Blender 4.4: Produktpflege und schnelle Ladezeiten

Die Blender-Entwickler haben sich in Version 4.4 statt auf neue Werkzeuge vor allem auf Tempo, die Bedienoberfläche und nahtlose Workflows konzentriert.

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Eine schwarze Katze unter Wasser, umgeben von vielen kleinen Fischen

Der Splash Screen von Blender 4.4 zeigt eine Szene aus dem oscarprämierten Film Flow, der mit Blender entstand.

(Bild: blender.org)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Gottfried Hofmann
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Die freie 3D-Software Blender steht in Version 4.4 ab sofort für Windows, macOS und Linux sowie als Quellcode zum Download zur Verfügung. Das Hauptaugenmerk lag diesmal auf Softwarequalität, weshalb es weniger große neue Funktionen gibt, sondern eine Vielzahl Verbesserungen und Performanceschübe, die alltägliche Aufgaben beschleunigen sollen.

Dem Release ging eine Qualitätsoffensive voraus, bei der nicht nur Fehler behoben wurden. Die Entwickler haben darüber hinaus viele Bereiche von Blender auf modernere Technik portiert.

Die Entwickler haben eine lange Liste an kleineren Problemen mit der Benutzeroberfläche abgearbeitet. So unterscheidet sich die Schaltfläche für Materialien jetzt besser von dem für die Welt. Beim Rendern einer Animation direkt aus dem Viewport heraus erscheint jetzt ein Ladebalken. Ein Glitch in der Anzeige der Frames pro Sekunde (FPS) wurde behoben.

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Zahlreiche Menüs haben die Entwickler neu sortiert und, wo sinnvoll, mit Icons versehen. Man kann jetzt auch im Sculptmodus Animationen abspielen und, während eine Animation läuft, funktionieren trotzdem die Tooltips. Der Text in den Tooltips ist nun besser lesbar.

Die Informationen, die in der Statusbar ganz unten am Bildschirmrand erscheinen, wurden für zahlreiche Werkzeuge optimiert. Zusätzlich gibt Blender jetzt Warnungen aus, wenn ein Objekt eine negative Skalierung aufweist, was bei einigen Werkzeugen zu Problemen führen kann.

Im Video Sequence Editor (VSE) bearbeitet Blender Videos direkt in der 3D-Software. Dort arbeiten fast alle Effekte jetzt schneller. Auch die Hintergrundbox fĂĽr Texte wird um ein Vielfaches schneller gerendert. Ecken lassen sich abrunden.

Das Textwerkzeug ist vor allem fĂĽr Untertitelung beliebt und unterstĂĽtzt jetzt zentrierte und rechtsbĂĽndige Darstellung. Weiterhin kann man Text in der neuen Version im Vorschaufenster bearbeiten, indem man mit der Tabulatortaste in den Editiermodus wechselt.

Die Textbox im Video Sequence Editor unterstützt jetzt runde Ecken und zentrierten Text. Der Inhalt lässt sich direkt im Vorschaufenster bearbeiten.

Ebenfalls im Vorschaufenster können beliebige Strips mit dem in Blender üblichen Tastenkürzel Strg+D dupliziert werden. Damit nähert sich die Bedienung des VSE den restlichen Bereichen von Blender an. Beim Kopieren und Duplizieren von Strips berücksichtigt Blender Abhängigkeiten wie zugewiesene Effekte.

Beim Videoimport berĂĽcksichtigt Blender kĂĽnftig das Orientation-Flag der Metadaten. Hochkant-Videos erscheinen damit nicht mehr auf der Seite liegend. Beim Export gibt Blender den Farbraum mit. Bisher war dieser nicht definiert, was dazu fĂĽhrte, dass unterschiedliche Videoplayer abweichende Farben darstellten.

Fürs Ausspielen steht jetzt der H.265/HEVC-Codec zur Verfügung. Damit lassen sich Videos mit 10 oder 12 Bit Farbtiefe pro Kanal speichern, was für HDR-Displays relevant ist. Auch beim Einlesen von Videodaten unterstützt Blender fortan höhere Farbtiefe.

Beim Nachbearbeiten von Bewegtbildern, dem sogenannten Compositing, berechnet Blender Effekte deutlich schneller als zuvor. Die Entwickler sprechen hier von einem Faktor zwei bis zehn.

