EU-Berichterstatterin gegen EU-weite Websperren [Update]

Der Entwurf für einen Bericht des Kulturausschusses des EU-Parlament plädiert für das Prinzip "Löschen statt sperren". Die Bundesjustizministerin hinterfragt derweil die jüngsten BKA-Zahlen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 68 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Der Kulturausschuss des EU-Parlaments spricht sich in einem Berichtsentwurf (PDF-Datei) zum Vorstoß der EU-Kommission zur Blockade von Abbildungen sexuellen Missbrauchs für das Prinzip "Löschen statt Sperren" aus. Der Entwurf, der durch den Kulturausschuss noch abgeändert werden kann, plädiert für die Streichung des Artikels zu Netzsperren. "Wir wissen aus langwierigen Debatten in Deutschland, dass Websperren und Filter-Software gegen die Darstellung von Kindesmissbrauch im Internet nichts nutzen", erläutert die SPD-Abgeordnete Petra Kammerevert als zuständige Berichterstatterin.

Blockademaßnahmen seien unverhältnismäßig, heißt es zur Begründung in dem Papier. Zudem müssten dafür schwarze Listen erstellt werden, die in falsche Hände gelangen und als "Verkaufskataloge" missbraucht werden könnten. Weiter setzt sich das Papier etwa dafür ein, die Begriffe "Kind" und "Kinderpornographie" in der Richtlinie nicht näher zu definieren. [Update: Petra Kammerevert legte gegenüber heise online aber Wert auf die Feststellung, dass "Dokumentation sexueller Handlungen an Personen unter 18 Jahren soll EU-weit verboten und bestraft werden" soll. "Da nach den unterbreiteten Änderungsvorschlägen auch weiterhin jegliche Darstellung sexueller Handlungen an Personen unter 18
Jahren strafbewährt bleibt, ist die Jugendpornografie vollständig hiervon mit erfasst."] Zugleich sieht der Entwurf Vorschläge zur besseren Kooperation von Ermittlungsbehörden vor.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat unterdessen ihre Kritik an der "Studie" des Bundeskriminalamts (BKA) zur Effektivität bisheriger Bemühungen zum Löschen von Kinderpornographie auf ausländischen Servern verschärft und der Wiesbadener Polizeibehörde indirekt mangelnden Eifer vorgeworfen. "Es ist verwunderlich, dass eine intensivierte Zusammenarbeit mit den USA als Hauptstandort der einschlägigen Server erst im Mai 2010 begonnen hat", sagte die FDP-Politikerin heise online.

Eine engere Kooperation des BKA mit dem Meldestellenverbund INHOPE sei sogar erst im Juni angelaufen, weshalb gerade bei im Ausland gehosteten Seiten künftig mit schnelleren Löscherfolgen gerechnet werden dürfe. Die kurze Laufzeit des neuen BKA-Arbeitsschwerpunktes "Löschen statt Sperren" lasse so aber sicher noch "keine Rückschlüsse hinsichtlich der Effektivität zu", meinte die Ministerin.

Die in einem Medienbericht zitierte Übersicht liegt inzwischen auch heise online vor. Es handelt sich dabei um eine vom BKA geführte, nicht-repräsentative Statistik über Verfügbarkeiten einschlägiger Server nach einer Woche sowie Löschbestätigungen und Host-Länder für die Monate Januar bis Mai. Die spätere Verfügbarkeit "belastbarer Zahlen" hängt laut der Justizministerin "sicher auch von den künftigen personellen Ressourcen ab". (vbr)