Refactoring as a Service: Codequalität auf Knopfdruck?

Automatisiertes Refactoring klingt verlockend – doch lässt sich Codequalität wirklich auf Knopfdruck verbessern, oder braucht es am Ende doch den Menschen?

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Menschen und Android betrachten Code

(Bild: erzeugt mit KI durch iX)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Golo Roden
Inhaltsverzeichnis

Heute habe ich eine große Ankündigung für Sie – eine, die für viele Entwicklerinnen und Entwickler wohl einem echten Traumszenario gleichkommt. Ein Gedanke, der so bestechend einfach klingt, dass man sich fragen könnte, warum es so etwas nicht schon längst gibt. Sicher kennen auch Sie Gespräche im Team, in denen dieser Wunsch immer wieder auftaucht – meist mit ironischem Unterton, aber manchmal durchaus mit einem Funken Hoffnung.

the next big thing – Golo Roden
the next big thing – Golo Roden

Golo Roden ist Gründer und CTO von the native web GmbH. Er beschäftigt sich mit der Konzeption und Entwicklung von Web- und Cloud-Anwendungen sowie -APIs, mit einem Schwerpunkt auf Event-getriebenen und Service-basierten verteilten Architekturen. Sein Leitsatz lautet, dass Softwareentwicklung kein Selbstzweck ist, sondern immer einer zugrundeliegenden Fachlichkeit folgen muss.

Stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihren kompletten Codestand einfach in eine ZIP-Datei packen, per HTTP an einen Service hochladen – und wenige Minuten später erhalten Sie ihn vollständig refactored zurück: besser strukturiert, mit klaren Abhängigkeiten, sinnvoll modularisiert, mit sprechenden Namen, nachvollziehbarer Architektur und aussagekräftigen Tests. Inklusive aktualisierter Dokumentation, vollständig durchgelintet und formatiert. Einmal hochladen, und der Code sieht anschließend aus, als hätte ein erfahrenes Senior-Architekturteam drei Wochen intensiv daran gearbeitet. Genau das haben wir jetzt Realität werden lassen und nennen es: "Refactoring as a Service".

Die Idee ist so einfach wie genial: Haben Sie ein Repository, dessen Zustand nicht mehr ganz optimal ist? Kein Problem: Sie laden den Code einfach über unsere API hoch oder verweisen auf ein Git-Repository mit einem gültigen Token – der Rest passiert automatisch im Hintergrund. Unser Service analysiert den Code mit statischen und dynamischen Verfahren, führt eine kombinierte AST- und Graphanalyse durch, identifiziert strukturelle Schwächen, erkennt Anti-Patterns, bewertet essenzielle Metriken wie zyklomatische Komplexität, Kohäsion, Kopplung, Testabdeckung und Architekturkonformität – und erstellt daraus ein kontextsensitives, semantisch fundiertes Refactoring-Konzept, das automatisiert umgesetzt wird. Die resultierende Codebasis ist nicht nur schöner und verständlicher, sondern auch modularer, wartbarer und besser getestet. Selbstverständlich integriert sich das Ganze nahtlos in CI/CD-Prozesse und ist über eine OpenAPI-Schnittstelle vollständig automatisierbar.

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Weil uns das noch nicht genug war, wird zusätzlich eine KI-gestützte Kommentierung vorgenommen, die basierend auf Codeverständnis sowie Projektkontext passgenaue Kommentare und Erläuterungen hinzufügt – sowohl auf Code- als auch auf Modul- und Architekturebene. Die Testabdeckung wird nicht nur erhöht, sondern zielgerichtet erweitert, mit besonderem Augenmerk auf Pfadabdeckung, Grenzfälle, Randbedingungen und semantisch relevante Kombinationen. All dies orchestriert ein auf Kubernetes skalierendes Service-Backend, das selbst größere Projekte in kurzer Zeit bewältigt. Für besonders kritische Projekte bieten wir zudem eine Audit-Funktion: Jede Änderung bleibt einzeln nachvollziehbar, jeder Commit wird semantisch kommentiert, jeder Refactoring-Schritt dokumentiert. Kurz gesagt: Der perfekte Begleiter für Softwareteams, die Qualität ernst nehmen, dabei aber ihren Fokus auf die eigentliche Entwicklung legen wollen.

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Die eigentliche Magie entsteht durch die Kombination verschiedener Technologien und Ansätze: Statische Analyse alleine hilft wenig, wenn sie den fachlichen Kontext nicht berücksichtigt. LLMs alleine schreiben zwar Code, wissen aber nicht, ob dieser wirklich zu Ihrem Projekt passt. Clean-Code-Prinzipien sind essenziell, lösen aber nicht das grundlegende Problem der strukturellen Überarbeitung. Erst die systematische Verbindung dieser Ansätze schafft etwas, das sich wirklich als Refactoring im engeren Sinne bezeichnen lässt. Genau das macht "Refactoring as a Service" nicht nur zu einem interessanten Tool, sondern zu einem echten Gamechanger.

Natürlich – und das war uns von Anfang an bewusst – ersetzt "Refactoring as a Service" nicht den Menschen. Unser Ziel war es nie, die Expertise erfahrener Entwicklerinnen und Entwickler überflüssig zu machen. Ganz im Gegenteil: Wir wollten diese Expertise entkoppeln, also ermöglichen, dass sie unabhängig von individueller Verfügbarkeit, Projektkontext oder Zeitdruck eingesetzt werden kann. Deshalb haben wir all unser Wissen, unsere Erfahrungen und Prinzipien in diesen Service einfließen lassen – damit andere Teams davon profitieren können, ohne dass wir immer persönlich involviert sein müssen.

