Lob vom Richter: KI-generiertes Abbild eines Getöteten äußert sich in US-Gericht

Bevor der zuständige Richter das Strafmaß für einen Totschlag im US-Bundesstaat Arizona verkünden konnte, äußerte sich der Getötete scheinbar selbst – dank KI.

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Oberkörper eines bärtigen Mannes

Das KI-Abbild von Christopher Pelkey

(Bild: Stacey Wales)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Vor der Entscheidung auf das Strafmaß in einem Verfahren zu einem Tötungsdelikt im US-Bundesstaat Arizona hat die Schwester des Opfers ein KI-generiertes Video ihres Bruders abgespielt, in dem dessen Abbild sich nicht nur an den Richter wendet. Das geht aus dem jetzt öffentlich gemachten Film und Berichten von US-Medien hervor. Überraschend war laut einer Expertin, wie gut der generierte Film angekommen ist, der Richter hat sich explizit dafür bedankt und das Opfer danach – entgegen den Gepflogenheiten – beim Vornamen genannt. "Ich habe diese KI geliebt", sagte Richter Todd Lang laut einem weiteren Video, das die Schwester des Opfers veröffentlicht hat. Der Angeklagte wurde in der Folge zur Maximalstrafe von zehneinhalb Jahren Haft verurteilt.

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Wie die Washington Post erklärt, ging es in dem Verfahren um die Tötung eines Mannes namens Christopher Pelkey im November 2021 an einer Ampel in der Stadt Chandler in Arizona. Der wurde damals von einem Mann erschossen, der ihn angehupt hatte. Die Schuld des Mannes wurde demnach im März von einer Jury festgestellt, in der jetzt angesetzten Anhörung ging es lediglich darum, das Strafmaß festzulegen. Dafür war der Richter zuständig, vorher durften Angehörige des Opfers und die Vertretungen der Anklage und des Angeklagten zu Wort kommen. Die Schwester des Getöteten habe nach eigener Aussage vorher eine Stellungnahme für diesen Anlass verfasst und dabei immer wieder die Stimme ihres toten Bruders im Kopf gehört, schreibt NPR.

Innerhalb weniger Tage habe ihr Ehemann mit einem Geschäftspartner das KI-generierte Video ihres Bruders erstellt, die Worte selbst stammten dabei aber nicht von Algorithmen. Die Schwester hat sie verfasst und zusammen haben sie diese dem KI-Abbild in den Mund gelegt. Das jetzt publik gemachte Video hat dabei immer wieder kleine Aussetzer im Ton, das Bild selbst ist aber stabil. Das generierte Abbild dankt erst einmal allen Beteiligten für die Taten seit seinem Tod und für die Hilfe während des Gerichtsverfahrens. Auch für den Richter gibt es persönliche Worte. Dem Angeklagten sagt es: "In einem anderen Leben hätten wir vielleicht Freunde sein können". Es folgt Bedauern, das Altern nicht erleben zu können und zum Schluss ein: "Ich gehe dann mal fischen."

Videos by heise

Der zuständige Richter erklärte später noch, "Ich glaube, dass das echt war." Auch sonst waren die Reaktionen vor Ort wohl äußerst positiv. Das sei überraschend, zitiert die Washington Post die Juraprofessorin Diana Bowman. Zuletzt gab es immer wieder Fälle von KI-generierten Texten und sogar Videos vor Gerichten, die Reaktionen waren jedes Mal verheerend. In Arizona lief das wohl jetzt auch deshalb anders, weil das KI-Video erst abgespielt wurde, als keine Jury mehr anwesend war. Außerdem wird nicht verschwiegen, dass es sich um eine KI-Kreation handelt. Laut der US-Zeitung hat der Richter um eine Kopie gebeten, um sie seinen Kollegen und Kolleginnen vorzuführen. Die Schwester selbst hatte den Film vorher weder ihrer Familie noch dem Gericht gezeigt.

(mho)