Justizministerium legt Entwurf zur Neuregelung des Großen Lauschangriffs vor

Die neue Version der Gesetzvorlage sieht vor, dass die akustische Wohnraumüberwachung nur bei Verdacht auf eine besonders schwere Straftat erfolgen darf.

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Von
  • Angela Meyer

Das Bundesjustizministerium hat heute den Referentenentwurf zur Neuregelung der akustischen Wohnraumüberwachung an die Länder und Verbände zur Stellungnahme versandt. Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Urteil vom 3. März 2004 den umstrittenen Großen Lauschangriff zwar prinzipiell für verfassungsgemäß erklärt -- zugleich aber gefordert, dass im Gesetz weitere Regelungen getroffen werden, um Abhörmaßnahmen im absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung auszuschließen.

"Im Kampf gegen Terror und schwerste Kriminalität brauchen wir die akustische Wohnraumüberwachung. Um die rechtsstaatlichen Garantien zu sichern, setzt der Entwurf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umfassend um. Damit ist ein angemessener Ausgleich zwischen den Erfordernissen effektiver Strafverfolgung und den Grundrechten der Betroffenen gelungen", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries laut Presseerklärung. "Sobald die Länder und Verbände zu dem Entwurf Stellung genommen haben, wird die Bundesregierung das Gesetzgebungsverfahren weiter zügig vorantreiben, um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts fristgerecht bis zum 30. Juni 2005 umzusetzen."

Im Wesentlichen sehe der Entwurf vor, dass die akustische Wohnraumüberwachung nur nach folgenden Maßgaben angeordnet und durchgeführt werden darf: Es muss der Verdacht einer besonders schweren Straftat gegeben sein. Dies ist nur bei solchen Straftaten der Fall, für die das Gesetz eine Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren vorsieht. Die insoweit in Betracht kommenden Straftaten werden im Gesetz im Einzelnen aufgeführt (sog. Straftatenkatalog). Insbesondere sind hier Kapitaldelikte wie Mord und Totschlag sowie Straftaten krimineller und terroristischer Vereinigungen einbezogen.

Vertrauliche Gespräche zwischen sich nahestehenden Personen, die keinen Bezug zu Straftaten aufweisen ("Kernbereich privater Lebensgestaltung"), dürfen nicht abgehört werden. Dasselbe gilt für Gespräche mit dem Verteidiger und für Beichtgespräche mit einem Geistlichen. Die akustische Wohnraumüberwachung darf deshalb nur noch angeordnet werden, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass keine Äußerungen aus diesem absolut geschützten Bereich erfasst werden. Beim Abhören von Gesprächen in Privatwohnungen muss deshalb in der Regel live mitgehört werden, um das Abhören unverzüglich zu unterbrechen, wenn solche Gespräche geführt werden. Werden im Einzelfall solche Gespräche dennoch versehentlich erfasst, so sind die Aufzeichnungen hierzu zu löschen. Die erlangten Informationen dürfen auch in keiner Weise verwertet werden.

Gespräche mit sonstigen Berufsgeheimnisträgern (Rechtsanwälten, Notaren, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern, Ärzten, Beratungsstellen für Schwangerschaftskonflikte oder Betäubungsmittelabhängigkeit, Abgeordnete, Medienmitarbeiter etc.) dürfen ebenfalls grundsätzlich nicht abgehört werden, es sei denn, dass im Einzelfall unabweisbare Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung unter sorgfältiger Beachtung der Verhältnismäßigkeit das Abhören erfordern. Die akustische Wohnraumüberwachung darf nur von einer besonderen Strafkammer des Landgerichts angeordnet werden, die über den Verlauf der Maßnahme zu unterrichten ist. Die Strafkammer entscheidet auch darüber, ob die Maßnahme weiter durchgeführt werden darf und die gewonnenen Informationen verwertet werden dürfen.

Nach dem Abschluss der Überwachung sind die betroffenen Personen grundsätzlich zu benachrichtigen, damit sie die Möglichkeit erhalten, die Rechtsmäßigkeit der Anordnung und Durchführung der Maßnahme nochmals gerichtlich überprüfen zu lassen. Die Benachrichtigung kann mit gerichtlicher Zustimmung zeitlich zurückgestellt werden, wenn zum Beispiel ansonsten der Ermittlungserfolg gefährdet würde. Die Informationen aus einer akustischen Wohnraumüberwachung dürfen auch nur für die Aufklärung der eingangs genannten besonders schweren Straftaten sowie zur Abwehr einer Lebensgefahr oder dringenden Gefahr für Leib oder Freiheit einer Person oder bedeutende Vermögenswerte verwendet werden. Um anderweitige Verwendungen auszuschließen, sind die Informationen entsprechend zu kennzeichnen. (anm)