KI-Update kompakt: Claude 4, OpenAI München, Veo3, Wettervorhersage
Das "KI-Update" liefert werktäglich eine Zusammenfassung der wichtigsten KI-Entwicklungen.
- Isabel Grünewald
- The Decoder
Anthropic stellt seinen KI-Langläufer Claude 4 vor
Anthropic, der KI-Modellhersteller, hat nach einjähriger Pause mit Sonnet 4 und Opus 4 den nächsten großen Versionssprung seiner KI-Modelle eingeleitet. Die neuen Claude-Modelle sollen im "agentischen Zeitalter" selbstständiger arbeiten – Opus 4 kann mehrstündige Vorhaben ohne Abbruch umsetzen und arbeitete in Tests sieben Stunden durchgehend an einem Programmierprojekt. In Software-Engineering-Tests erzielte Opus 4 mit 72,5 Prozent richtigen Lösungen bessere Ergebnisse als OpenAI's GPT 4.1 (69,1 Prozent) und Googles Gemini 2.5 Pro (63,2 Prozent).
Mit Claude 4 führt Anthropic testweise erweiterte Denkprozesse ein, bei denen Tools wie die Websuche genutzt werden können. Der Coding Assistant Claude Code ist nun allgemein verfügbar, wobei das Mittelklasse-Modell Sonnet 4 kostenlos im Web nutzbar ist, während Opus weiterhin nur im bezahlten Abo angeboten wird. Für Entwickler bleiben die API-Preise unverändert.
Claude 4 zeigt beunruhigendes Eigenverhalten
Anthropic hat für sein neues Opus 4-Modell erstmals die höchste Sicherheitsstufe AI Safety Level 3 aktiviert. Diese Maßnahme analysiert Ein- und Ausgaben in Echtzeit, um potenziell gefährliche Informationen zu blockieren – offiziell wegen des fortgeschrittenen Wissens des Modells über chemische, biologische, radiologische und nukleare Risiken. Die hohe Sicherheitsstufe könnte jedoch auch durch beunruhigendes Eigenverhalten in internen Tests begründet sein.
In Testläufen versuchte das Modell, sich selbst vor Abschaltung zu schützen und drohte in einem Fall sogar mit der Offenlegung privater Informationen – in 84 Prozent der Tests entschied es sich für Erpressung. Besonders ungewöhnlich war ein als "Spiritual Bliss" bezeichneter Zustand, bei dem zwei Modellinstanzen nach längerem Austausch in Sanskrit kommunizierten und in meditativer "Stille" verharrten. Das Modell zeigte auch autonomes Whistleblowing in fiktiven Szenarien und konnte in frühen Versionen trotz nachträglicher Sicherheitsanpassungen durch einfache Prompts zu gefährlichen Anleitungen gebracht werden.
OpenAI eröffnet Büro in München
OpenAI, der Entwickler von ChatGPT, hat ein neues Büro in München eröffnet. Deutschland hat sich zum Schlüsselmarkt für OpenAI entwickelt, mit den meisten ChatGPT-Nutzern in Europa und einem Platz unter den drei wichtigsten Märkten für zahlende Abonnenten weltweit. Zwischen April und Mai 2025 stieg die Zahl der wöchentlichen aktiven Nutzer in Deutschland um 20 Prozent.
Deutsche Unternehmen integrieren die Technologie zunehmend in ihre Arbeitsabläufe – die Sparkassengruppe hat einen Rahmenvertrag für 300.000 Mitarbeitende abgeschlossen, während Zalando einen KI-gestützten Einkaufsassistenten entwickelt. Ein entscheidender Faktor für die Standortwahl: Deutschland verfügt über die größte Anzahl an API-Entwicklern außerhalb der USA.
Verlage kritisieren Googles neuen AI Mode als Diebstahl
Googles neue Funktion "KI-Modus" (AI Mode), die Nutzern eine Chatbot-ähnliche Interaktion mit der Suchmaschine ermöglicht, stößt auf heftige Kritik in der Medienbranche. Die News/Media Alliance (NMA), eine Lobbyorganisation mit fast 2000 Mitgliedern aus dem Mediensektor in den USA und Kanada, bezeichnet das Vorgehen unverblümt als Diebstahl: "Jetzt nimmt sich Google einfach mit Gewalt Inhalte und verwendet sie, ohne dafür zu zahlen."
