Phasenwechselantrieb: Softroboter läuft mit Wasserdampf-Aktuatoren

Roboter mit "Dampfantrieb"? Hört sich zwar veraltet an, bietet in moderner Form aber auch Vorteile.

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Vierbeiniger Roboter krabbelt einen Ast entlang.

Ein vierbeiniger Roboter wird von Phasenwechsel-Aktuatoren angetrieben.

(Bild: Diogo Fonseca)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Ein Forschungsteam der University of Coimbra hat einen weichen Phasenwechsel-Aktuator für Roboter entwickelt, der den Übergang von Wasser von flüssig zu gasförmig dazu nutzt, um eine mechanische Bewegung zu erzeugen. Der Aktuator entwickelt dabei eine hohe Kraft und Präzision.

Elektrische Aktuatoren benötigen aufwendige Getriebe und damit viele anfällige Bauteile, um die Kraft eines Elektromotors so zu erhöhen, dass er zum Antrieb eines Roboters genutzt werden kann. Pneumatische Systeme, die alternativ verwendet werden können, sind laut und schmutzig. Die Wissenschaftler der University of Coimbra verfolgen deshalb einen anderen Ansatz, der leise und präzise arbeitet und dabei eine hohe Kraft entwickelt: den Phasenwechselantrieb.

Der Aktuator nutzt eine kleine Heizung in Form einer Spule, um Wasser in Dampf umzuwandeln. Dadurch wird ein Innendruck erzeugt, der weiche, flexible Strukturen in Bewegung versetzt und dadurch einen Roboter antreiben kann. Der Aktuator arbeitet mit einer Spannung von lediglich 24 V. Dabei erzeugt er eine Kraft von ĂĽber 50 N bei Druckraten von bis zu 100 kPa/s, wie die Forscher in der Studie "Electrically-driven phase transition actuators to power soft robot designs" schreiben, die in Nature Communications erschienen ist.

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Die Wissenschaftler hatten bei der Entwicklung des Phasenwechsel-Aktuators mit einigen Problemen zu kämpfen. So waren die Dehnungsraten zunächst sehr langsam, die Leistung war nicht hoch genug und das Design zu komplex. Deshalb konzentrierten sich die Forscher auf die technischen Grundvoraussetzungen: die Flüssigkeitsauswahl, eine optimale Wärmeübertragung und eine einfache Ansteuerung.

Bei der Flüssigkeit kamen die Forscher schnell auf Wasser, da es die beste thermodynamische Effizienz bietet, sicher zu handhaben und einfach verfügbar ist. Allerdings hat die Verwendung von Wasser auch einen Nachteil, denn die Verdampfungsenthalpie, die Energie, die benötigt wird, um das Wasser von einem flüssigen in einen gasförmigen Zustand zu überführen, ist relativ hoch. Die Forscher schreiben, dass es zwar enthalpisch bessere Flüssigkeiten gäbe, allerdings die Verwendung von Wasser sicherer sei.

Die von den Wissenschaftlern erstellten Aktuatoren bestehen aus einem Silikonelastomer. Damit konnten Dehnungsraten von 16,6 Prozent pro Sekunde erzielt werden. Auch nach mehr als 1000 Betätigungszyklen blieb die Leistung konstant.

Die Wissenschaftler entwickelten verschiedene Aktuatoren mit linearem und gebogenem Antriebselement sowie eine Kombination aus beidem. Das ist möglich, weil das Heizelement, die Flüssigkeitskammer und die weiche Antriebsstruktur getrennt voneinander sind. Dadurch lässt sich das Design des Aktuators einfach anpassen und durch 3D-Druck und Gießen schnell herstellen.

Den Wissenschaftlern gelang es außerdem, mechanische Schwingungen zu reduzieren, die von subcooled boiling verursacht werden. Diese Instabilitäten, die durch thermodynamische Ungleichgewichte im Inneren des Aktuators ausgelöst werden, konnten die Forscher mittels nichtlinearen Regelungsalgorithmen abmildern und so einen stabilen Siedezustand erzeugen.

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Die Wissenschaftler bauten um die Phasenwechsel-Aktuatoren verschiedene Roboter auf. Darunter etwa einen Greifer und eine Art Laufroboter mit vier Greiferbeinen, mit denen er sich vorwärts ziehen kann. Schnell arbeiten die Aktuatoren allerdings aufgrund der langsamen Abkühlung und damit des langsamen Druckabbaus nicht. Die Wissenschaftler erzielten im optimalen Fall stabile Bewegungszyklen von 25 Sekunden.

Die Wissenschaftler arbeiten nun daran, die Phasenwechsel-Aktuatoren weiter zu verkleinern, um die Wärmeableitung zu verbessern. Zudem wollen sie den Betriebsdruck erhöhen.

(olb)