Russland droht ausländischen Handy-Herstellern

Russland droht ausländischen Herstellern von Handys und Navigationsgeräten mit einem Einfuhrverbot, sollten sie auf ihren Produkten nicht das russische Ortungssystem Glonass installieren.

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Von
  • dpa

Der Chef des zuständigen Mischkonzerns AFK Sistema, Wladimir Jewtuschenkow, habe Firmen wie Nokia, Siemens und Motorola ein Importverbot angekündigt, wenn auf ihren Geräten nicht das russische Ortungssystem Glonass installiert sei. Das berichtete die Moskauer Wirtschaftszeitung Wedomosti am Wochenende auf ihrer Internetseite. "Sie verstehen, dass wir den Markt für Geräte ohne Glonass-Chip ohnehin schließen." Die Vorschrift gelte auch für Smartphones wie das iPhone. Das satellitengestützte Glonass gilt als Konkurrenzprodukt zum amerikanischen GPS-System.

Europäische Firmen arbeiten derzeit an einem eigenen Navigationssystem namens Galileo, das jedoch im Prinzip sowohl mit Glonass als auch mit GPS kompatibel sein soll. Russlands Präsident Dmitrij Medwedew erwähnte Ende Mai auf dem EU-Russland-Gipfel explizit Glonass und Galileo im Zusammenhang mit der angestrebten "Modernisierungspartnerschaft". Glonass-Satelliten dienen bereits seit etwa 2005 zum Testen der Galileo-Hardware.

Der Chef des Glonass-Betreibers NIS, Alexander Gurko, bestätigte laufende Verhandlungen mit den ausländischen Geräteherstellern. Nach Angaben Jewtuschenkows forderten die Unternehmen eine gesetzliche Grundlage für den angekündigten Ausschluss vom russischen Markt. Regierungschef Wladimir Putin begrüßte die Vorschrift. "Es ist gut, wenn unsere Partner verstehen, dass wir unsere nationalen Interessen schützen", sagte er bei einem Treffen mit Sistema-Chef Jewtuschenkow.

Experten vermuten, dass Russland die Hersteller zur Teilverlagerung ihrer Produktion in das eigene Territorium zwingen will. Zudem gibt es Befürchtungen, Russland könne das System zum Ausspähen von Regierungsgegnern einsetzen. Erst am Freitag hatte das Parlament trotz Protesten von Bürgerrechtlern und Oppositionellen einem Gesetz zugestimmt, das die Befugnisse des Inlandsgeheimdiensts FSB deutlich ausweitet.

Befürchtet wird auch, dass ein Verbot von Geräten ohne Glonass-Chip höhere Preise für Smartphones zur Folge habe sowie den Schwarzmarkt fördere. Es sei unvorstellbar, dass etwa Apple seine Modelle eigens für den russischen Markt mit Glonass ausstatte, hieß es.

Glonass sollte ursprünglich bereits von Ende 2007 an landesweit genutzt werden; seine Entwicklung hatte 1972 noch zu Zeiten der Sowjetunion begonnen. Jedoch verzögerten technische Probleme den Start immer wieder. Das System soll künftig sowohl militärischen als auch zivilen Zwecken dienen. (ck)