Secure Coding: Sichere Datenhaltung in der JVM – Risiken und Best Practices

Vertrauliche Daten in der JVM absichern. Wie sich Heap-Dumps, Debugging und Speicherlecks gezielt verhindern lassen.

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Mann zeigt auf Speicher Chip

(Bild: iX erstellt mit KI)

Lesezeit: 24 Min.
Von
  • Sven Ruppert
Inhaltsverzeichnis

Der Schutz vertraulicher Daten – etwa in Form von Passwörtern, kryptografischen Schlüsseln, personenbezogenen Informationen oder sensiblen Geschäftsgeheimnissen – ist eine der zentralen Herausforderungen für Softwareentwicklerinnen und -entwickler. Während sich viele Sicherheitsmaßnahmen auf die Verschlüsselung von Daten bei der Speicherung (at rest) oder während der Übertragung (in transit) konzentrieren, bleibt ein oft unterschätzter Angriffsvektor bestehen: der Schutz sensibler Informationen im Arbeitsspeicher (in memory).

Secure Coding – Sven Ruppert
Sven Ruppert

Seit 1996 programmiert Sven Java in Industrieprojekten und seit über 15 Jahren weltweit in Branchen wie Automobil, Raumfahrt, Versicherungen, Banken, UN und Weltbank. Seit über 10 Jahren ist er von Amerika bis nach Neuseeland als Speaker auf Konferenzen und Community Events, arbeitete als Developer Advocate für JFrog und Vaadin und schreibt regelmäßig Beiträge für IT-Zeitschriften und Technologieportale. Neben seinem Hauptthema Core Java beschäftigt er sich mit TDD und Secure Coding Practices.

Daten, die im Speicher gehalten werden, sind potenziell angreifbar durch verschiedene Methoden wie SpeicherauszĂĽge (Memory Dumps), Heap-Analysen, Seitenkanalangriffe oder unsichere Speicherverwaltung. Vor allem beim Einsatz von Programmiersprachen mit automatischem Speichermanagement, wie beispielsweise Java, stellt sich die Herausforderung, dass Entwickler nur bedingt Kontrolle darĂĽber haben, wann sensible Daten endgĂĽltig aus dem Speicher entfernt werden.

Ein effektiver Schutz erfordert daher bewährte Praktiken wie den bewussten Umgang mit Speicherlebenszyklen, die Minimierung der Speicherdauer sensibler Daten, die Vermeidung von Speicherlecks sowie den Einsatz gezielter Mechanismen zur Absicherung des Speichers. In diesem Artikel betrachten wir allgemein bewährte Methoden, Sicherheitsrisiken und konkrete Maßnahmen in Java, um vertrauliche Daten im Speicher wirksam zu schützen.

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Um insbesondere die Sicherheit vertraulicher Daten im Arbeitsspeicher gegen Techniken wie Speicherauszüge (Memory Dumps), Heap-Analysen oder Seitenkanalangriffe zu gewährleisten, ist ein strukturierter Schutzansatz erforderlich, der den gesamten Lebenszyklus dieser Daten im Speicher betrachtet. Dieser reicht von der Vermeidung unnötiger Speicherung sensibler Informationen, über eine sichere und kontrollierte Verarbeitung bis hin zum konsequenten und irreversiblen Löschen der Daten.

Speicherung: Minimierung der Speicherpräsenz sensibler Informationen

Eine zentrale Maßnahme zur Erhöhung der Datensicherheit besteht darin, die Verweildauer vertraulicher Informationen im Arbeitsspeicher auf das absolut notwendige Minimum zu begrenzen. Sensible Daten sollten nur dann im Arbeitsspeicher abgelegt werden, wenn dies für die unmittelbare Verarbeitung erforderlich ist, und sie sollten anschließend sofort wieder entfernt werden. So lässt sich das Risiko einer unautorisierten Extraktion durch Speicheranalyse oder forensische Verfahren reduzieren.

