ProzessorgeflĂĽster
Die Konzerngewinne sprudeln, neue Aufkäufe ändern hier und da die Landschaft, Storage-Riese EMC2 positioniert sich stärker gegen Oracle und Co. und fürs energiesensible Cloud Computing laufen sich neue Architekturen (weniger) warm.
- Andreas Stiller
Paul, den mit hoher Treffsicherheit vorhersagenden Tintenfisch aus Oberhausen, hätten die professionellen Glaskugelexperten der Finanz- und Marktforschungsinstitute auch gerne in ihren Reihen, etwa für Prognosen bevorstehender Quartalszahlen. Bei Intels Bilanzen lagen die menschlichen Orakler ohne Pauls Hilfe ein Stück daneben: 10,25 Milliarden US-Dollar Umsatz sagten sie voraus, 10,8 Milliarden sind es geworden, bei einem Traumgewinn von 2,9 Milliarden. Auch für AMD siehts nicht schlecht aus, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Hier sehen die Analysten wie im letzten Quartal einen Umsatz von etwa 1,55 Milliarden US-Dollar und damit über 30 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Das dürfte wieder für schöne schwarze Zahlen reichen.
Der Aufschwung setzt sich also fort und Intel kann munter weiter investieren. So munkelt man, dass sich die Kalifornier mit Infineon weitgehend handelseinig seien. Intel will Infineons Handychip-Sparte für 1,1 bis 1,4 Milliarden Dollar übernehmen. Auf diesem Weg käme dann wohl auch ARM wieder zurück ins Intel-Reich. Ein paar übergebliebene XScale-ARM-Designs dümpeln hier zwar noch aus alter Zeit bei den I/O-Prozessoren herum, „Nicht empfohlen für neue Designs“ heißt es bei ihnen jedoch. Das könnte mit den Infineon-Chips nun wieder anders werden und die Atom-Prozessoren bekommen womöglich bald ernstzunehmende hausinterne Konkurrenz.
Unwahre Gerüchte …
Das wird dann prozessormäßig noch ein bisschen unübersichtlicher. Angesichts der zahlreichen Core-i- und Atom-Pferdchen sehen manche Kassandra-Rufer ohnehin keinen Platz mehr für den Celeron und haben nach diffusen Hinweisen aus Fernost schon seinen Abgesang eingeläutet. Doch Intel reagierte empört und umgehend: „Das Gerücht ist nicht wahr, Intel hat keine Pläne, die Celeron-Marke 2011 auslaufen zu lassen“ – so Intel-Sprecher Barry Sum.
Andere Gerüchte aus Fernost hat Intel indes bislang nicht dementiert, nämlich die zur taiwanischen Website xfastest.com durchgetunnelten Namen und Spezifikationen der ersten Sandy-Bridge-Prozessoren, die für Anfang 2011 geplant sind. Die Chips mit der neuen Architektur – 256-bittige Vektoreinheit AVX, großer Loop Stream Detection Buffer und viele Verbesserungen mehr – sollen weiterhin unter Core i3, i5 und i7 laufen.
Derweil hat sich auch Oracles Hardware-Abteilung gerührt und ohne großes Aufheben ein paar neue sowie einige überarbeitete Sun-Fire-Systeme mit Intel Xeon 5600 (Westmere) und 7600 (Nehalem-EX) herausgebracht. Das war zu Sun-Zeiten noch anders, wo auch die kleinsten Server-Stapelläufe mit viel Rummel gefeiert wurden.
Und während sich Oracle als Softwarehaus die passende Hardware dazu gekauft hat, geht der Storage-Konzern EMC2 mit dem umtriebigen Ex-Intel-Manager Pat Gelsinger an der operativen Spitze genau den umgekehrten Weg.
