Apotheken: Chaos nach "KI"-Planung der Notdienste
Algorithmenbasierte Planung soll die Notdienste zwischen Apotheken effizienter verteilen. In der Praxis gibt es seit Jahresbeginn offenbar vielerorts Probleme.
(Bild: nitpicker/Shutterstock.com)
Die Einführung von digitaler, algorithmenbasierter Planung von Apotheken-Notdiensten hat offenbar in mehreren Bundesländern zu Problemen und Unmut geführt. Verschiedene Medien berichten darüber, dass Kunden an einigen Tagen lange Wege in Kauf nehmen müssten, an anderen Tagen wiederum mehrere nahe beieinander liegende Apotheken geöffnet hätten.
In der Theorie klingt es so, als wenn der KI-Einsatz nur Vorteile habe: Apotheken würden dadurch entlastet und gleichmäßige sowie bestmögliche Verteilung gewährleistet, wirbt etwa die Landesapothekerkammer in Baden-Württemberg für die Neuregelung. Für die Bürger würde sich indessen wenig ändern: “Es wird weiterhin darauf geachtet, die Wege so kurz wie möglich zu halten. Im Schnitt liegen zwei notdiensthabende Apotheken 8 Kilometer voneinander entfernt, in über 98 Prozent der Fälle sind es maximal 25 Kilometer. Ausnahmen werden immer im Einzelfall entschieden.”
Strittig ist in Kreisen der Apothekerkammern offenbar, ob die Software überhaupt als KI-basiert beschrieben werden kann. Während die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg in Veröffentlichungen davon spricht, bezeichnet die Bayerische Landesapothekerkammer sie lediglich als algorithmenbasiert. In beiden Fällen handelt es sich aber offenbar um die gleiche Softwarelösung namens Notdienstportal von sberg it-systeme, die zum Einsatz kommt. Das zugrundeliegende Konzept basiert auf der Geokodierung aller Apothekenstandorte und dem Aufbau einer Entfernungsmatrix. Mit der Veränderung der Notdienstregelung wechseln die Bundesländer von der bisherigen rhythmischen zu einer arrhythmischen Einteilung der Apotheken und verzichten damit auf die bisherigen Notdienstkreise beziehungsweise Notdienstgruppen.
Ärger über lange Wege
Trotz der beworbenen Vorteile kommt die Veränderung offenbar nicht überall gut an: So habe etwa im Landkreis Landsberg an einigen Tagen keine einzige Apotheke Notdienst gehabt. “Schwabmünchen ist in diesem Beispiel mit 20 Minuten Autofahrt die nächstgelegene Alternative. Nach Weilheim und Schongau benötigt man zwischen 25 und 40 Minuten – vorausgesetzt, man besitzt ein Auto”, berichtet das Landsberger Tagblatt.
Dass einige Bürger vermuten, dass die langen Wege mit einer Ausdünnung des Angebots an Notdienstapotheken zu tun haben könnte, erweist sich im Falle Bayerns als zutreffend: Durch die Umstellung seien 33 Prozent weniger Notdienste nötig, berichtete die Deutsche Apotheker-Zeitung.
Ähnliches war schon Ende 2023 aus Hessen zu hören, wo eine Notdienstreform der Landesapothekerkammer ebenfalls mit dem Einsatz der Software einherging. Dort klagten Apotheker in der Stadt Fulda darüber, dass an einigen Sonn- und Feiertagen mehrere Apotheken im Stadtgebiet geöffnet hatten. Die Apothekerkammer begründete dies laut Apotheke Adhoc damit, dass die KI versuche, einen zeitlichen Ausgleich zwischen den Apotheken herzustellen. Im Ländlichen, wo es weniger Apotheken gebe, ist die Notdienstbelastung mit den früheren Notdienstbezirken erfahrungsgemäß oft höher gewesen als in Stadtgebieten, wo auf kleinem Raum mehr Apotheken vorzufinden sind.
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Keine Regelmäßigkeit zwischen Diensten
Auch in Baden-Württemberg gibt es Unmut: So klagte ein Apotheker in Apotheke Adhoc darüber, dass er eine deutliche Mehrbelastung und die zusätzlichen Dienste personell kaum stemmen könne. Zudem vermisse er eine erkennbare Regelmäßigkeit zwischen den Diensten.
Bei der Bayerischen Landesapothekerkammer zeigt man sich bemüht, aus den Rückmeldungen Verbesserungen abzuleiten: "Grundsätzlich sind wir bemüht, die Rückmeldungen, die an uns herangetragen werden, zu bewerten und, sofern systemseitig möglich und sinnvoll, bei der Planerstellung 2026 zu berücksichtigen. Ziel ist es, das System fortlaufend im Rahmen der Möglichkeiten zu optimieren", erklärte eine Sprecherin gegenüber heise online.
Eine Stellungnahme der Bayerischen Landesapothekenkammer wurde hinzugefügt und der Artikel aktualisiert.
(mki)