c’t-Story: Das Portal
Jüngere Generationen tun gut daran, nicht zu laut über die Alten zu spotten, die sich durch moderne Technik bisweilen leicht verängstigen lassen.
(Bild: KI / Collage: c’t)
- Gerd Schmidinger
(Bild: KI / Collage: c’t)
Sibylle stand am Ufer des Flusses, an dem sie aufgewachsen war. Kaum nahm sie die dunklen Wogen wahr, die kleine Fische, Äste und Nährstoffe mit sich trugen. Oft hatte sie als Kind hier gestanden, voll dunkler Ahnung und Sehnsucht – ja, nach was eigentlich? Hatte sie es gefunden?
Sie blickte auf das leuchtende Gerät, das in ihrer Hand zitterte. Ihre Enkel hatten es ihr vor Jahren geschenkt. „Ein Smartphone“, hatte Lucas gesagt und dabei freundlich, aber auch leicht herablassend gelacht. Musste eigentlich alles immer wieder den Namen wechseln?, war ihr damals durch den Kopf gegangen. Es hätte doch gereicht, es weiter mit diesem auch noch gar nicht so alten Ausdruck „Handy“ zu bezeichnen. Aber nein, „Smartphone“ musste es heißen. Sie fand, Lucas hatte keine Veranlassung gehabt, so hämisch zu grinsen, als sie versuchte, das neue Wort auszusprechen. Anders als er hatte sie nie Englisch gelernt. Und wenn sie an sein letztes Zeugnis dachte, hatte er auch keinen besonderen Grund, auf sein Englisch stolz zu sein. Sie hatte ihm trotzdem einen Fünfziger zugesteckt. „Smartphone“. Sie hatte sich überraschend schnell daran gewöhnt, an das Smartphone. Schließlich war es immer da, seit damals, im Gegensatz zu ihren Enkeln.
Zuerst hatte sie nicht recht gewusst, was sie damit anfangen sollte. Hatte es im Grunde nur als Telefon benutzt. Doch dann, bei einem Doppelkopfabend mit ihren Freundinnen, kam das Gespräch auf das Portal. Hilde zeigte ihr, was man alles damit machen konnte. Zunächst musste man ein Profil anlegen. Das war ein bisschen kompliziert, aber Hilde half ihr dabei. Dort konnte sie Fotos von Hilde sehen und von deren Enkeln. Ob sie auch Fotos von ihren eigenen Enkeln zu sehen bekäme? „Das kommt darauf an, ob sie auch ein Profil auf dem Portal haben“, hatte Hilde gesagt und gegrinst. „Lasst uns mal nachsehen!“
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