Oberstes US-Gericht schließt Softwarepatente nicht kategorisch aus

Der US Supreme Court hat im Bilski-Fall die Entscheidung der niederen Instanz bestätigt, wonach die zum Patent eingereichte Geschäftsmethode nicht schutzwürdig ist. Die vom Berufungsgericht aufgestellten Ausschlusskriterien bestätigte das Gericht aber nicht generell.

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Der Oberste US-Gerichtshof hat im viel beachteten Fall des US-Programmierers Bernard Bilski die Entscheidung der niederen Instanz bestätigt, wonach die von Bilski zum Patent eingereichte Geschäftsmethode nicht schutzwürdig ist. Der nun endgültige abgewiesene Patentantrag ziele darauf ab, "abstrakte Ideen" zeitlich beschränkt zu monopolisieren, begründet die Mehrheit der Verfassungsrichter das lange erwartete Urteil (PDF-Datei). Die Richter halten zugleich fest, dass das US-Patentgesetz die Vergabe von Patenten auf Geschäftsmethoden oder Software nicht "kategorisch" ausschließe. Von einem Grundsatzurteil kann so keine Rede sein, da es das Gericht bewusst unterlässt, Schranken für die Patentierbarkeit zu verdeutlichen.

Bilski und sein Partner Rand Warsaw hatten einen Patentschutz für ein Verfahren beansprucht, mit dem Schwankungen in der Verbrauchernachfrage nach allgemein verfügbaren Gütern wie Energie vorhergesagt werden können. Das Patentamt hatte den Antrag zurückgewiesen, da er als rein ökonomisches Verfahren ohne expliziten Bezug zur Technik nicht schutzwürdig sei. Das Berufungsgericht in Washington bestätigte die Ablehnung im Herbst 2008 nicht nur, sondern stellte auch ein zweiseitiges Testverfahren zum Ausschluss von Monopolansprüchen auf Geschäftsmethoden und "reine" Software auf. Demnach müssen patentierbare Programme oder Verfahren auf eine spezielle Maschine oder einen Apparat bezogen sein oder einen bestimmten Gegenstand in einen anderen Zustand oder eine andere Sache umwandeln.

Im Gegensatz zum Kern der Berufungs-Entscheidung trägt der Supreme Court diesen "Maschinen- oder Transformationstest" nicht als "alleiniges" Mittel zur Bewertung der Schutzwürdigkeit einer "prozessbasierten Innovation" mit. Im Gegenteil wirft er der niederen Instanz vor, hier zu viel in die Rechtslage hineininterpretiert zu haben. So beinhalte das Patentgesetz in Paragraph 101 keinen Ausschluss des Begriffs "Prozess", mit dem man Geschäftsmethoden von vornherein den Patentschutz absprechen könnte. Vielmehr werde darin jeder "nützliche Prozess" genauso wie eine entsprechende Maschine unter Berücksichtigung weiterer Kriterien wie dem der Neuheit als prinzipiell patentierbar ausgegeben. Ferner werde in Paragraph 273 explizit von der Schutzwürdigkeit auch von "Methoden" gesprochen.

Ganz ablehnen will der Oberste Gerichtshof den Ausschlusstest aber auch nicht, auch wenn dieser ihm eher fürs "Industrie-" als für das "Informationszeitalter" geeignet scheint. Er "könne ein nützliches und wichtiges Untersuchungswerkzeug darstellen", heißt es in der Begründung. Man wolle Berufungsgerichte auf keinen Fall davon abhalten, Kriterien zu bestimmen, welche die Ziele des Patentgesetzes verdeutlichen, solange sie im Einklang mit dem Grundtext stünden. Generell werde mit dem Internet die Innovationskraft auf immer mehr Hände verteilt, das den Patentschutz vor Herausforderungen stelle. Dafür müsse ein angemessener Ausgleich zwischen dem Schutz von Erfindern und den Interessen von Anwendern gefunden werden, wozu dieses Urteil aber keinen Beitrag leiste. Da der Patentantrag aufgrund seiner Breite eindeutig zu verwerfen gewesen sei, sei es für das Gericht nicht nötig gewesen, eigene Kriterien für einen schutzwürdigen "Prozess" auszuarbeiten.

Eine abweichende Meinung vertritt der Richter John Paul Stevens, der mit der Sommerpause aus dem Amt scheidet. Der Liberale betont in seinen Ausführungen, für die er die Unterstützung dreier von acht Kollegen erhalten hat, dass der Mehrheitsbeschluss den Begriff "Prozess" aus dem Patentgesetz im Verständnis von "Laien" und nicht im Blick der Entwicklung des Patentrechts aufgefasst habe. Es sei falsch, eine Abfolge von Schritten, die nicht an sich eine abstrakte Idee umreiße, bereits als prinzipiell patentierbares Verfahren einzuschätzen. Der zu verhandelnde Anspruch beziehe sich auf eine allgemeine Methode für Geschäftstransaktionen, die nicht schutzwürdig sein dürfe. Die Mehrheitsmeinung verabsäume es zudem, eine Vorstellung zu beschreiben, was eine nicht patentierbare abstrakte Idee sei. Nicht zuletzt stelle sie zu sehr auf das Neuheitskriterium ab. Insgesamt plädiert Stevens dafür, das Patentgesetz auf seine "historischen und verfassungsgemäßen Wurzeln" zu stellen. (vbr)