Forscher drucken funktionsfähige künstliche Muskeln mit 3D-Drucker

Künstliche Muskeln können etwa Stellmotoren ersetzen oder in der Medizin verwendet werden. Die Herstellung ist jedoch nicht einfach.

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Eine Hand hält einen 3D-gedruckten Muskel-Aktuator

Der Aktuator auf Basis künstlicher Muskeln kann etwa Stellmotoren ersetzen und nach Anpassungen möglicherweise in der Medizin eingesetzt werden.

(Bild: Empa)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Einem Wissenschaftsteam der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) ist es gelungen, künstliche Muskeln per 3D-Druckverfahren zu erstellen. Die Forscher hoffen, dass es in Zukunft möglich sein wird, etwa ein ganzes künstliches Herz mit einem ähnlichen Verfahren herzustellen.

Künstliche Muskeln können nicht nur in Robotern zum Einsatz kommen, sondern auch in der Medizin etwa verletztes Muskelgewebe ersetzen. Künstliche Muskeln zu entwickeln, die die gleichen Eigenschaften wie ihre natürlichen Vorbilder haben, ist jedoch eine große Herausforderung, schreiben die Empa-Forscher in der Studie "Rapid Manufacturing of High-Permittivity Dielectric Elastomer Actuator Fibers", die in Advanced Materials Technologies erschienen ist. Denn sie müssen ebenso leistungsstark, elastisch und weich sein wie biologische Muskeln.

Die schweizerischen Forscher haben nun dielektrische elastische Aktuatoren (DEA) entwickelt, die aus zwei unterschiedlichen silikonbasierten Materialien bestehen und mit einem 3D-Drucker in einem Rutsch ausgedruckt werden können. Die künstlichen Muskeln bestehen aus einem leitenden und einem nicht-leitenden Dielektrikum, die in Schichten übereinander liegen. Beim Anlegen einer elektrischen Spannung an die Elektroden zieht sich der Aktuator zusammen, beim Abschalten der Spannung nimmt er wieder die ursprüngliche Position ein.

Das Ausdrucken eines solchen künstlichen Muskels ist eine schwierige Angelegenheit, sagt Empa-Wissenschaftler Patrick Danner. Beide weiche Materialien haben unterschiedliche Eigenschaften, dürfen sich aber während des Druckvorgangs nicht miteinander vermischen. Trotzdem müssen sie danach fest miteinander verbunden sein, um als künstlicher Muskel funktionieren zu können. Dabei müssen beide Materialien im Verbund weiterhin weich genug bleiben, um auf die elektrischen Impulse wie gewünscht reagieren zu können.

Die beiden Materialien müssen sich außerdem unter Wärme möglichst gleich verflüssigen, um sie zusammen in einem 3D-Drucker durch die Druckerdüse extrudieren zu können. Direkt danach müssen sie aber so zähflüssig werden, dass sie nicht verlaufen, sondern ihre Form beibehalten.

"Diese Eigenschaften stehen oft in direktem Widerspruch zueinander", sagt Danner. "Wenn man eine davon optimiert, verändern sich drei andere – meist zum Schlechten."

Die Empa-Forscher haben es aber in Kooperation mit Wissenschaftlern der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) geschafft, die unterschiedlichen Eigenschaften miteinander zu kombinieren. Außerdem musste die Druckerdüse speziell angepasst werden, um die Materialien ausdrucken zu können.

Die Forscher wollen die künstlichen Muskeln in einem ersten Schritt dazu benutzen, um eine Art Force-Feedback-Handschuh zu entwickeln. Der Handschuh soll es seinem Träger ermöglichen, in virtuellen Welten Feedback zu erhalten, wenn er virtuelle Gegenstände anfasst.

Die Forscher sind allerdings der Ansicht, dass ihre Aktuatoren für eine Vielzahl weiterer Anwendungen taugen, etwa in Autos, Maschinen und der Robotik. Dort könnten sie etwa elektrische Stellmotoren ersetzen.

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Auch medizinische Anwendungen seien denkbar. Denn mit ihrem Druckverfahren können die künstlichen Muskeln genau in ihrer Form angepasst und selbst lange elastische Fasern ausgedruckt werden. Die Forscher hoffen nun, die künstlichen Muskeln noch dünner fertigen zu können, um ihre Funktion ähnlich denen von echten Muskelfasern zu machen. Zukünftig, so die Wissenschaftler, könnte es dann auch möglich sein, ein komplettes künstliches Herz auszudrucken.

(olb)