Moratorium für elektronischen Einkommensnachweis ELENA

Angesichts der Belastung der öffentlichen Haushalte und der Suche nach weiteren Möglichkeiten, Ausgaben zu verringern, soll ein Moratorium verhängt werden und ELENA auf den Prüfstand kommen, erklärte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Bundesregierung will prüfen, ob die Einführung des elektronischen Einkommensnachweises (ELENA) ausgesetzt werden kann. Dies berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf ein Interview mit Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). Sein Ministerium ist der Auftraggeber des ELENA-Projektes.

Angesichts der Belastung der öffentlichen Haushalte und der Suche nach weiteren Möglichkeiten, Ausgaben zu verringern, soll ein Moratorium verhängt werden und ELENA auf den Prüfstand kommen, erklärte Brüderle der Wirtschaftszeitung. Zu klären seien die genauen Kosten und vor allem der Nutzen des Verfahrens. So sei "immer noch nicht klar, ob bei Teilen des Mittelstands tatsächlich eine Entlastung stattfindet," meinte Brüderle. Er hatte bereits vor Monaten angekündigt, dass der Mittelstand von ELENA verschont werden soll. Nach dem Bericht des Handelsblatts soll sich eine Runde von Staatssekretären aus den beteiligten Ministerien getroffen haben, die eine "Bestandsaufnahme" des umstrittenen Projektes der Massenspeicherung von Arbeitnehmerdaten in Angriff nehmen soll: ELENA entstand als Projekt im damals gekoppelten Wirtschafts- und Arbeitsministerium.

Im Mittelpunkt dieser Bestandsaufnahme dürfte das Gutachten des Normenkontrollrates zu ELENA-Verahren vom Dezember 2007 stehen, auf dem alle heutigen ELENA-Kostenrechnungen beruhen. Nach diesem Gutachten kostet die Einrichtung und Programmierung der zentralen Speicherstelle 31 Millionen Euro. Weitere 31 Millionen Euro muss die Regierung an die datenabrufende Stelle, die Bundesagentur für Arbeit, zahlen, deren Software-Programme ELENA-tauglich gemacht werden müssen. Diese Summe könnte eingespart werden, da bislang nur der Zentralspeicher in Betrieb gegangen ist. Hier laufen die von den Unternehmen zu meldenden Lohndaten ein und werden gesammelt, bis die elektronische Datenabfrage in Betrieb gehen kann, mit der elektronische Arbeitsbescheinigungen generiert werden.

Für die Wirtschaft, die diese Bescheinigungen bisher auf Papier ausstellt, sollte das Verfahren nach den Berechnungen des Normenkontrollrates eine Einsparung von 81 Millionen Euro bringen. Im Gegensatz zu den Bürgern, die für den Einstieg bei ELENA eine qualifizierte elektronische Signatur kaufen müssen, können Unternehmen ihre Daten mit dem ELSTER-Zertifikat melden. Das ergibt laut Gutachten eine Einsparung von 69,3 Millionen Euro. Weitere 6,1 Millionen Euro sollten durch entfallende Software-Updates gespart werden, außerdem 5,5 Millionen durch eine "Software-Vereinfachung".

Dass die Berechnungen des Normenkontrollrates überprüft werden müssen, zeigt allein die Annahme, dass dem Bürger die qualifizierte elektronische Signatur nicht mehr als 3,30 Euro im Jahr kostet. Derzeit kostet eine derartige Signatur rund 20 Euro im Jahr. Eine Änderung des Preisniveaus wird dann erwartet, wenn der elektronische Personalausweis und die elektronische Gesundheitskarte flächendeckend im Umlauf sind. Beide Kartenprojekte eignen sich zur Speicherung der Signatur, die heute meistens auf Bankkarten gespeichert wird.

Unabhängig von der Kostenstruktur ist ELENA wegen der Datensammelwut des Verfahrens in die Kritik geraten. Gegen ELENA läuft eine Sammelbeschwerde von 22.000 Bundesbürgern, außerdem hat das FDP-geführte Justizministerium Bedenken angemeldet. Auch die Datenschützer des Bundes und der Länder haben Bedenken, was ELENA anbelangt. Sie bemängeln Details des Meldeverfahrens, etwa zur Kündigung eines Arbeitnehmers oder zu Arbeitszeitangaben, wann dieser an Streikaktionen teilgenommen hat. (jk)