Neue Methoden zur Nanostrukturherstellung entwickelt
Die Labore für Nanowissenschaften am Deutschen Museum haben eine neue Methode entwickelt, um Nanostrukturen aus Molekülen herzustellen.
Lukas Grossmann experimentiert mit Graphit als Unterlage für die Molekül-Synthese im Nanolabor des Deutschen Museums.
(Bild: IDW / Deutsches Museum)
Ein Team von Nanowissenschaftlern hat in den Laboren des Deutschen Museums eine neuartige Methode entwickelt, um stabile molekulare Nanostrukturen auf reaktionsträgen Oberflächen herzustellen. Das Team hat die Ergebnisse dieser Arbeit jetzt in der Fachzeitschrift Angewandte Chemie International Edition veröffentlicht.
Ihr Forschungsgebiet, die On-Surface Synthesis (OSS), konzentriert sich auf das gezielte Ablegen speziell entwickelter Moleküle auf einer Oberfläche. Durch Erhitzen im Ultrahochvakuum reagieren diese Moleküle miteinander und formen Nanostrukturen. "Auf herkömmlichem Weg werden die Moleküle für solche Prozesse auf Metalloberflächen aufgebracht, die die Reaktion begünstigen, aber leider auch handfeste Nachteile mit sich bringen", sagt Markus Lackinger.
Wie der Informationsdienst Wissenschaft berichtet, wirkt im Labor des Forschungsteams am Deutschen Museum alles wie in der Werkstatt leidenschaftlicher Tüftler: Werkzeugregale füllen die Wände, auf den Tischen liegen seltsame Apparaturen, Schrauben, Zangen sowie elektronisches und mechanisches Zubehör. Ein Computerarbeitsplatz steht bereit, daneben türmen sich elektronische Bauteile aus verschiedenen Epochen.
Im Mittelpunkt befindet sich der eigentliche Versuchsaufbau – eine Vakuumkammer mit zahlreichen Leitungen und Kontrollfenstern, ergänzt durch ein Rastertunnelmikroskop als zentrales Element. Hier forschen Markus Lackinger, Leiter des Labors für Nanowissenschaften am Deutschen Museum, und sein Postdoc Lukas Grossmann.
Im Ultrahochvakuum Nanostrukturen formen
Sie setzen eigens konzipierte Moleküle auf eine Oberfläche und bringen sie dann durch Aufheizen im Ultrahochvakuum zur Reaktion, um sie miteinander zu Nanostrukturen zu verbinden. "Auf herkömmlichem Weg werden die Moleküle für solche Prozesse auf Metalloberflächen aufgebracht, die die Reaktion begünstigen, aber leider auch handfeste Nachteile mit sich bringen", sagt Markus Lackinger.
Wechselwirkungen mit dem darunterliegenden Metall beeinflussen und verändern die für Anwendungen besonders relevanten Eigenschaften der resultierenden Nanostrukturen. Die Metalle – am häufigsten Gold, Silber oder Kupfer – sorgen dafür, dass die Nanostrukturen weniger stabil sind, weil sie nicht nur die gewünschte Verknüpfungsreaktion erleichtern, sondern auch die Zersetzung der Netze und Moleküle beschleunigen. Metalloberflächen sind zudem sehr anfällig für Verschmutzung und Oxidation. Das ist kritisch, wenn die Nanostrukturen künftig außerhalb des Ultrahochvakuums, in dem sie hergestellt wurden, Anwendung finden sollen.
Vor etwa einem Jahr begannen Markus Lackinger und sein Kollege Lukas Grossmann deshalb, mit Graphit als Unterlage für die Molekül-Synthese zu experimentieren."Graphit hat für unsere Reaktion keine negative chemische Wirkung", erklärt Grossmann, "das heißt, die molekularen Nanostrukturen entstehen allein durch den Einfluss der Temperatur. So trägt auch die Graphitoberfläche nicht zur Zersetzung bei, wodurch die Nanostrukturen auf Graphit um einiges robuster sind als auf einer metallischen Oberfläche." Da die Nanostrukturen nur schwach mit der Graphitunterlage wechselwirken, könnte man künftig ihre intrinsischen Eigenschaften einfacher untersuchen und später auch nutzen.
Mehr als Gold durch Graphit ersetzen
Ganz so einfach wie die Formel "ersetze Gold durch Graphit" war es aber doch nicht: "Beim Aufheizen fehlte nun erst mal ein wichtiger Vorteil der Metalle – nämlich, dass sie die Moleküle auf der Oberfläche stark binden", sagte Lackinger. "Auf dem Graphit liegend würden sich die Moleküle mit steigenden Temperaturen sozusagen in Luft auflösen. Luft ist in diesem Fall aber der falsche Begriff, weil die Synthese normalerweise im Vakuum stattfindet."
Und genau hier fanden wir die Lösung des Problems: "Unser Trick ist, dass wir nicht im Vakuum, sondern in einer Edelgas-Atmosphäre heizen", sagt Markus Lackinger. "Die Argon-Atome halten unsere Moleküle lange genug auf der Graphit-Oberfläche, damit sie bei höheren Temperaturen miteinander reagieren können, ohne wegzufliegen." Ein weiterer Trick war, die Temperatur etwa einhundertmal langsamer als üblich zu erhöhen. Nur so bleibt den Molekülen bei der Reaktionstemperatur genügend Zeit, sich zu verknüpfen und damit zu stabilisieren.
Dafür funktioniert die Methode sogar auf Oberflächen des Wundermaterials Graphen. Dieses nur ein Kohlenstoffatom dicke, zweidimensionale Material ist noch weniger reaktiv und aufgrund exotischer Eigenschaften besonders reizvoll für die Wissenschaft: "Kovalente molekulare Nanostrukturen auf Graphen könnten der Ausgangspunkt für die Herstellung und Erforschung neuartiger elektronischer Bauelemente aus molekularen Nanostrukturen sein", meint Markus Lackinger.
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Lackinger beschreibt das Hochheizen in Edelgas als "molekularen Schnellkochtopf". Mit der Veröffentlichung ihrer Ergebnisse in der Fachzeitschrift Angewandte Chemie International Edition liefern die Wissenschaftler eine mögliche Grundlage für weitere Forschungsarbeiten anderer Arbeitsgruppen. Zunächst wollen sie ihre Methode jedoch selbst weiter erproben und in den Laboren des Forschungsmuseums auf der Münchner Museumsinsel mit anderen Molekülen testen.
(usz)