Linux-Multimedia-Framework Pipewire 1.4: MIDI 2 und neue Audiocodecs

Pipewire 1.4 geht als Soundserver für Linux mit einer erweiterten JACK-API und MIDI 2 auf Anforderungen zur Musikproduktion ein und enthält neue Codecs.

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Collage aus PipeWire-Logo, Kopfhörern und Equalizer-Pegel im Hintergrund

(Bild: heise online / David Wolski)

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Von
  • David Wolski
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Die neue Version des Linux-Soundservers und Multimedia-Frameworks Pipewire kommt nach der Freigabe durch Hauptentwickler Wim Taymans in den ersten Linux-Distributionen an. So ist Pipewire 1.4 etwa im Extra-Repository von Arch Linux und in Fedora Rawhide, das die Vorstufe zum kommenden Fedora 42 darstellt, erhältlich. Während Pipewire 1.4 den Termin zur Aufnahme in Ubuntu 25.04 verpasste, können sich Debian-Anwender freuen: Vor den anstehenden Freeze-Terminen zu Debian 13 "Trixie" ist die neue Version des Soundservers noch rechtzeitig in die Paketquellen gekommen. Damit wird auch die in der zweiten Jahreshälfte erwartete Debian-Ausgabe wieder attraktiv als Linux-System in einem Studio-Setup, denn Pipewire 1.4 bietet vor allem für MIDI-Sequencer und zum Harddisk-Recording unter Linux willkommene Neuerungen. Das wird sich auch auf Spezialdistributionen zur Musikproduktion wie AV Linux auswirken, das seine Pakete aus dem Stable-Zweig Debians schöpft.

Als die Entwicklung von Pipewire vor rund sieben Jahren begann, sollte es sich als Processing-Framework vor allem um Videostreams kümmern. Denn auf dem Linux-Desktop erwartete Wayland mit seinen Sicherheitsmodellen damals ein neues Rahmenwerk zur Aufnahme von Videos und zum Routing dieser Datenströme zwischen Anwendungen. Während der Umsetzung in möglichst effizientem C-Code, den laut Wim Taymans ein Verzicht auf die Funktion "malloc()" zur Speicherverwaltung ausmacht, hat sich Pipewire schnell zu einem vollwertigen Ersatz für das damals gebräuchliche Pulse Audio von Lennart Poettering gemausert. Die niedrigen Latenzen bei der Verarbeitung von Audiosignalen auf modernen Linux-Kernels machen Pipewire schließlich auch zu einem Ersatz für JACK Audio für professionellere Ansprüche. Der Vorteil ist, dass mit Pipewire ein einziger Soundserver die Aufgaben von Pulse Audio als Drop-In-Replacements als auch von JACK übernehmen kann und damit den ersten Aufwand der Konfiguration niedriger hält.

Mit Version 1.4 reift Pipewire in dieser Rolle weiter und bekommt eine kompatible Kontroll-API für Anwendungen, die JACK voraussetzen und damit direkt den Soundserver konfigurieren können. Für MIDI-Sequenzer stellt Pipewire zur Signalverarbeitung eine Schnittstelle für UMP (Universal MIDI Package) bereit, die die Protokolle 1.0 und 2.0 des MIDI-Standards zusammenfasst. Auch die Konversion des alten MIDI 1.0 zu UMP kann Pipewire dabei in Echtzeit übernehmen und Anwendungen mit dem neueren Protokoll versorgen, auch wenn angeschlossene MIDI-Geräte nur den alten Standard verstehen. Für die ebenfalls bereitgestellte Schnittstelle Netjack, welche JACK-Anwendungen über TCP/IP anbindet, gibt es jetzt eine automatische Erkennung von Streams im Netzwerk zur einfacheren Konfiguration.

Willkommenes Update: Arch Linux bekommt Pipewire 1.4 bereits schon. Fedora Linux 42 und Debian 13 "Trixie" werden den neuen Soundserver ebenfalls ausliefern, währen sich Ubuntu-Anwender noch gedulden müssen.

(Bild: heise online / David Wolski)

Desktop-Anwendern, die Musik und Audio nur lauschen, kann Pipewire kürzere Reaktionszeiten bieten. Denn gewöhnliche ALSA-Clients, etwa Audioplayer von Linux-Desktops, bekommen nun ebenfalls eine bevorzugte Behandlung als Real-Time-Clients. Pipewire 1.4 unterscheidet nicht mehr zwischen den Client-Typen und fasst jetzt deren Konfiguration mit jener der ALSA-Plug-Ins unter der einzigen Datei "/etc/Pipewire/client.conf" zusammen – eine separate "client-rt.conf" gibt es nicht mehr.

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Bei den allgemeinen Audiocodecs gibt es als Neuzugang das hochauflösende DSD (Direct Stream Digital) für besonders audiophile Zuhörer, das mit Samplingraten größer als 44,1 kHz arbeitet. Für Bluetooth-Equipment gibt es Unterstützung für den Codec G.722 von Voice-over-IP-Anlagen. Mit der Aufnahme von BAP (Basic Audio Profile) Broadcast-Links kann Pipewire 1.4 nun Audiosignale von einer Quelle an nahezu beliebig viele Bluetooth-Empfänger leiten, was für komplexe Hifi-Setups über mehrere Räume hinweg nützlich ist und in den Standards von Bluetooth Low Energy (LE) Audio bereits vorgesehen war. Für Hörhilfen kann Pipewire die Aufnahme des Codecs ASHA bieten. Für die Arbeit mit Videostreams bietet Pipewire 1.4 die Möglichkeit, Filter per FFmepg einzubetten und direkt anzuwenden, etwa für Konvertierungsaufgaben.

Die Release Notes von Pipewire 1.4 listen alle Änderungen von Pipewire 1.4 auf Gitlab akribisch auf. Eine neue Prozessorplattform für Pipewire und dessen Bibliotheken ist mit RISC-V hinzugekommen, damit Linux-Systeme auf den schon verfügbaren Entwicklerplatinen auch bald in den Genuss des effizienten Soundservers kommen können.

(ktn)