Deutsche Rakete "Spectrum" erfolgreich gestartet und nach 30 Sekunden abgestĂĽrzt

Nach wetterbedingter Verzögerung ist die deutsche Spectrum-Rakete in Norwegen gestartet. Der 30-Sekunden-Flug ist aus Unternehmenssicht ein Erfolg.

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Der Lift-Off von Spectrum in Norwegen.

(Bild: Isar Aerospace / YouTube, Screenshot: heise online)

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Die Spectrum-Rakete des bayerischen Start-ups Isar Aerospace ist zu ihrem ersten Flug aufgebrochen – der dauerte etwa 30 Sekunden. Danach fiel die Rakete ins Meer. Daniel Metzler, CEO und Mitgründer des Unternehmens, bezeichnete die Mission als "großartigen Erfolg". An zwei weiteren Raketen werde bereits gearbeitet. "Isar Aerospace bereitet sich auf den nächsten Start vor." Der Flug wurde am Sonntag live im Internet übertragen. Zuvor musste der Start mehrmals aufgrund der Wetterbedingungen verschoben werden. Um 12.30 Uhr hob der Flugkörper auf dem Startplatz am norwegischen Raumhafen Andøy ab. Dieser Testflug habe sämtliche Erwartungen erfüllt, so Metzler. "Wir hatten einen sauberen Start, 30 Sekunden Flugzeit und konnten sogar unser Flugabbruchsystem validieren."

In dem Livestream, der auch als Aufzeichnung auf YouTube zur Verfügung steht, ist zu sehen, wie Spectrum zunächst senkrecht abhebt. Kurz nach dem Start entwickelt die Rakete eine Pendelbewegung. Daraufhin kippt sie in eine waagerechte Position, woraufhin die Triebwerke sich abschalten. Anschließend fällt die Rakete zur Erde. Den Einschlag zeigt die Übertragung nicht, lediglich ein lauter Knall ist zu hören.

Die Spectrum kurz nach dem Start.

(Bild: Isar Aerospace / YouTube, Screenshot: heise online)

Ziel des Testflugs war laut Isar Aerospace, so viele Daten und so viel Erfahrung wie möglich zu sammeln. Das sei gelungen. Aufgrund strenger Sicherheitsvorkehrungen sei das Personal am Raumhafen stets sicher gewesen. Dass die Rakete den Orbit erreichen würde, galt bereits zuvor als weitgehend ausgeschlossen. Dass die Rakete explodiert, war ausdrücklich einkalkuliert worden. In der Vergangenheit habe es noch kein Unternehmen geschafft, seine erste Rakete in den Orbit zu bekommen, betonte eine Sprecherin vorab. "Die Rakete darf explodieren, das ist im Rahmen des Testflugs sogar wahrscheinlich", sagte sie, und: "30 Sekunden wären schon ein großer Erfolg."

Nach etwa 20 Sekunden kippt Spectrum, kurz danach schalten die Triebwerke ab.

(Bild: Isar Aerospace / YouTube, Screenshot: heise online)

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Als wegweisenden Schritt für die deutsche Raumfahrt bezeichnete Marie-Christine von Hahn, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie, die Mission. "Dieser Test einer hochkomplexen, in Deutschland gefertigten Rakete hat enorm viele Daten erbracht, die uns weitere Fortschritte ermöglichen." Um wettbewerbsfähig und unabhängig zu sein, würden finanzstarke Budgets für die Raumfahrt benötigt, sagte sie. "Konkret heißt das 500 Millionen Euro für das nationale Raumfahrtprogramm und 6 Milliarden für die Europäische Weltraumorganisation (ESA)."

Die ESA-Ministerratskonferenz in Deutschland im Herbst werde richtungsweisend. Europa müsse seine Souveränität im All sicherstellen. "Elon Musks Starlink ist nicht alternativlos – und darf es auch nicht sein." Die Spectrum-Rakete ist 28 Meter lang und hat einen Durchmesser von 2 Metern, je nachdem, welchen Orbit sie anstrebt, liegt die kommerzielle Last, die sie befördern kann – im Raumfahrtjargon: Payload – bei 700 bis 1000 Kilo. Zum Vergleich: Die bisher größte europäische Rakete, die Ariane 6 von Airbus, ist 62 Meter lang und kann eine Nutzlast von bis zu 21,6 Tonnen befördern. Die Falcon 9 von SpaceX ist 70 Meter lang und kann 22,8 Tonnen transportieren.

Spectrum schlägt in der Bucht aufs Wasser auf, der Startplatz befindet sich rechts dahinter.

(Bild: SciNews / Isar Aerospace, Screenshot: heise online)

Update

Auf der Webseite des norwegischen Streaming-Anbieters VGTV, Teil der Mediengruppe um die Tageszeitung "Verdens Gang", sind Start und Crash der Spectrum aus einer anderen Perspektive zu sehen. Ab Minute 7:00 kann man so den Einschlag der Rakete und deren Explosion beobachten. Wie Isar Aerospace inzwischen bestätigte, wurde der Flug abgebrochen. Die Webseite des Unternehmens ist derzeit überlastet, in einer durch das Internet Archive gesicherten Version schreibt Isar Aerospace, die Rakete sei "direkt ins Meer" gefallen. Das ist auf der Aufnahme von VGTV durch den flachen Bildwinkel nicht zu sehen, dieses Luftbild zeigt jedoch, dass sich links des Startplatzes noch eine Bucht erstreckt. Laut Isar Aerospace ist das Launch Pad unbeschädigt. Den gesamten Flug, samt Einschlag im Wasser, zeigt auch ein weiteres Video.

(nie)