In der Praxis werden sicherheitskritische Informationen allerdings häufig über längere Zeiträume im Speicher gehalten, insbesondere aufgrund ineffizienter Speicherverwaltungsstrategien oder redundanter Zwischenspeicherungen. So werden beispielsweise Zugangsdaten, kryptografische Schlüssel oder personenbezogene Daten oft längerfristig in Variablen oder Datenstrukturen persistiert, obwohl sie nach Abschluss einer Transaktion nicht mehr benötigt werden.

Daher ist es essenziell, bereits bei der Architektur einer Software Mechanismen zu implementieren, die eine gezielte Reduktion der Speicherhaltedauer sicherstellen. Hierzu gehören die Nutzung speicherbewusster Algorithmen (wie die später folgenden Beispiele zeigen), die Implementierung restriktiver Caching-Strategien sowie der Verzicht auf unnötige Kopien sensibler Daten innerhalb der Softwarearchitektur.

Verarbeitung: Temporäre und geschützte Nutzung sensibler Daten

Sobald vertrauliche Daten verarbeitet werden, sollten sie ausschlieĂźlich fĂĽr die Dauer der Berechnung oder Transaktion im Speicher verfĂĽgbar sein. Eine nachhaltige Sicherheitsstrategie erfordert hierbei nicht nur eine Minimierung der Zeitspanne, in der die Daten verfĂĽgbar sind, sondern auch eine gezielte Absicherung gegen potenzielle Angriffe.

Insbesondere kryptografische Operationen sollten in geschĂĽtzten Speicherbereichen erfolgen, um sicherzustellen, dass sicherheitskritische Informationen nicht ungeschĂĽtzt im Arbeitsspeicher abgelegt werden. Der Einsatz spezialisierter Sicherheitsmodule oder isolierter Speicherbereiche kann hierbei zu effektiverem Schutz beitragen.

Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass sensible Daten während ihrer Verarbeitung nicht versehentlich in Log-Dateien oder anderen persistenten Speichern abgelegt werden. Debugging-Mechanismen und Speicheranalysen dürfen keine Möglichkeit bieten, sicherheitsrelevante Informationen offenzulegen. Die Implementierung von Zugriffsbeschränkungen auf laufende Prozesse sowie das Deaktivieren von Debugging-Funktionalitäten in produktiven Umgebungen tragen wesentlich zur Reduktion potenzieller Angriffsvektoren bei.

Löschung: Sicherstellen der irreversiblen Entfernung sensibler Daten

Ein häufig unterschätzter, jedoch sicherheitskritischer Aspekt ist die sichere und zeitnahe Entfernung vertraulicher Daten aus dem Speicher. Aufgrund der Konzepte vieler Programmiersprachen und Betriebssysteme werden nicht mehr referenzierte Speicherbereiche häufig erst durch Mechanismen wie die automatische Speicherbereinigung (Garbage Collection) freigegeben. Dies führt dazu, dass sensible Informationen potenziell über einen nicht deterministischen Zeitraum hinweg im Speicher verbleiben, selbst wenn sie aus der Perspektive der Anwendung nicht mehr benötigt werden.

Um dies zu vermeiden, sollten Entwicklerinnen und Entwickler explizite Speicherbereinigungsmechanismen einsetzen, um Speicherbereiche gezielt mit neutralen oder zufälligen Werten zu überschreiben, bevor die Ressourcen freigegeben werden. Diese Maßnahme stellt sicher, dass keine rekonstruierbaren Datenfragmente im Speicher verbleiben, die durch forensische Verfahren extrahiert werden könnten.

Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass sensible Daten nicht versehentlich in persistente Speicherstrukturen wie Protokolldateien, temporäre Dateien oder Swap-Speicherbereiche ausgelagert werden. Hierzu sind strikte Zugriffskontrollen sowie regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen notwendig, um zu gewährleisten, dass der gesamte Lebenszyklus vertraulicher Daten im Speicher adäquat verwaltet wird.