Glasfaserausbau: Deutschland bleibt absehbar DSL-Land
Die Wettbewerber der Telekom investieren erneut weniger in den Netzausbau, während der Bonner Riese Strecke macht. Die Branche hofft auf die DSL-Abschaltung.
(Bild: ThomBal / Shutterstock.com)
Im hart umkämpften Markt um Breitband- und Mobilfunkanschlüsse bleibt das politische Streitpotenzial groß: Die Wettbewerber der Deutschen Telekom wollen die anstehende schrittweise Abschaltung der DSL-Kupferleitungen dafür nutzen, ihre Marktanteile auszubauen. Denn der DSL-Markt ist weiter fest in Telekom-Hand, während bei Glasfaser andere Anbieter dominieren. Doch das kann sich ändern, fürchten die Anbieter.
Die jährliche Marktanalyse im Auftrag des Verbands für Telekommunikations- und Mehrwertdienste (VATM) liefert erste Prognosen für das Jahr 2025: Demnach werden die anderen Anbieter insgesamt etwa 6,9 Milliarden Euro in den Ausbau von Mobilfunk- und gigabitfähigen Infrastrukturen investieren. Damit setzt sich der sinkende Trend fort, der Höhepunkt wurde 2022 mit 8,5 Milliarden Euro erreicht. Anders bei der Deutschen Telekom: Die würde, so die Berechnungen, in diesem Jahr mit 5,2 Milliarden Euro mehr für die Telekommunikations-Infrastruktur ausgeben als in den vorangegangenen Jahren.
Für die Wettbewerber sind dabei nicht nur die Kosten gestiegen. Langsam werden große, zusammenhängende Ausbauflächen knapp. Doch eigentlich ist das Potenzial da: Von den 39,2 Millionen Festnetzanschlüssen sind 23 Millionen DSL-Anschlüsse und 1,7 Millionen schmalbandige Leitungen. Die in den vergangenen Jahren weiter aufgemotzte Kabelfernsehinfrastruktur kommt immerhin noch auf 8,4 Millionen Haushalte. Und die schnelle Glasfaser? Kommt bislang nur auf 6,1 Millionen Anschlüsse.
Homes Passed vs. Homes Activated
Die scheidende Bundesregierung hatte sich ursprünglich zum Ziel gesetzt, dass bis 2025 die Hälfte und bis 2030 alle Haushalte mit Glasfaser versorgt werden könnten. Und in der Erde schlummern bereits vielerorts die schnellen Leitungen – Ende des Jahres sollen die Wettbewerber an 12,2 Millionen Haushalten und damit 1,2 Millionen mehr als Ende 2024 ihre Kabel vorbeiverlegt haben. Die Telekom soll sogar einen Sprung von 10,1 auf 12,6 Millionen Haushalte machen, die theoretisch versorgbar wären.
Allerdings heißt "Homes Passed" noch lange nicht, dass die Haushalte auch tatsächlich angeschlossen sind. Gerade einmal 1,5 Millionen beziehungsweise 14,9 Prozent der Ende 2024 erreichbaren Haushalte hatten auch tatsächlich einen Glasfaseranschluss beim Ex-Monopolisten gebucht, die sogenannten Homes Activated. Bei den Wettbewerbern waren es laut VATM-Marktanalyse mit 3,7 Millionen fast dreimal so viele (33,6 Prozent). Ende 2025 würden laut Studie 2 Millionen aktiven Telekom-Glasfaseranschlüssen und 1,8 Millionen weiteren Homes Connected dann 8,8 Millionen nur auf dem Papier erschlossene Haushalte gegenüberstehen.
Die Telekom-Wettbewerber sehen das als Vorbereitungshandlung für die Abschaltung des Kupfernetzes, auf dem die DSL-Technologie basiert: In dem Markt dominiert bis heute die Deutsche Telekom. Ein renditeträchtiges Geschäft: Denn selbst wenn andere Anbieter den Kunden einen DSL-Vertrag vermitteln, steckt dahinter in der Regel von der Telekom gemietete Leitungskapazität.
Wenig Wechselbereitschaft
Das technische Ende ist bei DSL eigentlich bereits erreicht, die Technik ausgereizt und mittelfristig werden auch die Komponenten knapp, da kaum ein Land mehr auf DSL setzt. Doch in der Vorausberechnung für den VATM kommen die Studienautoren zu dem Schluss: Bis 2030 wird DSL in allen Szenarien weiterhin die dominante Leitungstechnik in Deutschland bleiben, da es bislang keinen Druck gibt. Das könnte sich zwar ändern – aber konkret fassbare politische Vorgaben enthält der Koalitionsvertrag der kommenden Bundesregierung dazu nicht.
Doch solange die DSL-Infrastruktur vorhanden ist, gibt es fĂĽr viele Nutzer auch keinen Grund zu wechseln. Zwar stieg laut der VATM-Marktanalyse der Datenhunger der Nutzer weiter und dĂĽrfte pro Festnetzanschluss von 321,5 Gigabyte pro Monat auf 342,7 Gigabyte wachsen. Doch fĂĽr viele Nutzer reichen bislang zumindest auch fĂĽr 4K-Streamingangebote die 250 Megabit/s, die VDSL-AnschlĂĽsse im Downstream zur VerfĂĽgung stehen.
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Zudem tun sich die Unternehmen mit der Vermarktung der Glasfaseranschlüsse weiter schwer: Das Hauptvertriebsmittel sind schlecht beleumundete Haustürvertreter. In einem Fall hatte kürzlich die zur Vonovia-Gruppe gehörende Deutsche Wohnen den Glasfaservertretern der Deutschen Telekom ein allgemeines Hausverbot ausgesprochen. Ein Einzelfall sei das, heißt es vom VATM: "Dass eine große Wohnungsgesellschaft ein Hausverbot ausgesprochen hat, ist uns nur von der Deutschen Wohnen bekannt." Der Verband hatte vor Jahren seine Mitgliedsunternehmen bereits auf den sogenannten Haustürkodex verpflichtet, der Mindeststandards für den Haustürvertrieb festlegt und dem sich auch die Telekom freiwillig unterworfen hat.
Markt dĂĽrfte sich weiter konsolidieren
Dass von den heutigen etwa 270 Glasfaseranbietern angesichts des harten Konkurrenzkampfes alle dauerhaft am Markt bleiben würden, damit rechnet VATM-Geschäftsführer Frederic Ufer nicht: Telekommunikation sei ein Skalengeschäft, das sich erst mit sechs- oder siebenstelligen Kundenzahlen wirklich rentieren könne. Vor allem kommunale Anbieter, die durch ihren Auftrag regional beschränkt agierten, sieht Ufer mittelfristig aus dem Markt gehen: "Da wird es ganz natürliche Prozesse geben, dass solche Anbieter den Markt verlassen oder auf andere Geschäftsmodelle wie passive Infrastruktur wechseln."
(vbr)