheidung über die Einleitung einer offiziellen Untersuchung noch aus.

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"Das ist der erste Schritt, die zeigt, dass die Staatsanwaltschaft den Fall sehr ernst nimmt", zitiert die Financial Times Christophe Marchand, einen im Auftrag der DR Konto tätigen belgischen Anwalt. Seine Anzeige wirft Apple vor, wissentlich Gold, Tantal, Wolfram und Zinn, die in der DR Kongo illegal und gewalttätig geplündert wurden, durch internationale Lieferketten reingewaschen zu haben. Außerdem habe Apple Verbraucher in die Irre geführt, indem es seine Rohstoffquellen als sauber darstelle. Die illegal aus der DR Kongo beschafften Mineralien seien in iPhones und Computern verbaut worden. Tantal wird für Kondensatoren benötigt, der überwiegende Teil der weltweiten Reserven wird in der DR Kongo vermutet.

Apple hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Nach eigenen Angaben überprüft der Konzern regelmäßig seine Zulieferer. Apple hat auch Audits veröffentlicht und Organisationen unterstützt, die sich für bessere Rückverfolgbarkeit der Rohstoffe einsetzen. Eine dieser Organisationen, die Responsible Minerals Initiative, hat allerdings ein von Apple genutztes Rückverfolgungssystem namens TSCI (International Tin Supply Chain Initiative) diskreditiert und 2022 von der Liste der akzeptierten Verfahren gestrichen. Generell strebt Apple laut eigenen Angaben nach mehr Wiederverwertung, um das Risiko der Konflikt-Mineralien reduzieren zu können.

Im Osten der DR Konto kämpfen mehrere bewaffnete Gruppen Aufständischer um die Macht. Plünderungen, Vergewaltigungen und Morde stehen an der Tagesordnung. Ein Teil der Täter wird laut den Vereinten Nationen von der Regierung des Nachbarlandes Ruanda unterstützt, nicht nur finanziell, sondern auch mit Truppen. Bekämpft werden sie von Streitkräften der DR Kongo und Ugandas. In einem Teil der Region versuchen zudem UN-Friedenstruppen (MONUSCO) seit 1999 für Stabilität zu sorgen.

Der Raub der wertvollen Metalle finanziert den Aufstand. Das Erz wird in groĂźem Umfang ĂĽber die Grenze nach Ruanda verbracht und dann unter falscher Herkunftsangabe verkauft. Die DR Kongo beklagt erhebliche Einnahmenverluste. Ein Waffenstillstand mit Ruanda ist gescheitert, wie aus einem aktuellen Bericht der Vereinten Nationen hervorgeht.

Einen Erfolg verbucht die DR Kongo bereits für sich: Nach Erstattung der Anzeigen in Frankreich und Belgien hat Apple mitgeteilt, keine Mineralien mehr zu kaufen, die die DR Kongo oder Ruanda als Herkunftsbezeichnung tragen. Die Entscheidung soll demnach schon Anfang 2024 getroffen worden sein, da Apple befürchtet habe, dass die Herkunftsprüfung angesichts der sich deutlich verschlechternden Sicherheitslage nicht mehr möglich sein könnte. Die Vertreter des Kongo zeigten sich zwar erfreut, aber skeptisch, ob die Lieferanten Apples dessen offizieller Anordnung tatsächlich Folge leisten.

Überhaupt könne Apples neuer Kurs die Vergangenheit nicht ändern. "Apple ist eine Drei-Billionen-Dollar-Firma geworden, zum Teil durch Einsatz von Konfliktmineralien in ihren Geräten. Die Verbrechen, die Apple vorgeworfen werden, müssen von der französischen und der belgischen Justiz untersucht werden, und für jedes begangene Verbrechen wird es Kompensation geben müssen", sagte die koordinierende US-Anwaltskanzlei Amsterdam & Partners im Dezember. Sie kritisiert außerdem, dass Apple vor den Strafanzeigen auf ihre Fragen keine substanziellen Antworten gegeben habe.

Zudem versuchen die Anwälte, Druck auf die EU-Kommission auszuüben. Die EU hat letzten Februar mit Ruanda vereinbart, "nachhaltige und widerstandsfähige Wertschöpfungsketten für kritische Rohstoffe" in dem afrikanischen Land zu fördern. Das erzürnt die DR Kongo, da jeder Mittelschüler wisse, dass Ruanda die Rohstoffe gar nicht habe. Die EU-Kommission verteidigt die Vereinbarung damit, den Mineralienschmuggel bekämpfen zu wollen.

Die Demokratische Republik Kongo war bis 1960 eine belgische Kolonie, von 1885 bis 1908 Privatbesitz des belgischen Königs. Das Land hat in seiner Geschichte verschiedene Namen getragen, darunter Zaïre. Die DR Kongo hat mehr als 100 Millionen Einwohner. Die Hauptstadt heißt Kinshasa und liegt am Kongo-Fluss.

Gegenüber, am anderen Flussufer, liegt Brazzaville, die Hauptstadt der Republik Kongo (auch bekannt als Kongo-Brazzaville). Dieses mit gut sechs Millionen Einwohnern deutlich kleinere Land war bis 1960 französische Kolonie. Von 1911 bis 1916 war ein Teil dieses Landes Teil der deutschen Kolonie Neukamerun. Ruanda war von 1885 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs Teil der Kolonie Deutsch-Ostafrika, dann bis 1962 belgisches Treuhandgebiet.

(ds)