AI Act in der Praxis: EU veröffentlicht Leitlinien für Betriebe und Behörden

Mit dem AI Act sind seit Februar einige KI-Praktiken verboten. Was das in der Praxis bedeutet, hat die Europäische Kommission in Leitlinien zusammengefasst.

vorlesen Druckansicht 3 Kommentare lesen
Justitia-Figur vor einer EU-Flagge

(Bild: artjazz/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christina Kiefer
close notice

This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Die Europäische Kommission hat ergänzend zum AI Act (auch: KI-Verordnung) Leitlinien zu verbotenen KI-Praktiken veröffentlicht. Die bewusst technologieoffen gestaltete KI-Verordnung enthält eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe und stellt die Praxis vor Herausforderungen. Deswegen gibt es in den Leitlinien entsprechende Beispiele und Erläuterungen, die eine kohärente, effektive und einheitliche Anwendung der KI-Verordnung gewährleisten sollen. Gleichzeitig sollen sie den zuständigen Behörden als Orientierungshilfe bei der Überwachung und Durchsetzung der Vorschriften dienen.

Die KI-Verordnung bringt zahlreiche neue Anforderungen für die Entwicklung, Bereitstellung und Nutzung von KI-Systemen mit sich, die von ihrer Risikoklassifizierung abhängig sind. Es gilt: Je höher die Risiken für die Grundwerte der EU und die Gesellschaft sind, desto strenger ausgeprägt sind die regulatorischen Vorgaben. Erste Pflichten, darunter das Verbot bestimmter KI-Praktiken und die Pflicht zur Sicherstellung von KI-Kompetenz, greifen seit dem 2. Februar 2025. Die vollständige Umsetzung aller Bestimmungen ist spätestens bis zum 2. August 2026 erforderlich.

In Artikel 5 der KI-Verordnung ist das Verbot bestimmter KI-Praktiken geregelt. Nicht erlaubt sind demnach KI-Technologien, die ein unannehmbares Risiko darstellen. In der Praxis ist entscheidend, wann eine KI-Anwendung unter dieses Verbot fällt und wann sie zwar ein hohes, aber noch zulässiges Risiko darstellt. Um eine Einstufung als verbotene KI-Praktik zu vermeiden, lassen sich gezielte Maßnahmen ergreifen. Diese umfassen etwa Nutzungsbeschränkungen oder die Bereitstellung transparenter Informationen in der Bedienungsanleitung.

Christina Kiefer
Christina Kiefer

Christina Kiefer ist Rechtsanwältin und Senior Associate in der Digital Business Unit bei reuschlaw.

Verbotene KI-Praktiken sind stets im Zusammenhang mit sogenannten Hochrisiko-KI-Systemen aus Artikel 6 der KI-Verordnung zu betrachten. Ihr Einsatz ist nur unter strengen Vorgaben erlaubt. Allerdings stellt die Abgrenzung in der Praxis eine Herausforderung dar. Die unbestimmten Rechtsbegriffe und offenen Formulierungen der Verordnung sorgen bei den Betreibern für Unsicherheiten, weil bislang eine eindeutige Gestaltung der Risikopyramide für KI-Anwendungen fehlt.

Zwar definiert Artikel 5 bestimmte Fallgruppen verbotener KI-Praktiken, jedoch ist der Interpretationsspielraum groß, sodass Unternehmen und öffentliche Stellen aktuell vor der schwierigen Aufgabe stehen, konkret zu bestimmen, welche KI-Praktiken noch als Hochrisiko-KI-Systeme zulässig sind und welche verboten sind. Hier setzen die von der EU-Kommission veröffentlichten Leitlinien an.

Obwohl die Leitlinien bereits genehmigt wurden, steht die förmliche Annahme noch aus, die nach der Übersetzung in alle Amtssprachen der EU erfolgt. Unternehmen und öffentliche Stellen können die unverbindlichen Leitlinien nutzen, um die Anforderungen der KI-Verordnung besser verstehen und ihre Bestimmungen einhalten zu können. Mit einem Umfang von 140 Seiten mag der praktische Nutzen der Leitlinien zunächst hinterfragt werden. Allerdings überwiegt der Mehrwert, da das Dokument eine Vielzahl diverser Beispielfälle bereitstellt, anhand derer sich ein konkreter Fall besser beurteilen lassen soll.

Videos by heise

Die Leitlinien der EU-Kommission sind rechtlich nicht bindend, jedoch werden die Aufsichtsbehörden sie zur Auslegung und Durchsetzung der Vorschriften heranziehen. Für Anbieter, Betreiber und Nutzer von KI-Systemen handelt es sich demnach um eine Orientierungshilfe, um sich frühzeitig mit den konkreten Anforderungen auseinanderzusetzen und die KI-Anwendungen auf mögliche Verstöße zu überprüfen.

(sfe)