Sebastião Salgado: Fotografische Ikone im Alter von 81 Jahren verstorben
Vom Ökonom zum Bildpoeten: Sebastião Salgados beeindruckende Lebensreise endet.
Sebastião Salgado mit seinem Fotoband Genesis
(Bild: Taschen Verlag)
Der weltbekannte brasilianische Fotograf und engagierte Umweltaktivist Sebastião Salgado ist am 23. Mai 2025 im Alter von 81 Jahren in Paris verstorben. Mit ihm verliert die Fotografie eine ihrer prägendsten Persönlichkeiten des 20. und frühen 21. Jahrhunderts.
Vom Ökonomen zum Fotografen
Geboren am 8. Februar 1944 im brasilianischen Aimorés, führte Salgados Weg ihn zunächst in die Wirtschaftswissenschaften, in denen er in Paris promovierte. Nach seiner Emigration nach Frankreich im Jahr 1969 zusammen mit seiner Frau Lélia offenbarte eine Dienstreise nach Afrika seine wahre Berufung: die Fotografie. Diese neu entfachte Leidenschaft veranlasste ihn 1973, seine vielversprechende Karriere als Ökonom aufzugeben und sich fortan gänzlich der fotografischen Arbeit zu widmen.
Salgados unverwechselbare Schwarz-Weiß-Fotografien sind geprägt von einer tiefen Intensität und meisterhaften, oft dramatischen Bildkompositionen. In seinen monumentalen Langzeitprojekten widmete er sich zentralen humanitären und ökologischen Themen wie Arbeit, Migration und den verheerenden Folgen der Umweltzerstörung. Sein Opus "Workers" (Arbeiter, 1993) porträtierte eindrücklich Menschen bei ihrer schweren körperlichen Arbeit rund um den Globus. Bereits 1986 erlangte er mit seinen ikonischen Aufnahmen aus der Goldmine Serra Pelada in Brasilien weltweite Bekanntheit.
In den 1990er-Jahren folgte das Projekt "Migrations" (Exodus, 2000), für das Salgado das Schicksal von Flüchtlingen und Vertriebenen in über 40 Ländern dokumentierte. Eine tiefgreifende persönliche Erfahrung, geprägt von den Schrecken, die er bezeugt hatte, führte zu einer Neuorientierung: Salgado wandte sich der unberührten Natur zu. Das Ergebnis war das monumentale Projekt "Genesis" (2004–2013), eine fotografische Hommage an die letzten paradiesischen Winkel der Erde, ihre Tierwelt und indigene Völker, die noch im Einklang mit der Natur leben.
Umweltengagement
Neben seiner fotografischen Arbeit war Salgados Engagement für den Umweltschutz von ebenso großer Bedeutung. Gemeinsam mit seiner Frau Lélia gründete er 1998 das Instituto Terra. Mit unermüdlichem Einsatz gelang es ihnen, das einst durch Abholzung verwüstete Landgut seiner Familie im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais durch die Anpflanzung von über drei Millionen Bäumen wiederaufzuforsten und in ein blühendes Ökosystem zu verwandeln. Dieses Areal wurde später als Nationalpark unter staatlichen Schutz gestellt. Überdies setzte sich Salgado vehement für den Schutz indigener Völker ein, beispielsweise durch die Unterstützung einer Kampagne für die Awá in Brasilien.
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Auszeichnungen und Kritik
Für sein herausragendes Werk und sein humanitäres Engagement wurde Sebastião Salgado mit zahlreichen internationalen Preisen geehrt, darunter 2019 als erster Fotograf mit dem renommierten Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Trotz der breiten Anerkennung sah er sich auch Kritik ausgesetzt; ihm wurde bisweilen eine "Ästhetisierung des Elends" vorgeworfen. Salgado verteidigte seine Arbeit stets und betonte, dass seine Fotografien die Realität des Leidens oft nur andeuten könnten und hinter der tatsächlichen Härte der Wirklichkeit zurückblieben.
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Salgado pflegte eine tiefe Verbindung zu seiner Familie. Insbesondere seine Frau Lélia Wanick Salgado war ihm nicht nur Lebensgefährtin, sondern auch eine kongeniale Partnerin in seiner künstlerischen Arbeit und seinem umweltpolitischen Aktivismus. Im Jahr 2010 erkrankte Salgado an einer schweren Form von Malaria. Später wurde bei ihm Leukämie diagnostiziert, der er nun erlag.
Vermächtnis
Sebastião Salgados fotografisches Werk bleibt ein eindringlicher visueller Appell, die Welt – ihre Schönheit wie ihre Wunden – mit offenen Augen wahrzunehmen und Verantwortung zu übernehmen. Sein Leben und Schaffen wurden 2014 von Regisseur Wim Wenders und Juliano Ribeiro Salgado, dem Sohn des Fotografen, in dem preisgekrönten Dokumentarfilm "Das Salz der Erde" eindrucksvoll gewürdigt. Sein Vermächtnis wird Generationen von Fotografen und Betrachtern inspirieren.
(tho)