Brasilien: Steuererleichterungen für Investitionen in Rechenzentren

Brasilien positioniert sich als Standort für den Bau von Rechenzentren und wirbt mit Steuererleichterungen. Der TikTok-Mutterkonzern ByteDance zeigt Interesse.

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Serverschränke mit Servern in einem Rechenzentrum

(Bild: Gorodenkoff / shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andreas Knobloch
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Brasilien möchte sich als Standort für Rechenzentren ins Spiel bringen und so Milliardeninvestitionen anlocken. Finanzminister Fernando Haddad werde bei seinem Besuch im Silicon Valley in dieser Woche Brasilien gegenüber US-Tech-Konzernen als nachhaltigen Standort anpreisen. Als Anreiz hat er Steuerbefreiungen für IT-bezogene Investitionsausgaben in Brasilien im Gepäck. Das berichtete am Montag die Nachrichtenagentur Reuters und beruft sich dabei auf vier mit der Angelegenheit vertraute Quellen.

Dem Bericht zufolge reist Haddad am Freitag nach Kalifornien. Am 6. Mai wird er in Palo Alto ein Frühstück mit Führungskräften aus der Tech-Branche geben, bei dem er für Brasilien als nachhaltigen IT-Investitionsstandort werben wird, der auf die reichlich vorhandenen erneuerbaren Energien setzt. Brasilien könne sein Potenzial an sauberer Energie nutzen, um Investitionen anzuziehen und Rechenzentren zu errichten, sagte Haddad im Vorfeld der Reise. Nach Ansicht des Ministers, so brasilianische Medien, soll die neue Steuerpolitik für Rechenzentren die privaten Investitionen im Land deutlich ankurbeln, indem sie die digitale Infrastruktur stärkt und günstigere Bedingungen für Innovationen schafft.

Zwei der Reuters-Quellen zufolge wird die brasilianische Regierung IT-bezogene Investitionsausgaben für Rechenzentren von den wichtigsten Bundessteuern befreien. Der Hauptkostenpunkt solcher Investitionen sei nicht die Elektrizität, die in Brasilien größtenteils aus erneuerbaren Energien wie Wasser, Sonne und Wind stammt, sondern die Abschreibung der Hardware, so eine der Quellen. Aufgrund des komplexen Steuersystems Brasiliens stellten diese Kosten eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Nicht-IT-Investitionen, wie der Bau von Gebäuden, sollen nach den Plänen der Regierung nicht von Steuern befreit werden. Folglich könnte im Gesamtpaket die Errichtung neuer Rechenzentren daher sogar mehr Geld in die Staatskasse spülen.

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Brasilien hat im vergangenen Jahr eine große Steuerreform verabschiedet, die Steuerbefreiungen für Investitionen vorsieht, die jedoch erst im Jahr 2033 in Kraft treten sollen. Die jetzige Initiative unter Federführung des Entwicklungs- und des Finanzministeriums zielt darauf ab, bestimmte Steuervorteile vorzuziehen, um Investitionen in Rechenzentren zu fördern. Um in den Genuss der Steuervorteile zu kommen, müssen die Projekte gewisse Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, einschließlich der Verwendung von 100 Prozent erneuerbarer Energie. Zudem muss ein erheblicher Teil der Rechenleistung der zu errichtenden Zentren für die inländische Nutzung reserviert werden. Auch sollen die Investoren Geld in einen Fonds einzahlen, der Brasiliens KI-Ökosystem unterstützt.

Das brasilianische Finanzministerium schätzt laut Reuters, dass die neuen Steueranreize in den nächsten zehn Jahren rund zwei Billionen Reais (310 Milliarden Euro) an Investitionen freisetzen könnten. Dies schließt Effekte für das Baugewerbe, die Telekommunikation und KI-bezogene Dienstleistungen ein.

Angesichts der zunehmenden globalen Handelskonflikte, vor allem der von der US-Regierung Donald Trump verhängten und derzeit pausierten weltweiten Strafzölle und der Spannungen zwischen Washington und Peking, untermalt Brasilien laut der Reuters-Quellen seine Investitionsoffensive mit dem Argument der diplomatischen Offenheit des Landes. Brasilia hat weder im Ukrainekrieg noch im Handelsstreit zwischen den USA und China eindeutig Partei ergriffen, sondern sich vielmehr als Vermittler ins Spiel gebracht.

Dieselben Quellen sprachen demnach über Erwägungen von ByteDance, dem chinesischen Mutterkonzern von TikTok, über eine geplante Investition in Rechenzentren in Brasilien, bei der die reichlich vorhandene Windenergie an der Nordostküste des Landes genutzt werden soll. Das Unternehmen befinde sich in Gesprächen mit Brasiliens führendem Produzenten erneuerbarer Energien, Casa dos Ventos, um eine Anlage im Hafenkomplex von Pecém im nordöstlichen Bundesstaat Ceará zu entwickeln, schreibt Reuters mit Verweis auf zwei nicht genannte Quellen. Eine der Quellen sagte, dass sich die ersten Gespräche auf ein 300-Megawatt (MW)-Rechenzentrum konzentrieren. Das Projekt könnte aber in einer zweiten Phase auf 900 MW erweitert werden.

Sollte das Projekt realisiert werden, würde Brasilien zu einem der wichtigsten Standorte der Aktivitäten von ByteDance in der Hemisphäre werden. Die Gespräche finden zu einem Zeitpunkt statt, da der chinesische Konzern in den Vereinigten Staaten unter Druck steht, sich von seinem TikTok-US-Geschäft zu trennen, während Brasilien versucht, sich als globales Drehkreuz für die schnell wachsende Rechenzentrumsbranche zu positionieren.

(akn)