… und wahre
Server mit Nehalem-Prozessoren hat EMC2 im Rahmen der Atmos Cloud Storage Platform bereits im Angebot – eine Ausdehnung auf neue Server samt eigener Software für Warehouse- und Cloud-Computing liegt in der Luft. Und so hat EMC2 folgerichtig unlängst den Data-Warehouse-Spezialisten Greenplum akquiriert und in eine neu geschaffene Division eingegliedert, die sich schon allein vom Namen her – „Data Computing Products Division” – nicht nur auf Data Warehouses und Business Analytics beschränken dürfte. Mit Greenplums massiv paralleler Datenbank sowie dafür optimierten Server- und Storage-Systemen will EMC2 nun verstärkt in den Wassern von Oracle fischen, in denen ja auch noch die Altmeister IBM und HP ihre Netze liegen haben.
Server-Hardware und Datenbanken oder Cloud Computing insbesondere aus Energiespargründen besser aufeinander abzustimmen – das ist eine Aufgabe, der sich auch viele kleinere Start-ups im Silicon Valley verschrieben haben. Schooner Information Technology etwa hat MySQL – das jetzt ja auch zu Oracle gehört – mit einer speziellen Appliance auf IBM-x3650-M2-Server optimiert und SeaMicro Inc setzt, wie im letzten Heft vorgestellt, Server-Cluster aus 512 kleinen Atom-Prozessoren in einem Rack von zehn Höheneinheiten zusammen. Doch mit speziellen Multikern-Prozessoren ist gegebenenfalls noch weit mehr drin – so etwa mit dem TilePro64-Chip des Start-ups Tilera. Dieser wird zwar noch in riesigen 90-nm-Strukturen von TSMC gefertigt, packt aber dennoch immerhin 64 Kerne auf einen Chip.
Kürzlich brachte Partner Quanta den mit acht TilePro64-Prozessoren (900 MHz) bestückten Server SQ2 für Cloud Computing heraus. Auf nur zwei Höheneinheiten sind hier 512 Kerne versammelt, die sich mit 35 bis 50 Watt zufriedengeben. Ein Rack mit zwölf SQ2-Systemen soll laut Tilera die Performance von 100 aktuellen Intel-Zweiwegesystemen erzielen, aber 80 Prozent weniger Betriebskosten verursachen.
Des Weiteren gibts im Silicon Valley auch noch Azul, deren Vega-3-Prozessoren mit 54 Kernen speziell auf Java zugeschnitten sind. Nun hat Azul eine Java VM für x86-64 zum Einsatz unter einem Hypervisor (derzeit KVM oder VMware ESX Server) veröffentlicht. Zing ermöglicht zum einen eine bequeme Migration der Java-Software zwischen den eigenen proprietären Vega-Systemen und dem x86-Universum und kann zum anderen aber auch als eigenständiges Produkt einen Gegenpol zur Monopolisierung durch Java-Krake Oracle (Bea, Sun) setzen. Und sollte es mal mit den eigenen Prozessoren nicht so klappen, so hat die Firma mit Zing ein weiteres Standbein.
Die eigentliche Überraschung bei den energiesparenden Server-Chips ist aber leider ausgeblieben. Wie Ashlee Vance von der New Yorks Times bloggte, wollte nämlich Sun ernsthaft mit einem eigenen x86-Prozessor in diesem Bereich aufwarten. Dazu hatte sich Sun die kleine Prozessor-Klitsche Montalvo einverleibt sowie das eine oder andere junge Talent von AMD abgeworben. Aber daraus wurde bekanntlich nichts. Käufer Oracle hat bislang keinen Kommentar dazu abgegeben, aber (fast) niemand glaubt, Oracle-Chef Larry Ellison würde sich auf so einen abenteuerlichen Kurs begeben und sich mit Intel anlegen – das wäre viel eher Pat Gelsinger bei EMC2 zuzutrauen.
| Sandy Bridge | |||
| Prozessor | Takt | Kerne/Threads | L3-Cache |
| Core i3 2100 | 3,1 GHz | 2/4 | 3 MByte |
| Core i3 2120 | 3,3 GHz | 2/4 | 3 MByte |
| Core i5 2400 | 3,1 GHz | 4/4 | 6 MByte |
| Core i5 2500 | 3,3 GHz | 4/4 | 6 MByte |
| Core i7 2600 | 3,4 GHz | 4/8 | 8 MByte |
| Quelle: xfastest.com | |||
(as)