Statt Gas nur hitzige Diskussionen: LNG-Terminal in Stade vor dem Aus

In Stade sollte eines von vier staatlichen LNG-Terminals entstehen. Doch jetzt haben sich die staatliche Betreiberin und der Partner vor Ort entzweit.

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Ankunft der FSRU in Stade

Ankunft der FSRU in Stade im März 2024: Das Spezialschiff sollte das Herz des dortigen schwimmenden LNG-Terminals werden.

(Bild: DET)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Die Inbetriebnahme eines schwimmenden Flüssigerdgasterminals im niedersächsischen Stade ist in weite Ferne gerückt. Zwischen der bundeseigenen Deutsche Energy Terminal GmbH als Betreiberin und dem Hanseatic Energy Hub (HEH) als Partner und Dienstleister ist es zum offenen Streit gekommen, in dessen Verlauf von beiden Seiten Kündigungen der Verträge ausgesprochen wurden. Wie es nun mit dem LNG-Vorhaben weitergeht, ist aktuell völlig unklar.

Zwischen den Unternehmen gibt es erhebliche Meinungsverschiedenheiten über die Zuarbeit der HEH zum schwimmenden Terminal. Eine Sprecherin der HEH legte im Gespräch mit heise online dar, dass ihr Unternehmen den Verpflichtungen zum Bau der so genannten Suprastruktur vollständig nachgekommen sei. Die vom zuständigen Gewerbeaufsichtsamt abgenommene Verbindung zwischen Landanschluss und dem Spezialschiff hätte längst in den Probebetrieb starten können. Doch statt einer Überweisung der vereinbarten Summe erhielt der HEH, der parallel gerade ein landbasiertes Terminal errichtet, eine Kündigung vom Staatsunternehmen. Darauf reagierte die HEH mit einer eigenen Kündigung – wegen Verlusts des Vertrauensverhältnisses. Gesellschafter der HEH sind die Buss-Gruppe, die Partners Group sowie der Enagás-Konzern und der Chemiekonzern Dow.

Das zuständige Gewerbeaufsichtsamt in Cuxhaven erklärte laut einem Bericht in der Kreiszeitung, dass einer Inbetriebnahme des Terminals "aus genehmigungsrechtlicher Sicht" nichts im Wege gestanden habe. Für eine endgültige Prüfung vor der Inbetriebnahme hätten allerdings Unterlagen des Betreibers, der DET, gefehlt, die bis heute nicht vorliegen würden. Für die erst nach 2022 gegründete DET ist es laut Brancheninsidern eines der ersten Vorhaben, wo das Unternehmen selbst für die Inbetriebnahme zuständig ist.

Die DET schilderte ihre Sicht der Dinge dem Handelsblatt. Ihrer Ansicht nach habe die HEH ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllt und die technische Fertigstellung der Anlage nicht nachweisen können. Deshalb habe man gekündigt, um einen wachsenden finanziellen Schaden abzuwenden. Laut Brancheninsidern geht es um etwa 50 Millionen Euro.

Der Schaden, der durch die Nicht-Inbetriebnahme entsteht, dürfte freilich viel höher ausfallen. So hat Deutschland das Spezialschiff "Energos Force" gechartert, das bereits im vergangenen Jahr im März in Stade eintraf und seither nicht zum Einsatz kam. Aktuell liegt das Schiff laut Marine Traffic vor der Nordspitze Dänemarks auf Reede. HEH, DET und Bundeswirtschaftsministerium befinden sich laut Angaben der HEH aktuell in Gesprächen, wie es mit dem Standort Stade weitergehen soll.

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Stade sollte eines von vier LNG-Terminals der DET werden, wo Flüssigerdgas angelandet wird. Beginnend mit Wilhelmshaven baute die Bundesregierung in kürzester Zeit Alternativen für Erdgaslieferungen auf, nachdem die deutsch-russische Pipeline Nord Stream 1 infolge des russischen Angriffskrieges in der Ukraine und internationalen Verstimmungen von Russland zunächst abgeschaltet und dann durch einen Sabotageakt zerstört wurde.

Die LNG-Terminals sollten neben der Versorgungssicherheit auch Preisstabilität gewährleisten. Bislang sind Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel in Betrieb. Ein zweites Terminal in Wilhelmshaven befindet sich seit Längerem im Bau, verzögert sich aber ebenfalls.

(mki)