Spanien und Portugal: Strom weitestgehend zurück, Ursache für Blackout unklar
Nachdem Spanien und Portugal am Montag den bislang schlimmsten Stromausfall erlebt haben, sind die Lichter inzwischen wieder an. Die Ursache bleibt unklar.
Leer gekaufte Regale nach Panikkäufen in Cartagena
(Bild: P4K1T0, Compras de pánico en Cartagena, CC0 1.0)
Nach dem schlimmsten Stromausfall in der Geschichte Spaniens normalisiert sich die Lage auf der Iberischen Halbinsel langsam. Inzwischen fließen wieder über 92 Prozent der benötigten Elektrizität. Das teilte der Stromnetzbetreiber REE (Red Eléctrica de España) am frühen Dienstagmorgen mit. Gleichzeitig gibt es weiterhin keine Information zur Ursache für das historische Ereignis, lediglich Spekulationen in verschiedensten Richtungen. Die Tageszeitung El País berichtet, dass um 12:32 Uhr MEZ plötzlich 60 Prozent der erzeugten Energie aus dem Stromnetz verschwunden sind. Es fehlten also innerhalb von Sekunden 15 Gigawatt an Elektrizität. Daraufhin brach die komplette Stromversorgung auf der Halbinsel zusammen.
Jubel über wiederkehrende Beleuchtung
Infolge des Stromausfalls war etwa die spanische Hauptstadt Madrid neun Stunden lang weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten. Als die Lichter dort nach Einbruch der Dunkelheit wieder angingen, jubelten die Menschen lautstark auf der Straße, aus den Fenstern und von den Balkonen. Aus fahrenden Autos wurde "Siii" ("Jaaa") und "Vivaaa!" ("Hurra") gerufen, andere sangen begeistert "Y Viva España". Ähnliches berichtet die portugiesische Tageszeitung aus dem Nachbarland und zeigt Aufnahmen tanzender Menschen in der Hauptstadt Lissabon. Dort wurde die Stromversorgung demnach kurz vor Beginn der Dunkelheit wieder hergestellt.
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Vorher waren die Auswirkungen des Stromausfalls massiv, unzählige Menschen haben in U-Bahnen und Aufzügen festgesessen, auch das Internet und die Telefonnetze funktionierten nicht. Die Eisenbahngesellschaft Renfe hat mehr als 30.000 Menschen aus stehen gebliebenen Zügen evakuiert, berichtet die Zeitung La Vanguardia. Auf den Straßen gab es teils chaotische Szenen, weil Ampeln ausgefallen waren. El País berichtet von einem 37-jährigen Zivilisten, der an einer viel befahrenen Kreuzung in Barcelona den Verkehr regelte. Geschäfte wurden reihenweise geschlossen, in anderen konnte nur mit Bargeld bezahlt werden. Unzählige konnten faktisch nicht arbeiten, der wirtschaftliche Schaden dürfte in die Milliarden gehen.
Spekulationen über die Ursache
(Bild: REE)
Zur Ursache des Stromausfalls gibt es bislang nur Spekulationen, Einigkeit besteht aber wohl darüber, dass er in Spanien seinen Ursprung hatte. Mehrere Medien zitieren den portugiesischen Stromnetzbetreiber REN (Redes Energéticas Nacionais) mit der Behauptung, dass ein seltenes meteorologisches Phänomen im Herzen Spaniens verantwortlich war. Extreme Temperaturschwankungen hätten anomale Schwingungen in den Hochspannungsleitungen ausgelöst, zitiert der Guardian und ergänzt, dass das als "induzierte atmosphärische Schwingung" bekannt sei. Die folgenden Synchronisationsstörungen zwischen den Stromnetzen hätten dann die katastrophalen Folgen ausgelöst.
In Erwägung gezogen wird aber auch ein Cyberangriff als Ursache, wenngleich der laut Einschätzung von Experten extrem kompliziert gewesen wäre. Eine erste Einschätzung in diese Richtung kam laut El País vom Premierminister Andalusiens, wobei der später eingestanden habe, dass er vorher mit keiner Institution darüber geredet hatte. Aus der EU-Kommission hieß es derweil, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass der Stromausfall absichtlich herbeigeführt wurde. Die für Cybersicherheit zuständige Behörde INCIBE habe mit einer diesbezüglichen Untersuchung begonnen. Auch beim Verteidigungsministerium laufe solch eine Analyse.
Vergleichbares in Deutschland unwahrscheinlich
Laut der Bundesnetzagentur ist ein vergleichbar massiver Stromausfall kaum zu befürchten. "Ein großflächiger, langanhaltender Blackout ist in Deutschland unwahrscheinlich", zitiert die Nachrichtenagentur dpa die Behörde. Das Stromnetz sei hierzulande redundant ausgelegt. Das bedeute, dass der Ausfall einer Leitung von einer anderen Leitung aufgefangen würde. Der Netzagentur-Chef Klaus Müller sagte zudem in der Tagesschau, "für den Fall der Fälle hätten wir Kraftwerke, sogenannte schwarzstartfähige Kraftwerke, die ein solches Netz wieder aufbauen könnten". "Das heißt, Deutschland ist gut vorbereitet", versicherte er schließlich. Für die Menschen gilt das aber nicht, hieß es 2022 von Deutschlands Versicherungswirtschaft.
Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP hat der portugiesische Netzbetreiber inzwischen dementiert, ein meteorologisches Phänomen für den Stromausfall verantwortlich gemacht zu haben. Das berichtet unter anderem die BBC. Die Nachrichtenagentur Reuters hat den gegenteiligen Bericht zurückgezogen. Der Titel der Meldung wurde geändert.
(mho)