iPad und Co pushen Nachfrage nach digitalen Büchern
Multimediale Alleskönner wie Tablet-PCs und Smartphones machen E-Books interessant für Handel und Kunden. Und die Verlage erweitern endlich ihr Titelangebot. Was also spricht für E-Book-Reader?
Der stylische Apple iPad macht Lust auf digitale Bücher.
(Bild: Apple)
Bereits vor 20 Jahren wurden die ersten Lesegeräte für elektronische Bücher entwickelt. Aber erst jetzt kommt der deutsche Markt für E-Books so richtig in Fahrt. Die Consultants von Kirchner + Robrecht bezifferten den Absatz von E-Books in Deutschland für die Jahre 2009 und 2010 gerade einmal auf 1,5 Millionen Stück. Innerhalb der nächsten fünf Jahre soll der Verkauf jedoch schon auf über 60 Millionen Titel hochschnellen. Und das Marktforschungsunternehmen The Boston Consulting Group erklärte kürzlich: E-Book-Reader und Tablet-PCs werden zu den MP3-Playern dieses Jahrzehnts. Das Unternehmen hatte im März knapp 13 000 Webnutzer, auch aus Deutschland, befragt, wie sie zu diesen Produkten stehen. Das Ergebnis ist erfreulich. So planen 49 Prozent aller Befragten den Kauf eines E-Readers oder Tablets innerhalb der kommenden drei Jahre. 90 Prozent dieser Kaufinteressierten wollen mit dem Gerät Bücher lesen, 80 Prozent planen auch Zeitungen und Zeitschriften zu lesen. Soweit die gute Meldung, denn zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) wollen mit den Geräten auch im Web surfen, E-Mails bearbeiten, Videos ansehen, Musik hören. Nur 24 Prozent interessierten sich für einen dedizierten E-Reader allein zum Lesen.
Da jedoch laut Umfrage der akzeptierte Preis bei etwa 200 Euro für so ein Gerät liegt, können Tablet-PCs vielleicht den Markt anschieben, nicht aber von jetzt auf gleich die E-Books verdrängen. Zudem verfügen die aktuellen E-Reader-Modelle über attraktive Zusatzfunktionen wie MP3-Player, Bildabspieler, Diktier- sowie Schrifterkennungsfunktion und oftmals WLAN und UMTS. Weitere Vorteile: die Geräte wiegen je nach Größe 190 bis 300 Gramm, eine Akku-Ladung reicht aus um 7000 Seiten umzublättern und die e-Ink-Technologie ermöglicht auch bei direktem Sonnenschein komfortables Lesen wie in einem Buch. Die meisten bieten 800 mal 600 Bildpunkte bei 200 dpi, so dass die Darstellung recht scharf und Augen schonend ist.
Das Android-basierte „Archos 7 Home Tablet“ bietet ein 7-Zoll-Display und kann auch HD-Filme abspielen.
(Bild: Archos)
E-Book-Reader werden derzeit in drei Größen angeboten. Mini-E-Reader mit einem 5-Zoll-Display eignen sich besonders für reisende Leseratten, die ein möglichst kleines und leichtes Gerät bevorzugen. Unter 200 Euro bieten einige Hersteller wie BeBook, Bookeen, Ectaco, Hanvon, Pocketbook und Sony handliche E-Book-Reader mit Zusatzfeatures, wie einem Musik-Player oder Diktierfunktion, an.
Die Standard-E-Reader mit 6-Zoll-Display werden unter anderem auch von Hexaglot, Hanvon, iRiver, Txtr, Eco Reader und Cool-ER angeboten. Sie bieten eine Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten. Für die E-Book-Lektüre, um Notizen zu erstellen oder Memos aufzunehmen, als Taschenkalender oder zum Surfen im Web. Neben einem integrierten Speicher von 512 MByte bis 2 GByte verfügen alle Geräte über SD-Slots, so dass das Speichervolumen auf über 32 GByte erweitert werden kann. Einige wenige Produkte wie der Sony Touch-Reader PRS-600 oder das Pocketbook 302 können auch per Touchoberfläche bedient werden. Je nach Ausstattung steigt aber auch der Preis auf bis zu 300 Euro.
Zum Arbeiten sowie zur originalgetreuen Anzeige von großformatigen Dokumenten (DIN A4) eignen sich Profi-E-Reader, die mit 1200 mal 825 Pixel arbeiten. Deren Display ist 9 bis 12 Zoll groß. Beispiele: Der Kindle DX von Amazon kostet 489 Dollar und der Fusion Garage Joo Joo (12 Zoll) wiegt massige 1,2 Kilogramm. Demnächst bringt Brother die beiden 9,7-Zoll-Modelle SV-70 und SV-100B auf den Markt.
Steigende E-Book-Auswahl
Das Asus Eee Tablet ermöglicht handschriftliche Notizen. Preis und Markteinführung in Deutschland sind noch nicht bekannt.
(Bild: Asus)
Lange Jahre zierten sich die Verlage, ihre Bücher auch in digitaler Form anzubieten. Die Angst war zu groß, dass durch unkontrolliertes Kopieren die Umsätze einbrechen könnten. Der Druck des Marktes, vor allem in den USA, sowie entsprechende Schutzmechanismen wie Digital Right Management (DRM) weichen nun langsam die Fronten auf. Mittlerweile bieten etablierte Verlage wie Droemer Knaur, Meyer, Goldmann, Heyne und Lübke weit über 200 000 deutschsprachige Titel als E-Books an – auch brandaktuelle Bücher. Die digitalen Bücher sind ebenso wie die gedruckten der Preisbindung unterworfen, werden aber in der Regel bundesweit rund 20 Prozent günstiger angeboten als die gebundenen.
