Hardware-Defekte: Schwere Vorwürfe gegen Dell

Ein Journalist der New York Times wirft Dell vor, in den Jahren 2003 bis 2005 wissentlich PCs mit hoher Ausfallwahrscheinlichkeit verkauft zu haben.

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Von
  • Christof Windeck

Im ungefähren Zeitraum von 2002 bis 2005 fielen zahlreiche Desktop-PCs aus, weil die Aluminiumelektrolytkondensatoren (Alu-Elkos) in der Spannungswandlerschaltung für den Hauptprozessor defekt waren. Betroffen von den hohen Ausfallraten waren nicht nur Komplettrechner mehrerer Produzenten, darunter Dell, sondern auch einzeln verkaufte PC-Mainboards. Nur wenige Hersteller von PCs und Mainboards haben damals Produkte mit hohen Ausfallraten zurückgerufen, allerdings zahlreiche Reklamationen abgewickelt. Der IT-Journalist Ashlee Vance erhebt in der Online-Ausgabe der New York Times nun schwere Vorwürfe gegen den damaligen PC-Marktführer Dell, der zwischen 2003 und 2005 Millionen von PCs mit dem Wissen verkauft haben soll, dass diese mit hoher Wahrscheinlichkeit ausfallen würden.

Dells "Chief Blogger" Lionel Menchaca weist einige der von Vance erhobenen Vorwürfe zurück und behauptet insbesondere, Dell habe niemals wissentlich fehlerhafte Mainboards ausgeliefert. Er betont auch, dass die Ausfälle nicht nur Dell-Computer betroffen hätten und schon Jahre zurück lägen.

Vance stützt seine Vorwürfe auf Dokumente, die er im Zuge eines Gerichtsverfahrens einsehen konnte, das seit 2007 läuft. Die Webhosting-Firma Advanced Internet Technologies (AIT) hatte damals Dell verklagt, weil sie seit 2003 mehr als 2000 Dell-PCs der Baureihe OptiPlex GX270 und GX280 sowie Dimension 4600c gekauft hatte, die reihenweise ausfielen. AIT hatte diese Computer allerdings auch als Web-Server im Dauereinsatz betrieben, beruft sich aber darauf, dass Dell den Einsatzzweck der Geräte gekannt und trotzdem zur Beschaffung geraten habe.

Im Internet verfügbar sind die vom Gericht zur Einsicht freigegebenen Dokumente leider nicht. Laut Vance wusste Dell aber insbesondere, dass bei den verbauten Alu-Elkos der japanischen Firma Nichicon ein hohes Ausfallrisiko besteht. Nach Erfahrungen der c't-Redaktion waren aber auch andere Elkos betroffen und im Einzelfall ist nicht ganz klar, ob nicht auch das Design der jeweiligen Kernspannungswandlerschaltungen die Elko-Ausfälle begünstigte. Die Elkos können übrigens auch ohne äußerlich sichtbare Anzeichen ausfallen; auf heutigen Mainboards kommen in kritischen Teilen der Spannungswandlerschaltungen häufig Polymerelektrolytkondensatoren zum Einsatz, sogenannte Solid Caps, die länger durchhalten sollen.

In der Klageschrift aus dem Jahr 2007 behauptet AIT, dass nicht nur die Mainboards der betroffenen Rechner häufig ausfielen, sondern auch Lüfter und Netzteile. Dells Lionel Menchaca hebt hingegen hervor, dass AIT die Desktop-PCs als Server betrieben habe, wofür sie nicht ausgelegt gewesen seien. Dell habe dennoch die vereinbarten Garantieleistungen erbracht, bis AIT Zahlungen eingestellt habe; zumindest ein Teil der Geräte war geleast worden. Dell habe bei einigen von Ausfällen betroffenen Gerätetypen auch die Garantiezeiträume verlängert – ähnlich haben vor einigen Jahren auch einige der Notebook-Hersteller reagiert, die Nvidia-Grafikchips mit erhöhten Ausfallraten verbaut hatten – darunter ebenfalls Dell. (ciw)