Wenn man in Blender 4.3 ein Bild im Compositor erst verkleinert und dann wieder vergrößert, so verpixelt es, denn alle Transformationen werden destruktiv auf das Bild angewandt. In Blender 4.4 passiert das erst so spät wie möglich. Im Beispiel würde Blender die Originalpixel des Bilds erhalten. Für einen gewünschten Pixeleffekt existiert eine eigene Node.

Compositor-Effekte soll Blender 4.4 (rot) gegenĂĽber Blender 4.3 (blau) um den Faktor 2 bis 10 schneller berechnen.

(Bild: blender.org)

Die Lichthöfe um helle Lichtquellen auf Fotos und in Videos heißen Glare. Blender 4.4 hat im Compositor eine aktualisierte Glare-Node erhalten, also einen Knoten, der diesen Effekt berechnet.

Bei der Glare Node sind einige neue Parameter hinzugekommen und alle Einstellungen lassen sich jetzt mit anderen Nodes verknüpfen. An Ausgängen finden sich neben dem bearbeiteten Bild auch nur der Effekt an sich und eine Repräsentation der betroffenen Bildbereiche. Deren maximale Helligkeit kann man ebenfalls einschränken, wodurch eine besonders helle Lichtquelle wie die Sonne nicht mehr dazu führt, dass gleich das gesamte Bild überstrahlt wird.

Im Animationssystem lassen sich über Slotted Actions jetzt Animationen zusammenfassen. Eine Animation, in Blender auch Action genannt, kann zum Beispiel eine Kamerafahrt sein. Während der Fahrt könnte sich die Brennweite ändern, um auf ein Objekt zu zoomen.

Blender konnte das bisher nur in zwei unterschiedlichen Actions speichern. In Blender 4.4 lassen sich Animationen gruppieren und verknĂĽpfen. Vor allem Nutzer von Spiele-Engines wie der Unreal Engine fragen diese Funktion nach, da sie dort ebenfalls vorhanden ist.

Die Neuerungen haben zur Folge, dass alte Dateien nicht mehr kompatibel sind; Blender konvertiert sie aber automatisch. Wird eine mit Blender 4.4 oder neuer gespeicherte Datei mit einer älteren Version geöffnet, ist dort jeweils nur die erste Aktion einer Gruppe sichtbar. Weitere Aktionen werden beim Speichern der Datei verworfen. Vorsicht ist also geboten.

Nutzer von Intel-GPUs müssen für Blender 4.4 mindestens die Treiberversion 101.6557 installiert haben, unter Linux mindestens Version 31740.8. Wer eine AMD-Grafikkarte nutzt, benötigt unter Windows mindestens Adrenalin 24.6.1 oder die Radeon Pro Treiber in Version 24.Q2, unter Linux mindestens die ROCm-Version 6.0.

Im Gegenzug wird von AMD jetzt auch die RDNA4-Architektur der Serie AMD RX 90x0 unterstützt. Die Hardwarebeschleunigung für Raytracing HIP RT ist nicht länger als experimentell gekennzeichnet. Bei nVidia kommt Unterstützung der RTX-90x0-Karten auf Basis der Blackwell-Architektur hinzu.

Für nVidia-Nutzer ebenfalls relevant ist das Update des OptiX-Denoisers. Er kümmert sich nach dem Rendern eines Bildes mit der Cycles-Renderengine darum, eventuell noch vorhandenes Bildrauschen zu entfernen. Dabei soll die neue Version deutlich bessere Qualität abliefern.

Die Demo-Szene von Metin Seven wurde in der linken Bildhälfte mit der alten Version des Optix-Denoisers entrauscht, rechts mit der neuen Version aus Blender 4.4. Das Rauschen im Körper des Monsters ist mit dem neuen Denoising fast komplett verschwunden.

(Bild: blender.org)

Blender nutzt als Grafikschnittstelle derzeit noch OpenGL. Über kurz oder lang wollen die Entwickler aber zum moderneren Vulkan wechseln. Wer möchte, kann das Vulkan-Backend schon ausprobieren. Dann stehen zwar ein paar Funktionen wie VR-Unterstützung im Viewport nicht mehr zur Verfügung, dafür belohnt Blender 4.4 den Umstieg mit halbierter Ladezeit bei großen Szenen. Für Vulkan ist die Installation der jeweils aktuellen Grafiktreiber empfehlenswert.

(akr)