Buchkritik: Fünf unlösbare Rätsel der Mathematik von Edmund Weitz
Die Mathematik zeigt ihre Grenzen: Auf einem geschichtlichen Streifzug stellt Edmund Weitz klassische Denkprobleme vor, die sich beweisbar nicht lösen lassen.
- Dr. Harald Bögeholz
Die Quadratur des Kreises ist als Sinnbild für das Unmögliche in die Sprache eingegangen: Es geht darum, dass sich eine Kreisfläche nicht geometrisch in ein exakt gleich großes Quadrat überführen lässt. Ähnliches Gedankenflattern kann die Frage erzeugen, wo parallele Geraden aufeinandertreffen. Der Mathematik- und Informatikprofessor Edmund Weitz, der zugleich eifriger YouTuber mit mehr als 2200 Videos und über 62.000 Followern ist, beschäftigt sich bei seinem Streifzug durch die Geschichte seines Fachs mit solcherlei beweisbar nicht zu lösenden Problemen. Fünf davon genügen ihm, um einen Bogen von der Antike bis ins 20. Jahrhundert zu spannen.
Weitz kommt in seinem vorwiegend erzählenden Buch mit erstaunlich wenig Mathematik aus. Es geht um Denker und darum, welche Ideen sie im Laufe der Jahrtausende entwickelt haben. Darum, wie Mathematiker erst ein Instrumentarium aufbauen mussten, um neue Blickwinkel auf die alten Probleme zu finden. Und um tragische Schicksale: So schrieb der 20-jährige Évariste Galois am Vorabend des 30. Mai 1832 einen Brief, mit dem er die heutige Gruppentheorie begründete – und kam dann in einem Duell zu Tode.
Vieles haben mehrere Leute unabhängig voneinander zu verschiedenen Zeiten entdeckt, es wurde vergessen und wiederentdeckt. Im Italien des 16. Jahrhunderts war es üblich, mathematische Erkenntnisse für sich zu behalten. Nicht Publikationslisten bestimmten den Ruhm eines Mathematikers, sondern es gab öffentliche Duelle, in denen die Gelehrten einander Aufgaben stellten; wer mehr davon lösen konnte, gewann Geld, Reputation oder beides. Und so heißen die Cardanischen Lösungsformeln für kubische Gleichungen nicht nach Tartaglia, der die von ihm entdeckte Methode geheim hielt und für den Showeffekt nutzte, sondern nach Cardano, der unter dem Siegel der Verschwiegenheit eingeweiht wurde, sie weiterentwickelte und zehn Jahre später publizierte.
Mathematiker werden nach der Lektüre des Buchs manches noch genauer wissen wollen und bekommen dafür eine ausführliche Literaturliste. Interessierte Laien erhalten eine sehr gute Idee davon, mit welchen Argumenten die Unlösbarkeit der fünf klassischen "Rätsel" zu begründen ist.
Edmund Weitz
Fünf unlösbare Rätsel der Mathematik
Wie sich eine Wissenschaft selbst die Grenzen aufzeigt
- Rowohlt, Hamburg 2025
- ISBN 978–3499014260
- 272 Seiten, 15 €
- (Epub-/Kindle-E-Book: 10 €)
(psz)