Das ist nicht nur für Entwicklerinnen und Entwickler spannend, sondern gleichermaßen interessant für Softwarearchitektinnen und -architekten, Teamleads und CTOs sowie alle, die sich intensiv mit Softwarequalität und Wartbarkeit auseinandersetzen. Denn Refactoring ist nicht nur ein technisches Hilfsmittel, sondern ein strategisches Instrument. Es entscheidet maßgeblich über Lebensdauer, Änderbarkeit und Erweiterbarkeit – und damit letztlich über den wirtschaftlichen Erfolg eines Projekts. Genau deshalb möchten wir mit "Refactoring as a Service" dazu beitragen, dass mehr Teams die Möglichkeit erhalten, ihre Codebasis auf ein solides und wartbares Fundament zu stellen.

An dieser Stelle fragen Sie sich vermutlich bereits: Klingt vielversprechend – doch wie viel kostet das Ganze? Wann und wie kann ich es ausprobieren? Die Antwort auf diese Fragen lautet leider: gar nicht. Denn heute ist der 1. April, und "Refactoring as a Service" existiert nicht.

Doch bevor Sie enttäuscht sind: Die Idee hinter "Refactoring as a Service" – also der Wunsch nach automatisiertem, reproduzierbarem und skalierbarem Refactoring – ist real und absolut verständlich. Wer von uns kennt nicht den Frust, sich durch Altlasten zu kämpfen, zu fragen, was sich jemand bei einem Stück Code gedacht haben könnte, und den Wunsch, einfach einen Knopf drücken zu können: "Jetzt Refactor" – klick, fertig. Leider ist es nicht ganz so einfach, und dafür gibt es gute Gründe.

Refactoring ist eben nicht nur eine technische Tätigkeit, sondern eine bewusste Entscheidung: eine Entscheidung darüber, wie Code strukturiert werden soll. Welche Konzepte getrennt, welche zusammengeführt werden müssen. Welche Benennungen welche Bedeutung tragen. Welche Architekturprinzipien zum Einsatz kommen, wann bestimmte Patterns sinnvoll sind und wann man bewusst darauf verzichten sollte. All das hängt unmittelbar mit einem fundierten fachlichen Verständnis zusammen: Sie können keine gute Struktur aufbauen, wenn Sie nicht wissen, was diese Struktur abbilden soll. Sie können keine Struktur sinnvoll bewerten, wenn Sie nicht verstehen, welche Anforderungen diese erfüllen muss. Genau deshalb ist Refactoring auch nichts, was sich rein nach Schema F automatisieren ließe. Es handelt sich eben nicht um einen rein technischen Akt, sondern um einen analytischen und diskursiven Prozess.

Natürlich gibt es Tools, Plug-ins und LLMs. Doch keines dieser Hilfsmittel kann Ihnen beantworten, ob eine Methode in einen Service oder in einen Controller gehört. Keines erkennt zuverlässig, ob eine bestimmte Implementierung noch zur aktuellen Realität passt oder lediglich ein Relikt früherer Feature-Iterationen darstellt. Keines entscheidet für Sie, ob ein Name tatsächlich treffend oder nur historisch gewachsen ist. Kein Tool abstrahiert Fachlichkeit umfassend, ersetzt Kommunikation oder übernimmt Verantwortung. All diese Dinge erfordern Erfahrung, Kontextverständnis, Empathie – also letztlich Menschen.

Deshalb ist gutes Refactoring stets gute Teamarbeit. Es bedeutet, innezuhalten, Code bewusst erneut zu lesen, zu verstehen, was er ausdrücken möchte, und anschließend in kleinen, wohlüberlegten Schritten etwas Besseres daraus zu machen. Etwas Klareres und Stabileres, das den Alltag erleichtert und nicht erschwert. Genau darin liegt auch die Verantwortung beim Refactoring. Wer refactored, entscheidet sich für langfristige Qualität – und gegen kurzfristige Bequemlichkeit. Das ist nicht immer einfach.

In vielen Teams fehlt dafür oft Zeit, Mut oder Rückendeckung. Features werden entwickelt, Stories geliefert und der Durchsatz optimiert – doch der Boden, auf dem alles steht, wird selten stabilisiert. Je länger das andauert, desto brüchiger wird das Fundament. Irgendwann wächst Refactoring dann zu einem Mammutprojekt heran, das niemand mehr anfassen möchte – obwohl anfangs nur wenige kleine Schritte nötig gewesen wären. Genau das darf nicht passieren.

Was also ist der bessere Weg? Sehen Sie Refactoring nicht als einmalige, große Aufgabe, sondern als kontinuierlichen Prozess. Machen Sie Refactoring zum festen Bestandteil Ihres Alltags, jeder Story, jedes Features, jedes Sprints. Refactoring ist nicht etwas, das man macht, wenn gerade Zeit übrig bleibt – sondern etwas, das man stets tun sollte, um sich die Zukunft deutlich einfacher zu gestalten. Das bedeutet konkret: kleine Schritte, regelmäßige Reviews, klare Verantwortlichkeiten, Mut zur Veränderung und ein gemeinsames Verständnis im Team, dass gute Software niemals Zufall ist, sondern das Ergebnis von Haltung, Prinzipien und kontinuierlicher Pflege.

(mai)