Akquise abgeschlossen: IBM gliedert HashiCorp in seine Softwaresparte ein
Unter dem Dach von IBM Software sollen die HashiCorp-Produkte das Portfolio an Automatisierungssoftware erweitern und neue Synergien erschlieĂźen.
(Bild: LCV/Shutterstock.com)
- Dr. Udo Seidel
Für HashiCorp, das Unternehmen hinter populären Security- und Infrastruktur-Management-Werkzeugen wie Vault und Terraform, beginnt ein neues Kapitel in seiner Firmengeschichte: das unter dem Dach von IBM. Vor knapp einem Jahr kündigte IBM an, sich ernsthaft mit dem Kauf von HashiCorp zu beschäftigen – wenige Stunden später kam die Bestätigung, dass dies tatsächlich stattfindet. Prinzipiell war im April 2024 auch schon alles in trockenen Tüchern. Die formellen Prozesse hinter einer Firmenübernahme dauern aber auch schon mal ein paar Jahre. Im Fall von IBM und HashiCorp ist die Akquisition nun aber offiziell abgeschlossen, wie Armon Dadgar in einem Blogbeitrag unterstreicht. Damit reiht sich die einst von Mitchell Hashimoto und ihm gegründete Firma HashiCorp in die vielen Akquisitionen des IT-Giganten IBM ein. Die populärsten aus der jüngeren Vergangenheit sind Apptio und natürlich Red Hat.
Welche Rolle spielt HashiCorp im IBM-Konzern
Doch was bedeutet dies für das HashiCorp-Ökosystem und seine Anwenderinnen und Anwender? Dazu gilt es, verschiedene Aspekte zu betrachten. Zunächst stellt sich die Frage, wie IBM mit dem ganzen Konstrukt der Firma HashiCorp umgeht? Big Blue könnte dem oft zitierten "Red-Hat-Weg" folgen, wobei die ursprüngliche Firma – zumindest von außen betrachtet – weitestgehend erhalten bleibt. Warum sollte man auch ein erfolgreiches Modell ändern? Noch heute existiert das Red-Hat-Logo, die Produkte und es finden weiterhin Red-Hat-Veranstaltungen statt. Darüber hinaus gibt es bei IBM aber auch zusätzliche Angebote, die auf dem Wissen, der Kompetenz und der Software des Linux-Distributors basieren.
Videos by heise
Auf der anderen Seite ist es ebenso vorstellbar, dass IBM die übernommene Firma vollständig integriert und die HashiCorp-Identität erlöschen lässt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist noch nicht klar, welche Richtung der IT-Gigant einschlägt. Der "Red-Hat-Weg" erscheint empfehlenswert – hat aber auch seine Herausforderungen.
Eine gewichtige Rolle dabei könnte Terraform spielen, ein Infrastructure-as-Code-Tool (IaC), das sich als Standard für die automatisierte IT-Infrastruktur-Provisionierung etabliert hat. Damit ist HashiCorp groß und bekannt geworden. Gerade in diesem Umfeld sorgte allerdings 2023 der lizenztechnische Richtungswechsel für sehr viel Unruhe im Open-Source-Lager, als HashiCorp verkündete, sich für Terraform & Co. von der Mozilla Public License 2.0 (MPL 2.0) zu verabschieden. Seit dem gilt die weniger freizügige Business Source License (BSL) 1.1. Diese Diskussion hat sich seit der Bekanntgabe der IBM-Übernahme leider nicht weiterentwickelt, allerdings den von der Linux Foundation adoptierten Terraform-Fork OpenTofu befeuert. IBM muss sich hier nun noch klar positionieren und die Weichen für die endgültige Entscheidung stellen, ob HashiCorp den "Red-Hat-Weg" geht oder nicht.
Ausschlaggebend dabei könnte sein, dass HashiCorp schon immer deutlich mehr war als Terraform. Über das IaC-Tool hinaus, hat das Unternehmen noch eine Reihe weiterer wichtiger Werkzeuge für IT-Fachleute im Portfolio, darunter etwa Vault. Die einfache Verwaltung von Passwörtern und vergleichbaren Secrets ist bereits seit Mitte der 2010er Jahre ein wichtiges Thema, das mit dem Zero-Trust-Zug noch mehr Fahrt aufgenommen hat. Mit Vault haben IT-Verantwortliche eine Plattform an der Hand, die von vielen Softwareherstellern unterstützt wird und die sich sogar unabhängig vom gewählten Cloud-Dienstleister nutzen lässt. Das macht Vault nach Ansicht einiger Experten zu den eigentlichen Kronjuwelen von HashiCorp – und ist eine weitere Erklärung für IBMs Interesse an dem Unternehmen.
Die konkrete Zukunft bleibt offen
Doch auch nachdem die Übernahme nun formell abgeschlossen wurde, ist die konkrete Strategie unklar. Während Armon Dadgar in seiner Ankündigung davon spricht, dass HashiCorp und die IBM-Führung einer gemeinsamen Vision folgen, bleibt er bei der Umsetzung vage: HashiCorp werde als Abteilung von IBM Software "mit demselben Auftrag, aber auf einer größeren Bühne weiterarbeiten". Mitchell Hashimoto und er verfolgten dabei weiterhin das Ziel, HashiCorp-Software in jedes Rechenzentrum zu tragen. Auf der Agenda stehen dazu unter anderem eine engere Anbindung von Terraform und Vault an IBMs KI-unterstütztes Automation-Software-Portfolio, zu dem auch Ansible und OpenShift von Red Hat zählen.
Fest steht damit, dass sich die Verantwortlichen nun wieder auf die wichtigen Themen konzentrieren können. Dazu gehören Lizenzen, Softwarevertrieb, Betriebsmodelle, existierende und potenzielle neue Anwendungsfälle sowie die Positionierung im Markt. Es bleibt zu hoffen, dass IBM respektive die HashiCorp-Abteilung auf alle offenen Fragen zügig Antworten liefern kann.
(map)