Aufteilung der deutschen Stromgebotszone soll deutlichen Kostenvorteil bringen

Bisher ist Deutschland eine einzige Gebotszone, in der der gleiche Strompreis gilt. Die Ăśbertragungsnetzbetreiber schlagen eine Neuordnung vor.

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Strommasten

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(Bild: pan demin/Shutterstock.com)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Zahlen wir in Deutschland in Zukunft regionale Strompreise? Eine aktuelle Studie des Übertragungsnetzbetreibers kommt zu dem Schluss, dass eine Neuregelung der Gebotszonen finanzielle Vorteile bringen könnte. Für die Studie hat der Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber, das European Network of Transmission System Operators for Electricity (ENTSO-E), die Strommärkte von Mittel- und Nordeuropa analysiert und anschließend 14 verschiedene Konfigurationen der Gebotszonen bewertet. Er schlägt eine Neuordnung einer der beiden Regionen vor.

Eine Gebotszone ist ein Gebiet, in dem Käufer und Verkäufer auf dem Strommarkt innerhalb einer Zone Strom handeln können, ohne auf den Transportbedarf des Stroms achten zu müssen. Innerhalb der Gebotszone ist der Strompreis gleich. Diese Zonen halten sich weitgehend an die europäischen Ländergrenzen, mit Ausnahmen: So bilden etwa Deutschland und Luxemburg eine Zone. Schweden hingegen ist in vier solche Zonen unterteilt.

Das Problem ist: Wenn in Norddeutschland viel Wind weht, speisen die Windräder viel Strom ins Netz. Das Überangebot führt aber dazu, dass die Windräder, die günstigen Strom erzeugen, abgeschaltet werden müssen, weil der Strom nicht abtransportiert werden kann. Das ist der Fall, weil die Trassen fehlen, um den Strom zu transportieren, etwa in die südlichen Bundesländer, wo die großen industriellen Verbraucher ihren Sitz haben.

Kann der Bedarf der Industriebetriebe nicht gedeckt werden, müssen im Süden Kraftwerke aktiviert werden, die teuren Strom liefern. Der Effekt ist, dass in ganz Deutschland der Strompreis steigt. Die ENTSO-E schlägt deshalb vor, die Gebotszone Deutschland-Luxemburg aufzuteilen. Auch die Niederlande sollen demnach neu geordnet werden. Eine Aufteilung von Deutschland-Luxemburg in fünf Gebotszonen würde dabei die höchste wirtschaftliche Effizienz unter den analysierten Konfigurationen bringen. Hier sieht die ENTSO-E ein Einsparpotenzial von 339 Millionen Euro gegenüber dem Jahr 2025. Andere Aufteilungen bringen weniger, aber immer noch Kostensenkungen von 251 Millionen Euro.

Eine Aufteilung der Niederlande würde neun Millionen Euro bringen. Alternative Konfigurationen in Frankreich und Italien hingegen hätten demnach negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Effizienz. Auch Schweden soll demnach seine aktuelle Aufteilung beibehalten. Alle alternativen Konfigurationen, die die Studie beleuchtet hat, fielen schlechter aus.

Eine Neuordnung der Gebotszonen löse nicht alle Probleme, sagte Lion Hirth, der an der Hertie School Berlin Energiepolitik lehrt und Geschäftsführer der Beratungsfirma Neon Neue Energieökonomik ist, in einem Briefing des Science Media Center. Ohne diese hält er jedoch die Energiewende für schwierig. Dadurch würde länger an Großkraftwerken festgehalten. Der Ausbau von Batteriespeichern und aus regionalen Erzeugern von erneuerbaren Energien werde gebremst. In demselben Briefing sagte Karsten Neuhoff, Leiter der Abteilung Klimapolitik, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), er halte das Einsparpotenzial für höher als die ENTSO-E.

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Kritik hingegen kommt vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und dem Verband der Automobilindustrie (VDA). In einer gemeinsamen Erklärung bezeichnen die beiden Chefinnen Kerstin Andreae (BDEW) und Hildegard Müller (VDA) eine Aufteilung des deutschen Strommarkts als "weder sinnvoll noch verhältnismäßig". Die Idee einer Aufteilung der deutschen Strompreiszone könne "ökonomisch nicht überzeugen". Die Einsparungen seien gering und nur kurzfristig.

"DemgegenĂĽber wĂĽrde eine Aufteilung des deutschen Strommarkts in mehrere Preiszonen zu massiven Unsicherheiten fĂĽr die Industrie fĂĽhren und zudem das Investitionsklima fĂĽr erneuerbare Energien erheblich eintrĂĽben", schrieben Andreae und MĂĽller und forderten die Bundesregierung auf, sich "weiterhin nachdrĂĽcklich fĂĽr den Erhalt der einheitlichen Stromgebotszone" einzusetzen.

(wpl)