Smartphone-Versorgung aus der Luft: Deutsche Telekom wartet nicht auf Starlink
Die prestigeträchtige Mobilfunkversorgung per Starlink überlässt die Telekom vorerst ihrer T-Mobile-Tochter in den USA und zieht ein Ass aus dem Ärmel.
(Bild: Symbolbild eines Satelliten (Bild: Andrey Armyagov/Shutterstock.com))
Die Deutsche Telekom hat am 20. Februar ihre Strategie zur Mobilfunkabdeckung unversorgter Gebiete im Rahmen eines Workshops für Medien vorgestellt. Der Kern des halbstündigen Vortrags lautete schlicht: Die Telekom möchte in Europa die Smartphones ihrer Kunden derzeit nicht über Starlink-Satelliten an ihr irdisches Netz ankoppeln, sondern denkt über andere Wege nach.
Das kommt für viele Kunden vermutlich unerwartet, denn eigentlich führt an modernen Satelliten kein Weg vorbei, wenn es darum geht, Smartphones, die sich gerade in Funklöchern befinden, an irdische Mobilfunknetze anzukoppeln. In den USA hat die Telekom-Tochter T-Mobile vor Kurzem erst einen öffentlichen Beta-Test gestartet.
WĂĽsten, Berge und Meere ohne Kabel vernetzt
Das Projekt ist noch nicht ganz fertig. Vorreiter Starlink bringt weiterhin mehrmals im Monat neue Satelliten in niedrige Erdumlaufbahnen (Low Earth Orbit, LEO). Viele andere Unternehmen arbeiten fieberhaft an ähnlichen Satelliten-Konstellationen, beispielsweise AST SpaceMobile in Kooperation mit Vodafone. Das ist zwar teuer, aber die gürtelartig um den Planeten gespannten Satelliten-Schwärme leuchten so gut wie jeden Winkel der Erde aus. So lassen sich auch Wüsten und Gebirge abdecken, die aus Kostengründen kaum jemals eine Basisstation bekommen werden. Den Netzbetreibern ist der Aufwand schlicht zu hoch, um in großen unbewohnten Gebieten Kabel für die Stromversorgung und Vernetzung zu verlegen. Auf hoher See klappt das erst recht nicht und womöglich kommen die Satellitenbetreiber erst durch die Versorgung von Schiffsbesatzungen und -passagieren auf ihre Kosten.
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Da liegt es für die Deutsche Telekom eigentlich nahe, den Starlink-Dienst auch in Deutschland zu nutzen. Doch in nächster Zeit sei das nicht zu erwarten. Der Grund ist einfach, eine Lösung aber nicht: Um gewöhnliche Smartphones mit Mobilfunksignalen zu versorgen, müssen die meisten Mobilfunknetzbetreiber den Satellitenbetreibern irdische Frequenzen zur Verfügung stellen (Apple-Partner Globalstar hat eigene, weltweit nutzbare Frequenzen). Das klappt in den USA beim Zusammenspiel der Telekom mit Starlink ohne Weiteres. In Europa und überhaupt auf Kontinenten mit kleinen Flächenstaaten geht das aber nicht, weil Netzbetreiber aufgrund von unterschiedlichen länderspezifischen Funkregulierungen in Nachbarstaaten verschiedene Frequenzen verwenden. Das ist bei der Telekom beispielsweise in Deutschland und Österreich der Fall und (unter anderem) deshalb gibt es beim Grenzübertritt mit Zug oder Auto kurze Versorgungsaussetzer, wenn Smartphones von einem Netz zum anderen wechseln.
Funklöcher im Grenzstreifen
Bei der Funkversorgung aus dem Orbit wird der Aussetzer laut der Telekom wesentlich länger, weil sich die Ausleuchtzonen der Satelliten nicht überlappen dürfen, sondern sogar rund 50 Kilometer Sicherheitsabstand einhalten müssen. Oder anders gesagt: Die Starlink-Satelliten lassen einen rund 50 Kilometer breiten Grenzstreifen unversorgt. Damit erscheint der Starlink-Dienst für die Telekom gemessen an den Kosten unattraktiv, und sie arbeitet an anderen Lösungen. Prinzipiell eignen sich dafür beispielsweise High Altitude Platforms (HAP), die aus der Stratosphäre herabfunken. In der nächsten Zeit kommen HAPs jedoch nicht infrage, so eine Sprecherin der Telekom. Welche der diversen Möglichkeiten der Konzern einsetzen möchte, erläutert er in einer separaten Meldung, die für den 21.02.2025 angekündigt ist.
In den USA sind die Voraussetzungen für die Starlink-Versorgung jedoch weit günstiger. Das Land ist ohnehin zu nur rund 60 Prozent mit irdischem Mobilfunk abgedeckt, sodass die dortigen Netzbetreiber viel Geld sparen, wenn sie die übrigen 40 Prozent auf einen Schlag mittels Satelliten abdecken. Außerdem haben die USA im Verhältnis zur Fläche weit kürzere Grenzverläufe als europäische Staaten. Gut Lachen haben auch jene Mobilfunkbetreiber, die Inselstaaten versorgen: Sie haben in der Regel keine direkten Nachbarn und können Dienste wie die von Starlink ohne besondere Vorkehrungen nutzen. Dazu gehört beispielsweise die Vodafone in Großbritannien. Das erklärt, weshalb Vodafone den Satellitendienst von AST SpaceMobile dort noch in diesem Jahr einführen dürfte.
Erweiterte Funkregulierung in weiter Ferne
Für die EU muss man aber auf einen längeren Prozess der Funkregulierung warten (womöglich bis 2028), der eine Lösung für den grenznahen Betrieb bringt. Und die Regulierer müssen auch ausknobeln, wie die von Satelliten genutzten irdischen Frequenzen vor Störungen durch benachbarte Funkdienste geschützt werden sollen, beziehungsweise, wie die Sat-Betreiber benachbarte Dienste schützen müssen. Beides ist in Europa bisher nur für den Betrieb auf der Erdoberfläche geregelt, in den USA hat die dortige Federal Communications Commission bereits eigene Richtlinien herausgegeben.
(dz)