Potenziell gefährlicher Asteroid 2024 YR₄: Jetzt wird James Webb aktiviert
In acht Jahren könnte ein dutzende Meter großer Asteroid die Erde treffen. Wie groß der tatsächlich ist, soll nun eines unserer besten Instrumente ermitteln.
(Bild: Adriana Manrique Gutierrez, NASA Animator)
Das Weltraumteleskop James Webb wird den erdnahen Asteroiden 2024 YR4 untersuchen, um Klarheit über dessen Größe und Umlaufbahn zu erhalten. Damit soll nicht nur ermittelt werden, ob der in acht Jahren auf der Erde einschlagen könnte, sondern auch, wie gefährlich das tatsächlich wäre. Das hat die Europäische Weltraumagentur ESA jetzt bekannt gegeben. Seit Tagen kann solch ein Einschlag trotz inzwischen 375 Beobachtungen nicht ausgeschlossen werden. Gleichzeitig ist weiterhin unklar, wie groß der Himmelskörper wirklich ist. Die Schätzungen reichen weiterhin von 40 bis 90 Meter Durchmesser, was im Falle eines Einschlags sehr unterschiedliche Folgen haben würde.
Einschlag noch immer extrem unwahrscheinlich
Wie die ESA zusammenfasst, liegt die ermittelte Einschlagwahrscheinlichkeit des Asteroiden weiterhin bei etwa 2 Prozent. Mit 98-prozentiger Sicherheit wird er die Erde also verfehlen. Gleichzeitig würde ein Einschlag nur lokal oder maximal regional Schaden anrichten, je nachdem wie groß er ist. Trotzdem sei die Situation so ernst, dass sie die Aufmerksamkeit derjenigen erfordert, die sich mit planetarer Verteidigung auseinandersetzen. Diese Menschen müssen aber mit begrenzten Daten auskommen, weil sich die Größe des Asteroiden mit Beobachtungen von der Erdoberfläche nur ungefähr ermitteln lasse. So könnte der Asteroid eher kleiner sein, wenn er viel Licht reflektiert, oder er ist eher größer und vergleichsweise dunkel.
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Das Weltraumteleskop James Webb ist in der Lage, 2024 YR4 im infraroten Spektrum zu untersuchen, also seine Wärmeabstrahlung zu ermitteln. Das ermögliche eine viel präzisere Größenmessung. Dafür soll das Weltraumteleskop den Asteroiden erstmals Anfang März ins Visier nehmen und dann noch einmal im Mai. Auf diesem Weg sollen nicht nur Änderungen in der Wärmeabstrahlung sichtbar gemacht werden. Auch eine abschließende Messung der genauen Umlaufbahn planen die Verantwortlichen. Danach wird der Asteroid für mehrere Jahre nicht zu beobachten sein. Die Analysen mit dem Weltraumteleskop erfolgen im Rahmen von freigehaltener Beobachtungszeit, die für zeitkritische Kampagnen reserviert ist.
Risiko so groß wie lange nicht mehr
2024 YR4 wurde am 27. Dezember mithilfe eines Teleskops in Chile entdeckt. Folgebeobachtungen haben dann ergeben, dass ein Einschlag des Asteroiden bei seiner übernächsten Begegnung mit der Erde am 22. Dezember 2032 nicht ausgeschlossen werden kann. Deshalb steht der Asteroid seit Tagen an der Spitze der Listen von ESA und NASA mit den aktuell gefährlichsten Himmelskörpern. Vor dem Wochenende war das ermittelte Risiko auf bis zu 2,3 Prozent gestiegen, inzwischen liegt es wieder etwas darunter. Immer noch bleibt es am wahrscheinlichsten, dass die Gefahr bald ganz ausgeschlossen werden kann. So ist es bei ähnlichen Objekten bislang immer abgelaufen.
Auf der sogenannten Turiner Skala zur Klassifizierung der Gefahr durch Asteroiden steht 2024 YR4 unverändert bei Klasse 3. Damit gilt er nicht nur aktuell als am gefährlichsten, in der Vergangenheit hat nur ein Asteroid eine höhere Klasse erreicht: (99942) Apophis kam kurz nach seiner Entdeckung Ende 2004 auf Klasse 4, gilt aber inzwischen als nicht mehr gefährlich. Bis 2024 YR4 hat kein anderer Asteroid die Klasse 3 erreicht. Die bedeutet auch, dass der Asteroid nicht nur von Interesse für die Astronomie ist, sondern auch Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und durch offizielle Stellen verdient.
Wegen des potenziellen Risikos durch 2024 YR4 haben bereits zwei von den Vereinten Nationen anerkannte Organisationen ihre Arbeit aufgenommen. Außer dem von der NASA koordinierten Internationalen Asteroidenwarnnetzwerk (IAWN) ist das die Beratungsgruppe zur Planung von Weltraummissionen (SPMAG) bei der ESA. Diese hat sich bei einem Meeting mit dem Himmelskörper befasst und entschieden, dass er weiter beobachtet und untersucht werden soll. Mögliche Gegenmaßnahmen würden bereits besprochen, aber für konkrete Vorschläge sei es noch zu früh. Sollte ein Einschlag im Jahr 2032 auch Anfang Mai nicht komplett ausgeschlossen werden können, werde man diese Einschätzung überprüfen.
(mho)