Vertrieben werden die E-Books von bekannten Buchhändlern wie Hugendubel, Libris, Libreka und Thalia sowie zahlreichen neuen E-Book-Anbietern wie Bookland oder ciando. Alle haben ihr E-Book-Angebot in kürzester Zeit massiv erweitert. Zudem haben diese Unternehmen passenderweise auch E-Book-Reader im Sortiment und bewerben diese aktiv. So pusht Hugendubel neben den Sony-Readern aktuell den neuen iRiver Story auf seiner Homepage sowie in seinen stationären Buchläden. Aber auch die klassische Distribution hat die E-Book-Reader schon längst im Angebot für den traditionellen CE- und IT-Fachhandel. So vertreibt beispielsweise Actebis Peacock, die Produkte von Hanvon, iriver und Sweex.
Der iRiver Story wird unter anderem von Hugendubel und Actebis Peacock angeboten.
(Bild: iriver)
Auch der Suchmaschinen-Gigant Google will Millionen Bücher in digitaler Fassung im ePUB-Format verfügbar machen, meist jedoch ältere Werke, deren Urheberrechte abgelaufen sind. Ebenfalls weitverbreitete Formate sind PDF und Mobipocket. Hinzu kommt AZW, das proprietäre Dateiformat von Amazon, das ausschließlich von Kindle-Geräten gelesen werden kann. Demnächst soll es auch eine App für Apples iPhone und iPad geben.
Fachhändler, die E-Books und Lesegeräte (Reader, Tablets, Smartphones oder Netbooks) ins Angebot nehmen, sollten deshalb darauf achten, dass letztere möglichst viele Formate unterstützen, und zwar sowohl mit als auch ohne DRM. Denn sonst kann es passieren, dass ein Gerät legal gekaufte E-Books nicht erkennt.
Dieses Problem kann zum Beispiel entstehen, wenn E-Books im ePUB-Format auf einem iPad oder iPhone abgespielt werden sollen. Laut Apple, können diese Geräte sehr wohl ePub-Formate lesen. Das gelingt jedoch nur, wenn sie DRM unterstützen und wenn die E-Books über die Apple-eigene Software iTunes beziehungsweise über spezielle Apps eingespielt werden. So verweisen Anbieter wie Hugendubel grundsätzlich darauf, dass E-Books für Apple-Produkte nur über das entsprechende App aber nicht direkt auf der Hugendubel-Seite downgeloaded werden müssen.
Sony bietet ein breites Produktspektrum nebst Zubehör wie Ledertaschen.
(Bild: Sony)
Diese Probleme haben die Konkurrenzprodukte Neofonie WeTab, das 7-Zoll-große Archos Home Tablet sowie das umfassende Angebot an klassischen E-Book-Readern nicht. Andererseits animieren das Apple iPad sowie weltweit bekannte E-Book-Reader wie der Kindle von Amazon die Wettbewerber zu Alternativangeboten.
Auf der Computex 2010 waren neben Internet- und 3D-TVs deshalb vor allem Tablet-PCs und E-Book-Reader die Stars. Unternehmen wie Viewsonic, Asus, Acer, Aiptek und Samsung zeigten erstmals ihre Neuheiten. Für die IFA in Berlin werden zahlreiche Modelle auch für den deutschen Markt erwartet.
Asus nimmt den Wettbewerb mit dem iPad sehr ernst. Neben dem E-Book-Reader Eee Tablet zeigte das Unternehmern zwei Versionen des Eee Pads (10 und 12 Zoll), die als Multimedia-Player, Kompaktcomputer und E-Reader dienen und, wie das Unternehmen mit Blick auf Apples iPad betont, problemlos zu Multitasking in der Lage sind. Die Akkulaufzeit beträgt bis zu zehn Stunden
Der LumiRead 600 von Acer ähnelt hingegen dem Amazon Kindle: 6-Zoll-Display mit E-Ink-Technik, kleine Tastatur und ein paar Steuertasten, das ganze im flachen und schicken Alugehäuse. Die Version mit WLAN wiegt 250 Gramm, die mit zusätzlich UMTS bringt 35 Gramm mehr auf die Waage.
Ulrike Goreßen, Fachjournalistin
Kommentar
Warum sollte jemand einen E-Book-Reader kaufen, wenn es doch so tolle, vielseitig einsetzbare Tablet-PCs gibt? Sicher, iPad und Co sind schick, vielseitig einsetzbar und tun einiges fürs Nutzerimage. Andererseits sind sie deutlich teurer als klassische E-Book-Reader und selbst der beste Akku eines Tablets kommt nicht an die lange Laufzeit eines reinen Readers heran. Zudem ist die eInk-Technologie genau auf die Bedürfnisse des Buchlesers abgestimmt. Und so sollte auch das Portfolio eines Händlers aussehen. Denn nicht jeder Kunde will die neueste digitale Eier legende Wollmilchsau besitzen. Viele Anwender bevorzugen Produkte, die genau auf eine bestimmte Anwendung optimiert sind und die sie ohne stundenlanges Studieren des Benutzerhandbuchs sofort nutzen können. Warum also nicht beides anbieten?