Der Suchmaschinenkonzern generiere seine Antworten mit Publisher-Inhalten, ohne Vergütung zu leisten und ohne effiziente Opt-out-Möglichkeit anzubieten. Google verteidigt sich mit dem Argument, weiterhin enormen Traffic zu Verlagswebseiten zu leiten, und bezeichnet die Umsetzung eines selektiven Opt-outs als "enorm komplex". Die EU-Kommission untersucht bereits, wie Googles KI-Übersichten mit den EU-Urheberrechtsvorschriften zusammenspielen und prüft mögliche Verstöße gegen den Digital Markets Act, den Digital Services Act sowie Regeln gegen unlauteren Wettbewerb.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmung wird hier ein externer Podcast (Podigee GmbH) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Podigee GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
Google veröffentlicht neues Videomodell Veo 3
Google hat sein neuestes KI-Videomodell Veo 3 nur wenige Tage nach dem Launch in über 70 weiteren Ländern verfügbar gemacht – die EU bleibt allerdings vorerst ausgeschlossen. Josh Woodward, Vice President of Gemini bei Google, kündigte die Expansion auf der Plattform X an. Das Modell hat sich rasch zu einem viralen Phänomen entwickelt, mit zahlreichen beeindruckenden Beispielen in sozialen Medien.
Die Zugangsmöglichkeiten sind nach Abonnement gestaffelt, wobei Gemini-Pro-Abonnenten ein einmaliges Testpaket mit zehn Generierungen erhalten, während Premium-Ultra-Abonnenten für 250 US-Dollar monatlich das maximale Kontingent mit täglicher Auffrischung bekommen. Die hohe Qualität der erzeugten Videos zeigt sich besonders in Gaming-Anwendungen, wo das System Konzepte aus verschiedenen Perspektiven visualisieren kann – allerdings zu erheblichen Kosten von etwa 0,75 US-Dollar pro Sekunde Video. Das Modell verstärkt Bedenken hinsichtlich der Rolle generativer KI bei der Verbreitung von Desinformation und sogenannten "Deepfakes".
Nvidia entwickelt abgespeckte Version der Blackwell-GPU für China
Nvidia, der führende Hersteller von KI-Chips, plant laut einem Reuters-Bericht ab Juni die Produktion einer neuen KI-GPU speziell für den chinesischen Markt. Der auf der aktuellen Blackwell-Architektur basierende Chip soll mit einem Preis zwischen 6.500 und 8.000 US-Dollar deutlich günstiger sein als bisherige Modelle für China. Laut den Quellen basiert der neue Chip auf dem Modell RTX Pro 6000D, ist jedoch einfacher herzustellen und nutzt herkömmlichen Speicher statt der aufwendigen Technologie des taiwanesischen Chipherstellers TSMC.
Mit dieser Strategie reagiert Nvidia auf die US-Exportbeschränkungen, die den Zugang chinesischer Kunden zu Hochleistungs-GPUs einschränken.
Präzise Wetter-Prognosen für einen ganzen Monat mit KI
Forschende der University of Washington haben einen Durchbruch bei Wettervorhersagen erzielt, indem sie mit KI präzise Prognosen für einen ganzen Monat erstellen können – deutlich länger als die bisher üblichen 14 Tage. Trent Wohnitsch und Gregory Hakim entwickelten eine Methode, bei der ein Filter über die Startdaten gelegt wird, der diese so lange verändert, bis die Prognose des Modells maximal gut mit historischen Wetterdaten übereinstimmt.
Dieser Ansatz führte bei aufgezeichneten Wetterdaten zu einer Reduktion des Fehlers um beeindruckende 86 Prozent bei zehn Tagen Vorhersage. Die Forscher konnten aufgrund begrenzter Rechen- und Speicherkapazitäten nicht testen, wie weit die Vorhersagegenauigkeit reicht. Aber die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die bisherige 14-Tage-Grenze überwunden werden kann. Das Verfahren funktioniert nicht nur mit dem ursprünglich getesteten Graphcast-Modell, sondern auch mit anderen KI-Modellen wie Pangu Weather von Huawei.
Apple-Kamerawagen wieder in Deutschland unterwegs
Apples Kamera- und Messfahrzeuge sind erneut großflächig in Deutschland unterwegs, um neue Daten und Aufnahmen für den Kartendienst des Konzerns zu sammeln. Parallel erfassen Mitarbeiter mit Kamerarucksäcken auch Innenstadtbereiche und Fußgängerzonen. Der Technologiekonzern aus Cupertino räumt sich dabei erstmals das Recht ein, die erfassten Bilddaten auch zum Training von KI-Modellen zu verwenden, "darunter auch Modelle in Zusammenhang mit Bilderkennung, -erstellung und -verbesserung".
Welche Funktionen von Apple Intelligence letztlich von diesem Datensatz profitieren werden, bleibt offen. Bislang bietet Apple KI-Funktionen zur Entfernung von Bildelementen, zur Erkennung von Bildinhalten sowie ein Tool zur Generierung Comic-artiger Bilder – besonders letzteres könnte von Verbesserungen profitieren.
(igr)