EKG-Toilettensitz auf der Altenpflegemesse zum Anfassen
Der "HARO EKG-seat" von Hamberger Medical zeigt an, ob Herzprobleme bestehen. Dazu sind in dem WC-Sitz Sensoren fĂĽr ein 6-Kanal-EKG integriert.
Das Tablet ist nur zu VorfĂĽhrungszwecken am Toilettensitz montiert und zeigt EKG-Kurven, die nach der Messung auch in der App zu sehen sind.
(Bild: heise online)
Der "HARO EKG-Seat" von Hamberger Medical GmbH, der auch auf der Altenpflegemesse getestet werden konnte, soll die Früherkennung von Herzrhythmusstörungen in den Alltag integrieren. Dazu sind in dem WC-Sitz, den das Unternehmen bereits im vergangenen Jahr auf den Markt gebracht hatte, Sensoren für ein 6-Kanal-EKG integriert. "Für die Zukunft wollen wir Telemedizin ermöglichen und medizinischem Fachpersonal eine Schnittstelle für ihre Software bereitstellen", erklärt Stephan Oswald von Hamberger Medical gegenüber heise online im Gespräch.
Der EKG-Seat ist speziell im Pflegebereich hilfreich, um die Zahl der Arztbesuche zu verringern und ein regelmäßiges Monitoring zu ermöglichen. "Wir wollen mit dem Sitz aber auch Menschen erreichen, die eher selten zum Arzt gehen und dabei helfen, Anomalien frühzeitig zu erkennen. Ein Ampelsystem in der App zeigt den Nutzern an, ob Handlungsbedarf besteht und sie einen Arzt konsultieren sollten", erklärt Oswald. Die Daten verbleiben dabei auf dem Smartphone, wobei passwortgeschützte PDF-Dateien an einen Arzt gesendet werden können.
Eine kürzlich abgeschlossene klinische Studie hat untersucht, ob ein mit EKG-Sensoren ausgestatteter Toilettensitz zuverlässig Vorhofflimmern erkennen kann. Die "Hamberger Heart Study" wurde am Universitätsklinikum Erlangen und am RoMed Klinikum Rosenheim durchgeführt. Die Wissenschaftler verglichen dabei die Messgenauigkeit des EKG-Toilettensitzes mit herkömmlichen medizinischen EKG-Geräten, insbesondere bei der Erkennung von Vorhofflimmern. Diese Herzrhythmusstörung betrifft in Deutschland etwa 1,6 Millionen Menschen und erhöht unbehandelt das Schlaganfallrisiko erheblich.
Laut Angaben von Hamberger Medical zeigen die Ergebnisse der klinischen Studie eine hohe Übereinstimmung zwischen dem 6-Kanal-EKG-System im Toilettensitz und dem medizinischen Standard 12-Kanal-EKG. Der Hersteller berichtet, dass das System besonders bei der Erkennung von Vorhofflimmern zuverlässige Resultate liefere.
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Der Anbieter hebt die einfache Handhabung als wesentlichen Vorteil gegenüber konventionellen EKG-Verfahren hervor. Die Probanden konnten den EKG-Seat ohne spezielle Einweisung nutzen, was laut Hersteller die Eignung für den häuslichen Einsatz und telemedizinische Anwendungen unterstreiche. Eine unabhängige Bewertung der vollständigen Studienergebnisse durch Fachexperten steht allerdings noch aus. Hamberger Medical hatte den EKG-Seat gemeinsam mit der Gruppe Medical Sensor Systems des Fraunhofer IIS entwickelt. Der Toilettensitz enthält vier Sensoren, die als Elektroden fungieren und beim Sitzen ein 6-Kanal-Ruhe-EKG aufzeichnen.
Eine Smartphone-App steuert die rund 30-sekündige Messung und analysiert die gesammelten Daten auf Anzeichen von Herzrhythmusstörungen. Die Messergebnisse lassen sich in der App speichern und bei Bedarf als passwortgeschütztes PDF (PDF) an den behandelnden Arzt weiterleiten. Ein Beispiel eines solchen Messprotokolls ist auf der Website des Herstellers einsehbar. Der Hersteller hatte den Sitz zuvor bereits nach der Medizinprodukteverordnung (MDR) zertifizieren lassen.
Der EKG-seat selbst kostet knapp 2.500 Euro. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten bisher nicht, für Privatversicherte besteht je nach Tarif die Möglichkeit einer Kostenerstattung. Der Hersteller bietet auch Finanzierungsoptionen mit monatlichen Raten an. In den Sitz sind Batterien integriert, die bei ein bis zwei täglichen Messungen fünf bis sieben Jahre lang halten sollen. Ein Ersatz-Batteriepack kostet rund 60 Euro. Der Toilettensitz passt laut Hersteller auf die meisten handelsüblichen WC-Keramiken und verfügt über einen antibakteriellen Oberflächenschutz.
Nicht der einzige EKG-Toilettensitz
Auf dem internationalen Markt gibt es mit dem "Heart Seat" des US-Unternehmens Casana ein ähnliches Produkt, das sich allerdings noch in der Entwicklungsphase befindet. Die FDA hat dem Heart Seat bereits eine Zulassung für die Messung von Herzfrequenz und Blutsauerstoffsättigung erteilt. Die Technologie könnte für ältere Menschen und Patienten mit bekannten Herzproblemen interessant sein, da sie ohne zusätzlichen Aufwand in den Alltag integriert werden kann und regelmäßige Messungen ermöglicht, ohne dass die betreffende Person aktiv daran denken muss.
Informationen von der Altenpflegemesse und vom Hersteller nach einem Gespräch ergänzt.
(mack)