Geheimdienste brauchen KI für Auswertung von Datenbergen
Geheimdienste können nach Sicht von Vertretern des Geheimdienstes ohne Automatisierung und KI nur schwer etwas mit den angesammelten Datenbergen anfangen.
(Bild: vs148/Shutterstock.com)
Ohne Automatisierung und künstliche Intelligenz können Geheimdienste ihrer Datenberge nicht mehr Herr werden. Das sagte Kaupo Rosin, Chef des estnischen Geheimdienste, während einer nächtlichen Sitzung von drei Geheimdienstvertretern bei der Münchner Sicherheitskonferenz.
Bei einem Audit der Datensammlungen des estnischen Geheimdiensts habe dieser vor einiger Zeit festgestellt, dass viele der fleißig angesammelten Daten noch niemals von einem Analysten angefasst wurden. Ohne Machine Learning und KI geht nichts mehr in der Geheimdienstarbeit, sagte Rosin. "Manuell ist die Auswertung der Daten nicht mehr zu schaffen". Man arbeite daher intensiv an Werkzeugen, Muster und Trends in den Daten zu erkennen, "und wer werden dabei besser", so Rosin.
Technologie-Organisationen
"Mittlerweile betrachten wir uns schon als eine Technologieorganisation", sagte er im Bayerischen Hof. Wer auf diesen Zug noch nicht aufgesprungen sei, sei praktisch verloren, sagte Rosin. Die oft gehörte Nennung hybrider Bedrohungen sei ihm zu schwammig und verstelle den Blick auf die etwa von Russland eingesetzten Mittel: klassische Spionage, Cyberangriffe durch gedungene kriminelle Gruppen, Sabotage, Mord und Brandstiftung.
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Seine Kollegin Nozuko Gloria Bam, Generaldirektorin der State Security Agency, sagte, die Analyse durch Menschen bleibe das Rückgrat der Geheimdienstarbeit. "Künstliche Intelligenz ist natürlich eine Realität," sagte sie. Ohne Big-Data-Ansätze sei die Produktion von Analysen in Echtzeit kaum zu schaffen.
Auch in ihrer Behörde werde daher überlegt, wie man Mitarbeiter entsprechend schule und wie man junge Mitarbeiter mit entsprechenden Fähigkeiten als Ergänzung zu den "Dinosauriern" anwerben könne. Ein Problem für Bam ist laut ihrer Aussage das schmale Budget ihrer "kleinen Behörde". Dies zwinge auch dazu, stärker auf die Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen zu setzen.
Ein ehemaliger Mitarbeiter eines israelischen Dienstes warnte, die einseitige Abhängigkeit der israelischen Dienste von der Technologie sei möglicherweise der Grund für das Versagen im Vorfeld des Hamas-Angriffs vom 7. Oktober gewesen. Warum auch gut ausgestattete Dienste sich bei der Analyse der russischen Pläne bezüglich der Ukraine bis zuletzt geirrt haben, rührt laut Rosin dabei nicht von der Bevorzugung einer bestimmten Geheimdiensttechnik.
"Manche haben den Angriff korrekt vorhergesagt, andere haben sich geirrt, aber sie haben sich mit guten Gründen geirrt", sagte der Este. Geirrt hätten sich vor allem die, die vom Aggressor bereitgestellten Mittel zur Grundlage ihrer Beurteilung gemacht hätten, und nicht die Absichten. Zudem bedürfe es der richtigen Quellen in der russischen Administration. "Das russische System ist riesig, aber die meisten Personen in den Ministerien wissen nichts." Geht es nach Rosin sollten die Dienste künftig übrigens aggressiver vorgehen und auch selbst "active measures", also Operationen gegen den Gegner, unternehmen.
Neue Geheimdienstbericht zu russischen Übungen
Mittlerweile liegen bei einzelnen Diensten Informationen vor, dass Russland Militärübungen in Weißrussland und damit an den Grenzen zu den baltischen Staaten plane. Laut James Droxford, einem ehemaligen Navy and Intelligence Agenten, hat der dänische Auslandsgeheimdienst FE vor knapp einer Woche einen Bericht vorgelegt, laut dem Russland nach dem Kalten Krieg abgeschaltete Verbindungen für die Kommunikation mit Schiffen der russischen Flotte reaktiviert hat. Die Dienste müssen erneut bewerten, ob dahinter mehr als nur eine Machtdemonstration steckt.
(mack)