ARD: 720p-HD als gemeinsames Produktionsformat gescheitert [Update]

Die obersten Gremien der ARD haben sich mit sofortiger Wirkung für 1080i als einheitliches HDTV-Produktions- und Austauschformat entschieden.

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Von
  • Nico Jurran

Nachdem die Öffentlich-Rechtlichen das kleinere HDTV-Format 720p50 (50 Vollbilder pro Sekunde mit 1280 × 720 Bildpunkten) in der Vergangenheit immer wieder gegen Kritik verteidigt haben, erklärten die Gremien der ARD nun überraschend, dass es als einheitliche HDTV-Produktions- und Austauschformat gescheitert sei. Dies geht aus einem Schreiben des Mitteldeutschen Rundfunk mit heutigem Datum an Rahmenvertragspartner für Produktionsdienstleistungen und Auftragsproduzenten hervor, das heise online vorliegt. Folglich müssten "sämtliche HDTV-Beitrags- /Rohmaterial- und/oder Sendesignalzulieferungen" mit sofortiger Wirkung im Abtastraster 1080i50 (von Sendern auch 1080i/25 genannt) erfolgen; lediglich in Produktion befindliche Zulieferungen seien davon nicht betroffen.

In dem genannten Schreiben des MDR ist auch nachzulesen, dass zwischen ARD, ZDF, ORF und SRG die Festlegung auf 720p50 als ein einheitliches HDTV-Produktions- und -Sendeformat 720p/50 "vorbehaltlich der weiteren Marktentwicklung" geschah. Im weiteren Verlauf der Marktbeobachtung sei dann festgestellt worden, dass sich "das Format 1080i/25 gesamtheitlich etabliert hat".

Das Ausstrahlungsformat für "Das Erste HD" bleibt zunächst jedoch 720p50, nach Angaben eines zuständigen MDR-Mitarbeiters behalte man sich eine Umstellung noch vor. Bleibt die ARD bei 720p50 als Ausstrahlungsformat, müsste nach der heute vom MDR kommunizierten Entscheidung künftig jedoch praktisch jedes Quellmaterial vor der Ausstrahlung umgewandelt werden. Beim ZDF war bislang kein zuständiger Mitarbeiter für einen Kommentar erreichbar.

Das HDTV-Format 720p besitzt zwar eine geringere Auflösung als das von den deutschen Privatsendern Sky, ProSiebenSat.1 und RTL verwendete 1080i50 mit 1920 × 1080 Pixeln, punktet dafür aber dank der Ausstrahlung von 50 Voll- statt Halbbildern pro Sekunde mit einer flüssigeren Bewegungsdarstellung. Das gilt freilich nur, wenn das Quellmaterial auch mit 50 (PAL-Länder) beziehungsweise rund 60 (NTSC-Regionen) Vollbildern pro Sekunde produziert wurde. Zu den vom ZDF in 720p50 produzierten Sendungen gehört die Show "Wetten, dass…?".

Bei Spielfilmen und den meisten Serien ist dies hingegen nicht der Fall. Und auch große Veranstaltungen wie die laufende Fußball-WM werden stets in 1080i produziert, da das Material ja auch für die internationale Ausstrahlung bestimmt ist. Das gilt auch, wenn die Öffentlich-Rechtlichen selbst die TV-Bilder liefern. Unbestätigten Aussagen zufolge sollen ARD und ZDF daher auch von Produktionsfirmen aufgefordert worden sein, ihren Kurs zu wechseln.

Nach dem Start des HDTV-Regelbetriebs war im Internet daher die Petition "1080i bei ARD+ZDF jetzt!" gestartet worden, in der die öffentlich-rechtlichen Sender aufgefordert werden, die verwendete Auflösung zu ändern. Sie stieß auf so großen Zuspruch, dass sich ARD und ZDF gezwungen sahen, Stellung zu beziehen. Damals wurde 720p50 mit dem Hinweis auf die "fast immer bessere Bildqualität" bei Bewegtbildern weiter verteidigt.

Update:
Auf Nachfrage erklärte ZDF-Produktionsdirektor Dr. Andreas Bereczky gegenüber heise online inzwischen, dass man dem Beispiel der ARD nicht folge. Folglich würden Eigenproduktionen auch weiterhin im Format 720p50 erfolgen. Fremdmaterial, das – wie Spielfilme oder die Übertragung der laufende Fußball-WM – in anderen Formaten angeliefert wird, werde der Sender weiterhin in 720p50 konvertieren.

In 720p50 werde das ZDF laut Bereczky so lange senden, bis ein Umstieg auf 1080p50 möglich sei. Aktuell seien die technischen Entwicklungen noch nicht komplett abgeschlossen; ein möglicher Zeitpunkt für den Umstieg ließe sich derzeit ebenfalls noch nicht nennen. Aktuell blickt die Branche auf die BBC, die zu den Olympischen Spielen in London 2012 erste 1080p/50-Versuche angekündigt hat. (nij)